Geburtshilfe

In Memmingen und dem Unterallgäu: Damit im Kreißsaal alles gut geht

Anna Brodersen ist im Raum Memmingen freiberufliche Hebamme – und zwar eine der ersten studierten aus dem Allgäu. Im Beruf setzt sie auf interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Anna Brodersen ist im Raum Memmingen freiberufliche Hebamme – und zwar eine der ersten studierten aus dem Allgäu. Im Beruf setzt sie auf interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Bild: Maike Scholz

Anna Brodersen ist im Raum Memmingen freiberufliche Hebamme – und zwar eine der ersten studierten aus dem Allgäu. Im Beruf setzt sie auf interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Bild: Maike Scholz

Anna Brodersen aus Memmingen ist eine der ersten studierten Hebammen aus der Region. Sie erzählt, wie sich der Beruf verändert hat.
26.12.2022 | Stand: 05:45 Uhr

Ab einem positiven Schwangerschaftstest kommt sie ins Spiel: Anna Brodersen. Die 36-Jährige ist Hebamme – und zwar eine der ersten studierten aus dem Allgäu. Wie sich der Beruf gewandelt hat, warum das und eine interdisziplinäre Arbeit so wichtig sind, erzählt Brodersen im Gespräch mit unserer Redaktion.

Theorie und Praxis im Studium

Anna Brodersen wurde in München geboren, wuchs wiederum in Neuburg an der Donau auf. Die verheiratete Mutter zweier Kinder zog im Jahr 2018 mit ihrem Mann nach Memmingen. Vor einem Jahr hat sie eine Praxis „In der neuen Welt“ in Memmingen eröffnet. Den Beruf der Hebamme hatte sie schon immer im Hinterkopf. 2007 absolvierte sie ihr Abitur, ging als Au-Pair für ein Jahr nach Paris. Darauf begann sie, Theologie zu studieren. „Auch dort habe ich mich mit dem Bereich der Hebamme auseinandergesetzt, nämlich mit der seelsorgerischen Komponente“, erzählt sie. Auf gut Glück habe sie eine Bewerbung geschrieben, um Hebamme zu werden. Sie wurde zum Studiengang in Fulda (Hessen) angenommen. 2010 wurde der erste Studiengang in Bochum eröffnet; zwei Jahre später dann in Fulda. Dort im „Pioniergeschehen“ war Anna Brodersen dabei.

Sie erzählt von Professoren, die diesen Beruf selbst auf ein anderes Level heben. „Leider ist immer noch die Angst vorherrschend, dass man keine Praxis beim Studium hat. Aber das ist nicht so. Es findet Lehre statt“, merkt die 36-Jährige an. Natürlich gebe es die klassische Theorie, dann liege aber auch ein Schwerpunkt auf der Forschung, um beispielsweise Studien bewerten zu können. Es gibt fachpraktischen Unterricht sowie den Einsatz in allen relevanten Bereichen mit insgesamt 3000 Ausbildungsstunden, so Brodersen. Wer jetzt Hebamme werden möchte, kann nur noch den Weg des Studiums einschlagen. Eine Ausbildung könne in dem Bereich nicht mehr begonnen werden. „Viele der Hebammenschulen haben auch erst Bewerber mit einem Abitur genommen“, sagt sie. Es brauche komplexes Fachwissen. Brodersen ist der Meinung: „Das Studium ist ein totaler Schatz und sehr wertvoll.“

"Beruf der Hebamme ist vielfältig"

Der Beruf der Hebamme ist vielfältig, schwärmt Anna Brodersen und in ihrem Gesicht machen sich Freude und Leidenschaft breit. Frauen melden sich ab einem positiven Schwangerschaftstest. Brodersen bietet dann auch die frauenärztliche Vorsorge an. Ausgenommen ist die Feindiagnostik, doch dahingehend arbeite sie mit Gynäkologen in einem guten Miteinander. Kurse für Paare zur Geburtsvorbereitung, dann die Geburtshilfe, die die 36-Jährige an verschiedenen Kliniken leistet, sowie das Wochenbett mit Hausbesuchen und die Stillberatung: Wichtig sei nicht nur das vertrauensvolle Miteinander mit den werdenden Eltern, sondern auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Im Kreißsaal gehe es nämlich auch um die richtige Kommunikation und Umgang. Häufig beäuge man sich gegenseitig kritisch, weil man nicht wisse, was der andere eigentlich könne.

Vorbereitungskurs für mehr Zusammenarbeit

Um diese Situation zu verändern, hat Anna Brodersen jüngst einen Vorbereitungskurs für Studenten an der Medizinuniversität Hamburg gegeben. „Vielleicht hilft es, wenn Studenten sehen, was man als Hebamme macht“, sagt sie. Wie verhalte ich mich als Ärztin oder Arzt im Kreißsaal? Wo kann ich mich wie richtig einbringen? Was passiert eigentlich bei der Geburt und wo können Reaktionen der werdenden Eltern greifen? Wo sind Kompetenzen von Hebammen und wo ranken sich Mythen um die Geburt? Der Austausch, so Anna Brodersen, sei sehr wertvoll gewesen. Sie könnte sich vorstellen, solche Einblicke künftig anzubieten. „Kurz, knapp, einen niederschwelligen Anknüpfungspunkt schaffen, um ein gutes Miteinander zu haben. Davon profitieren dann ja auch die Frauen und Kinder.“

Die Geburt eines Kindes als besonderes Erlebnis

Die Geburt eines Kindes sei ein besonderes Erlebnis. Nach dem Examen hat Anna Brodersen bereits 376 Geburten begleitet. „Geburtshilfe ist intensiv, da vergisst man wenig“, sagt sie. So erinnere sie sich zum Beispiel an eine Geburt, bei der ein Junge erst für ein Mädchen gehalten wurde. Der Name war schon notiert, wurde dann korrigiert. Solch ein Erlebnis gehöre dann doch eher zur „lustig, netten“ Sorte. Natürlich gebe es aber auch Fälle, die negativ in Erinnerung bleiben. „Manchmal führen auch strukturelle Bedingungen in Kliniken zu einer schlechten Geburtshilfe. Und es gibt auch Frauen, die mit der Geburt nicht glücklich sind, ein traumatisches Erlebnis haben“, zeigt Anna Brodersen auf. Da seien Gefühle und Grenzen ganz unterschiedlich. Eines sei aber immer gleich: Ein neues Leben entsteht.

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