Heimat, Brauchtum, Religion

Museumsjahr endet mit zwei Abschieden

Ausstellung

Künstlerin Alexandra Vogt lebt und arbeitet mit Pferden. Sie sind Teil ihrer Kunst, sie kommuniziert mit ihren Pferden und über sie. Das Stadtmuseum zeigt jetzt einige ihrer Pferdefotografien.

Bild: Brigitte Hefele-Beitlich

Künstlerin Alexandra Vogt lebt und arbeitet mit Pferden. Sie sind Teil ihrer Kunst, sie kommuniziert mit ihren Pferden und über sie. Das Stadtmuseum zeigt jetzt einige ihrer Pferdefotografien.

Bild: Brigitte Hefele-Beitlich

Eine neue Ausstellung im Stadtmuseum Memmingen zeigt Kunst von Alexandra Vogt, die das Allgäu verlässt. Zugleich verabschiedet sich Museumsleiterin Ute Perlitz.
19.11.2023 | Stand: 05:30 Uhr

Ein doppelter Abschied – und der Mut, neue Wege zu gehen – stecken in der aktuellen Sonderausstellung „Time to say Goodbye“ im Stadtmuseum Memmingen: Auf Wiedersehen sagen in der sehenswerten Schau die Unterallgäuer Künstlerin von internationalem Ruf Alexandra Vogt, die ihren Lebensmittelpunkt nach Portugal verlegt, und Museumsleiterin Ute Perlitz, sie geht im Dezember in den Ruhestand. Passend zur Jahreszeit, aber auch, weil Ute Perlitz ihr 25-jähriges Wirken im Hermansbau mit einer Weihnachtsausstellung ausklingen lassen wollte, dreht sich „Time to say goodbye“ um Winterabschiedsbräuche, Klausentreiben, Fasching und Volksfrömmigkeit. Mit Weihnachten als verbindendem Fest.

Alexandra Vogt ist Fotografin, Malerin und Videokünstlerin

Bleiben wir zunächst bei der Gastkünstlerin, ehe die Hausherrin zu Wort kommt. Die Fotografin, Malerin und Videokünstlerin Alexandra Vogt wurde 1970 in Mussenhausen geboren, ist in Apfeltrach aufgewachsen und hat Kunst in München, Glasgow und Stockholm studiert. Ab 2002 lebte sie im stillgelegten Milchwerk in Kammlach, zugleich Atelier, Wohnraum und Stall für ihre Pferde, die auch Gegenstand ihrer künstlerischen Arbeit sind. Einige ihrer großformatigen, suggestiven Pferdefotografien, mit denen sie bekannt geworden ist, hängen jetzt im Stadtmuseum. Wie menschliche Gefährten werden die Vollblutaraber in rätselhaften Arrangements zur Projektionsfläche diffuser Gefühle. Auf manchen Fotos ist die Künstlerin selbst zu sehen.

Ausstellung
Ausstellung "Time to say goodbye" im Stadtmuseum Memmingen, hier Fotografien in alten Bauernschränken von Alexandra Vogt.
Bild: Brigitte Hefele-Beitlich

Projekt mit Pferden und Kindern

Mit ihren Pferden hatte Alexandra Vogt auch ein Projekt gestartet, in dem Kinder im Beisein der Tiere ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnten („AV RIDE AID PROJEKT“). Nun hängt eine ganze Galerie von dabei entstandenen Bildern im Westflügel des Stadtmuseums. Vogt hat den Malgrund oft selbst gestaltet oder ein paar Linien vorgegeben und die fertigen Werke schließlich gerahmt – was ihnen einen erstaunliche Kraft und Wertigkeit verleiht. Auch von Vogt hängt Malerei in der Ausstellung, mit für sie typischen neueren Übermalungen.

Ausstellung
Ausstellung "Time to say goodbye" im Stadtmuseum Memmingen, hier Kinderbilder aus einem Projekt von Alexandra Vogt.
Bild: Brigitte Hefele-Beitlich

Arbeiten über Marienkinder und den Eremiten vom Mariental

Zu sehen sind neben ihren vielschichtigen Collagen auch ihre Leuchtkästen: alte Bauernschränke aus Unterallgäuer Höfen, deren ursprünglichen Zweck sie mit türfüllenden Fotografien bricht. Alexandra Vogt versteht sich als Heimatpflegerin mit der Kamera und erkundet damit auch die surrealen Momente von Brauchtum oder Volksfrömmigkeit. So hat sie sich fotografisch mit dem Nachlass der Marienkinder von Mindelheim beschäftigt und jahrelang den Eremiten im Mariental bei Maria Baumgärtle begleitet, wie in der Ausstellung zu sehen ist. Ihre Bilder vom wüsten, mystischen Klausentreiben im Oberallgäu oder dem Fasching im winterkalten Unterallgäu zeigen das Einsame, Verlorene oder auch Absurde in solch närrischen Zeiten. Dabei bleibt ihr Blick auf die Heimat immer einfühlsam, spiegelt auch die Magie und Schönheit der kalten Jahreszeit oder bricht vorgefundene Welten ironisch.

Ausstellung
Ausstellung "Time to say goodbye" im Stadtmuseum Memmingen mit Arbeiten der Unterallgäuer Künstlerin Alexandra Vogt, die künftig in Portugal lebt und arbeitet
Bild: Brigitte Hefele-Beitlich

Alexandra Vogt lebt und arbeitet künftig in Portugal

Wer diese Retrospektive auf das Schaffen von Alexandra Vogt durchwandert, nimmt Abschied von einer außergewöhnlichen Künstlerin aus der Region, die mit ihren Pferden nun auf einem abgelegenen Areal im portugiesischen Monsanto neue künstlerische Wege geht. „Wonderriding“ ist einer davon.

Museumsleiterin geht in den Ruhestand

Auf eine digitale Route durch das Stadtmuseum nimmt Leiterin Ute Perlitz die Besucher und Besucherinnen in der letzten von ihr mitverantworteten Ausstellung mit: Per QR-Code sind kurze Videoclips abrufbar, in denen sie die Spuren ihres langjährigen Wirkens in dem altehrwürdigen Bau nachzeichnet. Dazu gehören auch die jährlichen Weihnachtsausstellungen, die Ute Perlitz besonders am Herzen lagen. Und so gibt es auch diesmal ein Weihnachtszimmer für die ganze Familie, mit einem Christbaum, den Perlitz wie immer eigenhändig und mit teils selbst angefertigten Strohelementen geschmückt hat, mit der bespielbaren Puppenstube und der umbaubaren Holzeisenbahn. Schon im Eingangsbereich steht die handgeschnitzte Madlener-Krippe aus dem Fundus des Stadtmuseums.

MM Stadtmuseum
Ausstellung
In der Ausstellung "Time to say goodbye" im Stadtmuseum Memmingen zeigt Leiterin Ute Perlitz in kurzen Videoclips Stationen ihres langjährigen Wirkens.
Bild: Brigitte Hefele-Beitlich (Videostill)

Kunstvolle Uhren zeigen 5 vor 12

Ebenfalls aus dem unerschöpflichen Fundus des Hauses kommen die über alle Räume verteilten, kunstvollen Standuhren, die ausnahmslos ein symbolisches "5 vor 12" anzeigen.

So hat das Stadtmuseum Memmingen geöffnet

Geöffnet ist die Ausstellung „Time to say goodbye im Stadtmuseum Memmingen bis zum 21. Januar jeweils Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 17 Uhr, mittwochs von 11 bis 20 Uhr. Geschlossen bleibt sie vom 23. bis 26. Dezember sowie 30. Dezember bis 1. Januar. Eintritt ist frei.