Schon zum Dienstantritt in der Ottobeurer Basilika vor 40 Jahren hat sich Dekanatsmusiker Josef Miltschitzky eine eigene Orgel für das heimische Wohnzimmer gegönnt.
Schon zum Dienstantritt in der Ottobeurer Basilika vor 40 Jahren hat sich Dekanatsmusiker Josef Miltschitzky eine eigene Orgel für das heimische Wohnzimmer gegönnt.
Nun sind die 40 Jahre doch noch ganz voll geworden: Nachdem Dr. Josef Miltschitzky seine Anstellung als Dekanats- und Kirchenmusiker an der Basilika Ottobeuren unvorhergesehenerweise um drei Monate verlängern musste, endet sein Dienst, den er im April 1984 antrat, nun fast genau vier Jahrzehnte nach seiner Anstellung. Dabei hatte er sein Abschiedskonzert bereits im Januar gegeben.
Grund für diese Nachspielzeit war eine schwere Erkrankung seines Nachfolgers Peter Rudolf, der am vergangenen Sonntag offiziell ins Amt eingeführt wurde. Und Miltschitzky wird ihn sogar noch bis zum Sommer im Hintergrund unterstützen – ehe er seine Ruhestandspläne dann voll und ganz verwirklichen kann.
Die haben natürlich in erster Linie mit der Königin der Instrumente zu tun. Denn eigentlich war Josef Miltschitzkys Traumberuf Konzertorganist, ehe er Kirchenmusiker wurde. Warum er gerade diese Richtung eingeschlagen hat? „Zahnarzt konnte ich mir nicht vorstellen“, scherzt er und ergänzt ganz ernsthaft: „Man spielt auf dem schönsten und vielseitigsten Instrument und die Qualität von Orgelmusik hat mich begeistert.“ In diese Spur gebracht hat ihn Josef Fleschhut, damals Organist in St. Josef in Memmingen. „Du musst unbedingt Kirchenmusiker werden“, riet er dem Abiturienten des Strigel-Gymnasiums, der in der Waldmühle Böhen aufgewachsen ist und Klavier gelernt hatte.
Daheim stand ein Pedalharmonium, auf dem er regelmäßig gespielt hat – oft auch in Schulgottesdiensten. Jedenfalls bereitete Fleschhut den jungen Musiker auf die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule München vor. Der studierte zunächst das Konzertfach Orgel, später auch katholische Kirchenmusik und im Zweitstudium Musikwissenschaften, Kunstgeschichte und Germanistik.
Dass er nach dem Studium direkt in Ottobeuren gelandet ist, „hat sich so ergeben“, sagt Miltschitzky. Der Pfarrer sei auf seinen Vater zugekommen, weil die Organistenstelle in der Basilika gerade frei war. Kaum hatte Miltschitzky die Zusage – und noch nicht einmal den Vertrag in der Tasche – wagte der Fast-noch-Student eine Anschaffung, die er nie bereut hat: Er bestellte sich eine Orgel fürs heimische Wohnzimmer, damit er unabhängig von der oft eiskalten und viel belegten Basilika üben konnte. 96.000 DM kostete die mechanische Orgel mit drei Manualen von Rieger und Friedrich damals, die ganz auf die Bedürfnisse kleiner Räume ausgelegt war. Eine große Investition, die Miltschitzky langsam abstottern musste.
Üben wird er darauf künftig nicht weniger, schließlich startet er jetzt doch noch als Konzertorganist durch. Für 2024 hat er bereits 28 Auftritte fest ausgemacht, jeweils drei in Frankreich, Polen und Rumänien, einen in Luxemburg und die anderen verteilt in ganz Deutschland. Die Organisation koste enorm viel Zeit, sagt Miltschitzky, deshalb falle er jetzt bestimmt in kein Loch.
Gefordert ist er außerdem weiterhin als Vorsitzender des Vereins Pro Arte, der regelmäßig Orgelkonzerte in der Ottobeurer Erlöserkirche organisiert und als Leiter der Ottobeurer Musikschule. Als Dekanatsmusiker geht der 1958 Geborene vorzeitig in Ruhestand, die Fünf-Stunden-Stelle in der von ihm gegründeten Musikschule, die als Verein organisiert ist, will er noch „bis zum Schluss“ behalten.
Aus der Hand geben wird er aber den Taktstock bei seinen Chören, von den Basilikaspatzen und Minnies über den Kirchenchor bis zu VivaVox sowie beim Basilika-Orchester, die alle an den Dienst in der Kirche gebunden sind. Die Ausflüge mit Chor und Orchester zählt er – neben seinen Orgelkonzerten und den vielen fruchtbaren Begegnungen mit Gastorganisten, die er oft bei sich zu Hause beherbergt hat – zu den vielen Höhepunkten seines Berufslebens.
Jedes Jahr gab es eine größere Fahrt mit Auftritten etwa im Salzburger Dom, dem Prager Veitsdom, in Rom, Florenz oder Barcelona. „Das hat die Gemeinschaft gestärkt und man kam sich näher“, sagt Miltschitzky.
Doch er erinnert sich auch an einen schmerzhaften Tiefpunkt: Vor ein paar Jahren gab es einen heftigen Streit mit Abt Johannes Schaber, nach dem der Basilika-Organist die Barock-Orgeln nur noch mit dessen Erlaubnis spielen und keine Konzerte mehr darauf organisieren durfte. „Da war ich kurz vor der Kündigung“, sagt er.
Nun hat er ganz regulär aufgehört. Und endlich Zeit, noch mehr Sprachen zu lernen, „damit der Geist gefordert bleibt“ – Thailändisch, Rumänisch und Polnisch etwa. Auch die körperliche Fitness soll nicht zu kurz kommen. Und Miltschitzky will künftig mitsingen bei VivaVox und im Kirchenchor. Geht das so einfach als langjähriger Leiter? „Da muss ich mich halt beherrschen lernen“, sagt er.