Der obere Entwurf zeigt, wie das Büro SoHo Architektur die Häuser an der Bergermühlstraße bauen würde – mit zurückversetzten Verbindungsgängen zwischen den Häusern. Darunter der Entwurf von phase H Architekten: Die Holzfassaden sind in verschiedenen Rot-Tönen gehalten. Beide Entwürfe zeigen die Häuser von der Bergermühlstraße aus.
Bild: SoHo Architektur/phase H Architekten
Der obere Entwurf zeigt, wie das Büro SoHo Architektur die Häuser an der Bergermühlstraße bauen würde – mit zurückversetzten Verbindungsgängen zwischen den Häusern. Darunter der Entwurf von phase H Architekten: Die Holzfassaden sind in verschiedenen Rot-Tönen gehalten. Beide Entwürfe zeigen die Häuser von der Bergermühlstraße aus.
Bild: SoHo Architektur/phase H Architekten
Es ist das bisher größte Projekt der Siebendächer Baugenossenschaft in Memmingen – und es könnte dieses Jahr losgehen: Die maroden Reihenhäuser an der Leonhard- und der Bergermühlstraße im Memminger Osten sollen abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden (wir berichteten). Gestartet werden könnte in Kürze mit dem Gebäude an der Leonhardstraße. Denn die 21 Wohnungen dort stehen bereits leer. Alle Mieter sind in anderen Wohnungen der Siebendächer untergekommen, 70 Prozent in den neuen Gebäuden der Baugenossenschaft an der Augsburger Straße. Das neue Projekt werde den Memminger Osten aufwerten. „Wir sind davon überzeugt, dass dies ein richtungsweisender Meilenstein für die Zukunft des Memminger Ostens ist“, sagt Siebendächer-Vorstand Markus Sonntag.
Warum sollen die Gebäude abgerissen werden?
Die Reihenhäuser stammen aus den 1950ern und sind teils nicht mehr sanierungsfähig. Das Innere entspricht nicht mehr dem Standard, dazu gehören auch die Heizungsanlagen. Einige Wohnungen haben nicht mal eigene Sanitäranlagen.
Wie sollen die neuen Gebäude aussehen?
Die Baugenossenschaft hatte mit der Stadt einen Architektenwettbewerb gestartet. Von sechs Büros haben zwei aus Memmingen den ersten Preis bekommen: SoHo Architektur von Alexander Nägele und phase H Architekten von Maria und Tom Horejschi – beide Büros mit Kooperationspartnern. Deren Arbeiten wurden jetzt im Kreuzherrnsaal vorgestellt. Beide Büros sollen ihre Pläne in einigen Punkten überarbeiten. Welche das sind, wollte Sonntag nicht verraten. Danach werde entschieden, „mit welchem Büro der Auslober, die Siebendächer, die Realisierung angehen wird“.
Was passiert mit der Gaststätte Spiegelschwab?
Im Entwurf von SoHo Architektur aus Memmingen bleiben Gebäude und Gaststätte mit Biergarten erhalten und werden grundlegend saniert. Das belebe das Quartier an dieser Stelle. „Der erhaltene Bestandsbau bildet einen Ankerpunkt für die Neubauten und das gesamte Quartier.“ Zudem werde damit ein Stück Geschichte bewahrt, die daran erinnere, wie es in diesem Bereich einmal ausgesehen hat. So weit der Entwurf. Ob das Gebäude saniert und damit erhalten werden kann, müsse aber noch geprüft werden, sagt Markus Sonntag.
Wie viele Wohnungen sind geplant?
Mindestens 100, sagt Sonntag. Davon etwa 30 Prozent geförderte Sozialwohnungen, der Rest Genossenschaftswohnungen mit erschwinglichen Mietpreisen.
Welche Größen soll es geben?
Angestrebt ist laut Sonntag dieser Mix: Etwa 40 Prozent Zwei-Zimmer-Wohnungen mit 40 bis 55 Quadratmetern, etwa 50 Prozent Drei-Zimmer-Wohnungen mit maximal 80 Quadratmetern und etwa zehn Prozent Vier-Zimmer-Wohnungen mit maximal 95 Quadratmetern.
Was geschieht mit dem hohen Gebäude an der Benninger Straße – also dem ehemaligen Vereinsheim von Tur Abdin?
Dort soll nach beiden Entwürfen wieder ein hohes Gebäude entstehen. Nach dem Wunsch von Siebendächer soll dort etwa ein Café eingerichtet werden. Es soll zum Treffpunkt im Quartier werden.
Wann sind die Gebäude an der Bergermühlstraße dran?
Das kann Markus Sonntag noch nicht sagen. Auf jeden Fall sollen nicht alle Gebäude gleichzeitig abgerissen und neugebaut werden, sondern nacheinander in mehreren Bauabschnitten. Zunächst aber werde das Gebäude an der Leonhardstraße gebaut.
Was geschieht mit den Mietern aus Leonhard- und Bergermühlstraße?
