Legau – Memmingen

Mit dem Bus durchs Allgäu

ZUM Kempten

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Bild: Felix Futschik

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Bild: Felix Futschik

Testfahrt Wir haben ausprobiert, wie gut man mit dem Öffentlichen Nahverkehr von Kempten nach Memmingen kommt. Eine Geschichte über Pünktlichkeit, leere Plätze und was sich Kunden wünschen
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Von Felix Futschik
23.12.2019 | Stand: 18:06 Uhr

Sechs Minuten bis zur Abfahrt, steht auf der Anzeigetafel an der Zentralen Umsteigestelle in Kempten (ZUM). Die Linie 66 fährt an diesem warmen Dezembervormittag nach Altusried. Lilia Engelhardt steht an Steig C 4. Die 62-jährige Kemptenerin nimmt oft den Bus, um nach Altusried zu kommen. Sie sagt, das funktioniere super.

Wir fahren mit und wollen an ein paar Beispielen testen, wie gut der Öffentliche Nahverkehr im Allgäu ist. Drei Verbindungen haben wir uns vorgenommen: von Kempten nach Altusried (Oberallgäu), weiter nach Legau (Unterallgäu) und schließlich nach Memmingen. Wie funktionieren die Anbindungen und sind die Busse pünktlich?

Mobilität ist eines der großen Themen unserer Zeit. Im Oberallgäu soll es laut Landrat Anton Klotz ab April ein 100-Euro-Jahresticket für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) geben(wir berichteten). Für ein solches Abo sei es noch zu früh, sagte dagegen Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle. Aus seiner Sicht muss das Ticket im gesamten Gebiet der „Mobilitätsgesellschaft für den Nahverkehr im Allgäu“ (Mona) gelten. Auch im Kreis Lindau wurde über ein 100-Euro-Jahresticket diskutiert. Doch das wird es vorerst nicht geben. „Wir müssen erst den ÖPNV ausbauen. Erst wenn das erledigt ist, können wir über die Tarife diskutieren“, sagte Jürgen Löffler, Geschäftsführer des Lindauer Verkehrsverbundes Bodo.

Und so ist es auf unseren Bus-Testfahrten durchs Allgäu gelaufen:

Lilia Engelhardt fährt gerne Bus. Sie ist darauf angewiesen. „Mein Mann und ich haben nur ein Auto, ich muss aber fünf Mal pro Woche von Kempten nach Altusried, um meinen Vater zu pflegen“, sagt Engelhardt. Die Verbindung sei gut, der Bus sauber und der Fahrer freundlich. Abfahrt ist pünktlich um 11.07 Uhr. Neben Engelhardt, die sich nach einem kurzen Plausch mit dem Fahrer auf einen der rot-schwarzen Sitze setzt, fahren noch eine vierköpfige Familie und sieben weitere Gäste mit. „Der Bus könnte besser belegt sein“, sagt Fahrer Winfried Hiemer. Woran das liegt? „Die Leute wollen es bequem haben und so flexibel sein wie möglich“, vermutet er. Morgens und mittags, wenn die Schüler einsteigen, sei der Bus gut gefüllt. 4,50 Euro kostet das Ticket.

Nach 22 Minuten Fahrzeit durch Hirschdorf und Krugzell erreicht der Bus pünktlich die Haltestelle Rathausplatz in Altusried. Mit dem Auto benötigt man laut Navi für diese Strecke 21 Minuten. An der gegenüberliegenden Bushaltestelle gibt es eine überdachte Bank. Eine digitale Anzeige informiert über die nächsten Verbindungen nach Kempten. An der Haltestelle sitzt ein 14-jähriger Schüler aus Krugzell. Er fährt unter der Woche jeden Tag mit dem Bus zwischen Altusried und seinem Heimatort. „Das klappt bestens“, sagt der 14-Jährige. Er nutze aber auch den Bus von Krugzell nach Kempten, wenn er beispielsweise in die Stadt müsse: „Die Strecke ist gut angebunden.“

Auf dem gegenüberliegenden Fußgängerweg schiebt eine Frau ihren Kinderwagen. Benutzt sie den Bus? „Nein“, sagt sie. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Die Anbindung sei zu schlecht, sie schätze es, mit dem Auto flexibel und unabhängig zu sein.

An der Haltestelle in Altusried ist im ausgehängten Fahrplan auch ein QR-Code abgedruckt. Scannt man diesen mit seinem Smartphone, erscheinen die nächsten Busverbindungen in Echtzeit auf dem Display.

Wir fahren mit der Linie 66 um 12.37 Uhr für 2,75 Euro weiter nach Legau – dafür müssen wir in Kimratshofen umsteigen. Ungefragt erklärt uns der Busfahrer freundlich, wo wir für den Anschluss warten müssen. Die Wartezeit in Kimratshofen beträgt etwa eine Viertelstunde. Der Anschlussbus ist voll mit Schülern – um 13.12 Uhr kommen wir pünktlich am Legauer Rathaus an. In einer Bäckerei erzählt eine der Verkäuferinnen, dass der Bus für sie keine Option sei – der müsste um 5.15 Uhr fahren, damit sie pünktlich zur Arbeit kommt.

Von Legau wollen wir weiter ins etwa 17 Kilometer entfernte Memmingen. Der Bus kommt fünf Minuten verspätet. 31 Minuten dauert die Fahrt. Preis: 3,95 Euro. Außer uns fährt nur noch eine Frau mit. Vom Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Memmingen, direkt neben dem Bahnhof, fahren Anschlussverbindungen ins gesamte Stadtgebiet. Die Linie 250 würde uns beispielsweise mit einem Umstieg in acht Minuten zum Cineplex-Kino bringen. Es befindet sich beim Autobahnkreuz.

In Memmingen soll Mitte 2020 ein ÖPNV-Konzept einer Berliner Firma umgesetzt werden: Bessere Erschließung aller Stadtteile, 30-Minuten-Takt von Montag bis Freitag sowie 60-Minuten-Takt am Wochenende. Auf die Frage, ob die Busverbindungen gut angenommen werden, sagt Thomas Schuhmaier von der Stadtverwaltung: „Da gibt es sicher noch Luft nach oben, wie das allgemein beim ÖPNV ist. Die Leute müssen ihn auch nutzen.“