Beim Poetry Slam ging ein erfolgreicher Abend unter Applaus zu Ende. Das Bild zeigt (von links) Florian Frasch, Leonie Batke, Pascal Simon, Artem Zolotarov, Omar Khir Alanam, Kai Bosch und Bernd Scheiter.
Bild: Jenny Krähmer, Kaminwerk
Beim Poetry Slam ging ein erfolgreicher Abend unter Applaus zu Ende. Das Bild zeigt (von links) Florian Frasch, Leonie Batke, Pascal Simon, Artem Zolotarov, Omar Khir Alanam, Kai Bosch und Bernd Scheiter.
Bild: Jenny Krähmer, Kaminwerk
Sechs Minuten Zeit haben sie, um das Publikum von sich zu überzeugen. Aus ganz Deutschland und Österreich angereiste Slammer tragen an diesem Abend im Kaminwerk einem Saal voller Kulturinteressierten ihre eigens verfassten Texte vor. „Poetry Slam, das ist empathisch, empowernd und emotional“, meint Pascal Simon, einer der fünf geladenen Poeten.
Bewertet wird neben dem Inhalt auch die Performance. An erster Stelle steht bei der Wettbewerbsform allerdings die Interaktion mit dem Publikum, das wird bereits in der Proberunde mit Nina Jörg deutlich. Die Oberstufenschülerin des Vöhlin-Gymnasiums tritt zum Auftakt als sogenanntes „Opferlamm“ außer Konkurrenz auf und bringt die Zuhörerinnen und Zuhörer mit ihrer Geschichte über einen verstoßenen Fuß zum Schmunzeln. Sie erhält von der Jury mehr als die Hälfte der Punkte. Die vier Freiwilligen unter den rund 250 Zuschauern dürfen die Künstler nach jedem Auftritt mit höchstens zehn Punkten bewerten und somit in zwei Runden die Finalisten bestimmen.
Unter der Anleitung des Moderationsduos Florian Frasch und Bernd Scheiter wird ebenfalls das restliche Publikum Teil der Bewertung – zumindest theoretisch. Nach jedem Vortrag kann mit Hilfe der Finger gezeigt werden, wie viele Punkte man selbst vergeben hätte. Davon sollen sich die Auserwählten auf der Bühne beeinflussen lassen. Doch die meiste Zeit nehmen diese sich die Freiheit, ganz nach eigenem Wissen und Gewissen zu entscheiden.
Freiheit: Unter diesem Motto steht der „Vorsicht, Dichter!“-Abend, der unter anderem von mehreren Elftklässlern des Vöhlin-Gymnasiums und dem Projektbüro „Stadt der Freiheitsrechte“ organisiert wurde. In der vom Projektbüro gebotenen „Freiheits-Lounge“ ist während der Pause eigenes Diskutieren und Philosophieren möglich. Einige nutzen das Angebot, um sich über die Anregungen der Slammer auszutauschen.
Diese scheuen sich – passend zum Leitgedanken des Abends – nicht, ihrer Poesie jeweils eine ganz individuelle Note zu verleihen. Sei es Omar Khir Alanam aus Graz, der zu seiner Fluchtgeschichte „Risiko – Das Lied der Freiheit“ auf einmal anfängt, auf der Bühne zu singen und zu tanzen oder Artem Zolotarov aus Mainz, der das Publikum durch kreative Neologismen in „Episodenmenschen“ beeindruckt. Leonie Batke sticht inhaltlich durch ihre direkte Forderung nach mehr Therapieplätzen in Deutschland heraus.
Am meisten überzeugt ist die Jury in der Vorrunde von Pascal Simons liebevoller „Ode an den Poetry Slam“ und dem Comedy-Thriller „Herberts bewegtes Hexenleben“ von Kai Bosch. Beide erhalten 37 Punkte und dichten sich so direkt den Weg ins Finale. Zu ihnen stößt nach dem Halbfinale Zolotarov, der mit seiner Nacherzählung von „Rumble in the Jungle“ von 1974 als Einziger an diesem Abend volle Punktzahl erreicht.
Dann ist es da – das erste Finale in der Veranstaltungsreihe „Vorsicht, Dichter!“, bei dem drei Slammer um den Titel kämpfen. Hier entscheidet nicht mehr die Jury, sondern das Applausometer. Am Ende heißt der stolze Gewinner der traditionellen Milchkanne Kai Bosch, der dem Publikum in seinem Text über Inklusion ebenso viele Lacher wie Denkanstöße bietet.
Der Abend geht unter tosendem Applaus zu Ende. „Der Plan stets laut zu bleiben“, wie Leonie Batke im Halbfinale sagt, wird im Bezug auf „Vorsicht, Dichter!“ fortgeführt. Der nächste Slam ist in Planung und soll diesen Dezember im Kaminwerk stattfinden.