Das Unterallgäu hat seit Jahren eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in Deutschland. Woran das liegt und warum das auch zu Problemen für Firmen führen kann.
06.02.2023 | Stand: 06:23 Uhr
Die Arbeitslosigkeit bewegt sich im Unterallgäu seit Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau. Im Dezember lag die Arbeitslosenquote bei 1,9 Prozent – und das trotz zahlreicher Krisen. Laut Unterallgäuer Landratsamt war das der zweitniedrigste Wert aller Landkreise in ganz Deutschland. Im Januar stieg die Quote zwar saisonbedingt auf 2,3 Prozent, was aber immer noch vergleichsweise moderat ist. Doch warum ist das eigentlich so? Was zeichnet das Unterallgäu gegenüber anderen Kreisen aus? Und kann die niedrige Arbeitslosigkeit für Unternehmen womöglich sogar zu einer Belastung werden? Wir haben uns bei verschiedenen Stellen umgehört:
- Das sagt die Arbeitsagentur Kempten-Memmingen: Ein wichtiger Grund für die positive Situation auf dem Arbeitsmarkt sei die wirtschaftliche Struktur des Landkreises, betont der Geschäftsstellenleiter der Agentur für Arbeit Mindelheim, Manuel Zeiler: „Viele mittelständische Unternehmen unterschiedlicher Bereiche im verarbeitenden Gewerbe sorgen dafür, dass keine einseitigen Abhängigkeiten von Entwicklungen in bestimmten Branchen wie etwa der Automobilindustrie vorhanden sind.“ Durch weitere Branchen wie das Handwerk, die Gastronomie, den Tourismus und die Landwirtschaft sei das Unterallgäu „heterogen aufgestellt“. Durch diese Vielfalt kann die örtliche Wirtschaft laut Zeiler in Krisen flexibel reagieren, was wiederum zu einer niedrigen Arbeitslosigkeit führe. Auch die gute Anbindung mit dem Memminger und Münchner Flughafen sowie die Nähe zu Österreich, der Schweiz und Italien seien ausschlaggebend. Zudem würden viele in den „florierenden Wirtschaftsraum München“ pendeln. Zugleich versuchen laut Zeiler die Unternehmen mit Blick auf den Fachkräftemangel, bestehendes Personal zu halten, da in den nächsten Jahren viele der Mitarbeitenden in Rente gehen. Zudem fehle es tendenziell an Nachwuchs aufgrund der demografischen Entwicklung sowie des Studien- und Ausbildungsverhaltens der jungen Menschen. Daher spiele die Qualifizierung der Menschen, die bereits in den Unternehmen arbeiten, eine wichtige Rolle. Gemeinsam mit den Arbeitgebern suche man hier nach Lösungen, so Zeiler.
Wenig Arbeitslose im Unterallgäu: Niedrige Erwerbslosenquote für Unternehmen eine große Herausforderung
- Das sagt die IHK: Die starke Wirtschaftsstruktur mit vielen Unternehmen, die auch international tätig seien, nennt auch der IHK-Regionalgeschäftsführer Markus Anselment als wichtigsten Grund, weshalb das Unterallgäu seit Jahren gut dasteht. „Und das wird sich auch nicht ändern“, ist er überzeugt. Zwar seien die Energiekosten immer noch recht hoch. Doch die Lieferketten würden sich langsam wieder schließen. Die niedrige Erwerbslosenquote sei für die Arbeitnehmer gut, für die Unternehmen jedoch eine große Herausforderung. Laut der aktuellsten Umfrage der IHK, die Anfang Februar veröffentlicht wurde, würden zwei Drittel der Unternehmen den Fachkräftemangel als dringlichstes Problem sehen. „Wir werden dieses Thema nur durch Zuzug lösen können – national und international.“ Die Rahmenbedingungen machen ihm aber keine allzu großen Hoffnungen. So wäre es zwar denkbar, auf Arbeitskräfte aus Regionen zurückzugreifen, in denen die Arbeitslosigkeit hoch ist. „Doch hier bei uns ist der Wohnraum knapp und das Leben ist teurer. Da ist die Motivation für einen Wechsel eher gering“, erklärt Anselment.
- Das sagt der Landrat: „Gesamtgesellschaftlich sind diese Zahlen natürlich hervorragend“, betont Alex Eder. Das Unterallgäu stehe wirtschaftlich unter anderem deshalb gut da, weil es nicht von einem riesigen Unternehmen abhängig sei. Es gebe zwar auch einzelne größerer Betriebe in der Region. Aber auch der starke Mittelstand sorge dafür, dass der Kreis recht gut aufgestellt und auch krisenfest sei. Ein Vorteil seien auch die vielen Familienbetriebe, die gegenüber ihren Mitarbeitern ein großes Verantwortungsbewusstsein hätten. Sie zeichne eine Verbundenheit mit der Region aus. Damit besitze das Unterallgäu eine gute Grundlage, was sich auch während der Corona-Pandemie gezeigt habe. Dennoch seien die positiven Zahlen Fluch und Segen zugleich. Denn da vergleichsweise wenige Menschen auf der Suche nach Arbeit sind, tun sich die Unternehmen schwer, geeignet Fachkräfte zu finden, um sich weiterentwickeln zu können. „Sie können ihre Schlagkraft nicht aufrechterhalten.“ Laut Eder gibt es aber nicht nur einen Mangel an Fachkräften, sondern auch an vorhandenen Arbeitskräften im Allgemeinen. Die Mittel des Landkreises, um auf den Fachkräftemangel zu reagieren: „Wir können dazu beitragen, indem wir in den Bereich Bildung investieren.“ Etwa als Sachaufwandsträger an Schulen.