Mal schnell eine WhatsApp-Nachricht lesen, telefonieren oder ein Foto verschicken: Viele Autofahrer nutzen ihr Handy im Straßenverkehr - und zwar parallel zum Lenkrad. Über 6300 Verkehrsteilnehmer hat die Polizei 2023 im Bereich des Kemptener Präsidiums mit Mobiltelefon, Tablet oder anderen Geräten am Steuer erwischt.
"Etwa 200 Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen mit Handy erhielten ebenfalls eine Anzeige", teilt Sprecherin Magdalena Buchmiller mit.
Ablenkung ist die Ursache für die Hälfte aller Verkehrsunfälle
Die Nutzer ignorieren oder unterschätzen die Gefahr: Ablenkung und Unaufmerksamkeit sind laut ADAC häufige Ursache für Unfälle. Experten gehen demnach davon aus, "dass mehr als die Hälfte aller Verkehrsunfälle auf deutschen Straßen durch Ablenkung verursacht wird", teilt der Automobilclub mit. Vor diesem Hintergrund ist die Polizei manchmal fassungslos, was sie bei ihren Kontrollen erlebt.
Zum Beispiel kam es schon vor, dass Lasterfahrer bei voller Fahrt auf der Autobahn ein Video auf dem Smartphone schauten, wie ein Ermittler der Autobahnpolizei Memmingen einmal erzählte. In Erinnerung blieb selbst erfahrenen Beamten auch dieser Fall, der sich im Sommer auf der B12 auf Höhe Unterthingau (Kreis Ostallgäu) ereignete. Dort stoppten sie den Lenker eines zu schnell und obendrein auch noch Schlangenlinien fahrenden Lieferwagens.
Auf der B12: Hände am Handy und Paketscanner statt am Lenkrad
Der Grund für die lebensgefährliche Fahrweise war schnell herausgefunden: Der 21-Jährige benutzte laut Buchmiller "mit der einen Hand sein Mobiltelefon, während er mit der anderen Hand mit einem Paketscanner hantierte". Er habe also keine Hand mehr am Lenkrad gehabt - und vermutlich auch keinerlei Aufmerksamkeit mehr für die Straße. Der Mann wurde wegen Gefährdung im Straßenverkehr angezeigt.
Doch wie oft führt Handynutzung am Steuer zu Unfällen in unserer Region? Bei 30 Fällen konnte die Polizei im vergangenen Jahr diese Ursache ermitteln. "Etwa ein Drittel war dabei mit dem Fahrrad unterwegs", sagt Buchmiller. Doch die Ermittler gehen davon aus, dass die Dunkelziffer höher ist.
Handy am Steuer: Darum ist die Dunkelziffer so hoch
Denn: "Wenn kein Zeuge oder keine Zeugin beobachtet hat, dass eine Person am Steuer das Handy benutzt hat, oder die Person es nicht selbst zugibt, wird die Polizei die tatsächliche Unfallursache oft nicht ermitteln können." Diese Unfälle fließen unter Umständen dann in die Rubrik "allgemeine Ablenkung" ein. Dazu gehört beispielsweise ein Insekt im Auto, das der Verursacher als Grund für seine Unaufmerksamkeit angibt. 280 Unfälle dieser Art tauchten im vergangenen Jahr in der Statistik auf.
Um Handynutzung am Steuer zu verhindern, führt die Polizei laut Buchmiller stetig Kontrollen durch.
, muss 100 Euro Bußgeld zahlen und erhält einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg. Kommt es zu einem Unfall, kann die Strafe deutlich höher ausfallen. Neben Kontrollen betreibt die Polizei auch Aufklärungsarbeit, sagt Buchmiller.Hilft bald KI um Handys am Steuer zu erkennen?
Einen anderen Weg geht das Bundesland Rheinland-Pfalz. Noch heuer soll ein Gesetz für die sogenannten Handy-Blitzer stehen. Eine spezielle Kamera ("Monocam") scannt die Autos im Straßenverkehr, ehe eine Software überprüft, ob am Steuer ein Handy benutzt wurde. Die KI achtet dabei beispielsweise auf eine bestimmte Handhaltung.
Ob ein Verstoß vorliegt, entscheiden Polizisten anhand der Daten. Die "Monocams" haben sich Medienberichten zufolge bei Tests in Rheinland-Pfalz bewährt. Allerdings gibt es rechtliche Hürden. Im Kern geht es um die Frage, ob die Kameras unverdächtige Autofahrer filmen dürfen. Als Voraussetzung dafür soll in Rheinland-Pfalz das "Polizei- und Ordnungsbehördengesetz" geändert werden. In Bayern ist eine Einführung der "Monocams" derzeit kein Thema.