Alle Mieter der Leonhardstraße wurden in anderen Objekten der Baugenossenschaft untergebracht. Sie wohnen jetzt in modernen Wohnungen, zahlten aber nahezu das Gleiche wie vorher. Auch den Mietern der Bergermühlstraße werden Wohnungen angeboten. Zu ähnlichen Konditionen. Etwa an der Lisztstraße, wo im Frühjahr 2022 neue Gebäude der Baugenossenschaft fertig werden. Oder später im neuen Haus an der Leonhardstraße. Zehn Prozent der Wohnungen an der Bergermühlstraße stehen bereits leer.
Pläne: Die beiden Architekturbüros haben viele Ideen für das Wohnungsbauprojekt der Siebendächer
Hier einige Details aus den Plänen der Architekturbüros für das Wohnungsbauprojekt an Leonhard- und Bergermühlstraße. Die Angaben basieren auf dem Stand von Mitte September. Die Überarbeitungen, um die Siebendächer gebeten hat, sind hier noch nicht berücksichtigt.
SoHo Architektur, Alexander Nägele, in Zusammenarbeit mit Büro Kofink Schels München, Sebastian Kofink und Simon Jüttner, und den Landschaftsarchitekten von Studio Vulkan: 120 Wohnungen, circa 40 oberirdische Parkplätze und 110 in der Tiefgarage sollen entstehen. Es sollen barrierefreie Wohnungen geschaffen werden in einfachen, klar strukturierten Häusern, die an der Bergermühlstraße als Holzbau geplant sind – was mit dem „maximalen Einsatz von nachwachsenden und recyclebaren Baustoffen“ für ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Einfach-Bauen stehe. Die Gebäude an Benninger und Leonhardstraße sind als Massivbauten geplant. In allen Häusern „soll eine Vielzahl unterschiedlicher Grundrisstypen realisierbar sein“. Die Erdgeschoss-Wohnungen sollen flexibel anpassbar sein an Wohnbedürfnisse, vor allem mit Blick auf die wachsende Zahl alter, pflegebedürftiger Menschen. Von den Balkonen auf der Rückseite sollen die Bewohner in den großen Grünbereich blicken.
Eine neue Quartier-Mitte soll zwischen dem Wohnhaus an der Leonhardstraße und der Gaststätte Spiegelschwab entstehen. „Ein durchgehender Belagsteppich“ soll diesen verkehrsarm gestalteten Quartiersplatz markieren und von der Benninger Straße abgrenzen. „Ein Brunnen und große, begrünte Öffnungen in der Belagsfläche schaffen hier ein angenehmes Mikroklima und markieren einen Treffpunkt, der in die ganze angrenzende Nachbarschaft wirkt.“
Viel Grün soll es nicht nur im Straßenzug geben, sondern auch an den Rückseiten der Gebäude. Dort soll es „kleine Sitz- und Spielplätzchen“ geben. Niederschlagswasser kann in den Grünflächen an den Straßen versickern und in großen, begrünten Belagsöffnungen auf dem Quartiersplatz.
phase H Architekten, Maria und Tom Horejschi, in Zusammenarbeit mit 317 Landschaftsarchitekten: Zu jeder Wohnung soll ein Dachgarten mit Beeten gehören. Mit diesen begrünten Dächern sollen Flächen, die versiegelt werden, teilweise kompensiert werden. Es soll verschiedene Wohnungstypen unterschiedlicher Qualität geben, was ein soziales Gleichgewicht im Areal stärke. Den Wohnungen im Erdgeschoss sollen Gärten zugeordnet werden. Die Häuser bekommen Gemeinschaftshöfe. Die Gebäude sollen aus Holz gebaut werden beziehungsweise in Holz-Hybrid-Bauweise. Das bedeutet, dass nicht nur Holz genutzt wird, sondern gleichzeitig auch anderes Material wie Beton und Stahl. Jedes Gebäude soll einen anderen Rot-Ton erhalten. Zusammen mit den Bäumen, die jetzt schon dort stehen, und weiterem Grün entsteht ein „lebendiger Straßenraum, in dem man sich als Fußgänger willkommen fühlt“.
Beim Bau der Häuser und dem Innenausbau soll Material verwendet werden, das bei einem Abriss in ferner Zukunft „wieder vollständig in den Stoffkreislauf rückgeführt werden“ kann. Es soll ein Energiekonzept geben, das nicht für einzelne Häuser, sondern für das gesamte neue Areal gilt. So könnte Strom, der über Photovoltaikanlagen gewonnen wird, in Speicher der jeweiligen Häuser fließen, die miteinander verbunden sind. Gibt es in einem Haus einen Engpass, kann ein anderer Speicher aushelfen, in dem genügend Energie gespeichert ist.
„An der Ecke Bergermühlstraße/Augustinergasse öffnet sich der Kreuzungsraum zur bestehenden Garage hin. Diese ist als Reparaturcafé oder Fahrradwerkstatt Anlaufstelle für die zahlreichen Radelnden im gesamten Quartier. Zudem entsteht eine großzügigere Hol- und Bringzone für den St. Nikolaus-Kindergarten.“