Psychische Erkrankungen

Monatelanges Warten auf einen Therapieplatz im Allgäu

Zum Jahreswechsel hat die Helios-Privatklinik in Bad Grönenbach geschlossen. Sie war mit 28 Betten in einem Hotel untergebracht und behandelte dort psychosomatische Patienten.

Zum Jahreswechsel hat die Helios-Privatklinik in Bad Grönenbach geschlossen. Sie war mit 28 Betten in einem Hotel untergebracht und behandelte dort psychosomatische Patienten.

Bild: Ralf Lienert

Zum Jahreswechsel hat die Helios-Privatklinik in Bad Grönenbach geschlossen. Sie war mit 28 Betten in einem Hotel untergebracht und behandelte dort psychosomatische Patienten.

Bild: Ralf Lienert

Zahl der psychischen Erkrankungen nimmt in Krisenzeiten zu. Warum Fachklinik in Bad Grönenbach geschlossen hat und wo Betroffene im Notfall Hilfe bekommen.
12.01.2023 | Stand: 14:33 Uhr

In Krisenzeiten nehmen die Belastungen der Menschen zu – und können krank machen. Wer Hilfe braucht, hat derzeit ein weiteres Problem. „Die Wartezeiten für einen Therapieplatz betragen bis zu einem halben Jahr – das ist viel zu lang“, sagt Edith Zillenbiller. Sie ist Vorsitzende des Vereins „Da Capo“ in Memmingen, der sich um Menschen mit psychischen Belastungen kümmert. Zillenbiller spricht von „einem akuten Ärztemangel“ in diesem Bereich, ohne Zahlen zu nennen.

Sorge bereitete zum Jahreswechsel die Schließung der Helios-Privatklinik in Bad Grönenbach im Unterallgäu. Sie hatte 28 Betten in einem Vier-Sterne-Hotel angemietet und dort psychosomatische Patienten behandelt. Nach dem Verkauf des Hotels sei der Mietvertrag gekündigt worden, sagt eine Kliniksprecherin. Alle Mitarbeitenden seien aber in einer anderen Helios-Klinik in Bad Grönenbach untergekommen und dort fänden auch weiterhin Therapien statt.

Memminger Hilfsorganisation sieht "erhöhte Nachfrage"

Die Behandlung von psychischen Störungen erfolgt laut Bayerischem Gesundheitsministerium jedoch meist ambulant. Für gesetzlich Versicherte gebe es derzeit in ganz Bayern keine Versorgungslücken. Es bestünden aber „deutliche regionale Versorgungsunterschiede“. Mit einer baldigen Besserung rechnet Edith Zillenbiller nicht – obwohl es „eine erhöhte Nachfrage“ gebe. Bei „Da Capo“ meldeten sich verstärkt Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten, die auch zu psychischen Belastungen führen könnten – bis zu Depressionen.

Hilfe bei akuten seelischen Notsituationen bietet im Allgäu seit knapp zwei Jahren der „Krisendienst Bayern“ beim Bezirk Schwaben. Anruferinnen und Anrufer – im Schnitt 650 pro Monat – bekommen dort eine Erstberatung. „Unsere Expertinnen und Experten koordinieren hier die geeigneten Angebote: Beratung, Vermittlung in ambulante beziehungsweise stationäre Hilfe oder in besonders dringenden Fällen mobile Einsätze am Ort der Krise“, heißt es von der Koordinationsstelle in Augsburg. Der Krisendienst kooperiert mit Hilfseinrichtungen wie dem Verein „Da Capo“. Der Freistaat und die Bezirke finanzieren den Krisendienst.

Psychische Störungen führen oft zur Arbeitsunfähigkeit

Etwa jeder fünfte Heranwachsende zeige psychische Auffälligkeiten und mehr als jeder vierte Erwachsene erfülle im Laufe eines Jahres die Kriterien einer psychischen Störung, sagt Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. „Letztere sind mittlerweile die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeitstage.“ Laut der Kassenärztlichen Vereinigung wurde 2020 bei über 2,8 Millionen gesetzlich versicherten Patienten in Bayern eine psychische Erkrankung diagnostiziert, darunter 278.000 Kinder und Jugendliche.

Insgesamt rund 140 Krankenhäuser bieten in Bayern eine stationäre Versorgung. Zum Stichtag Januar 2021 gab es in kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen 807 Betten und 517 teilstationäre Plätze. Für die Erwachsenen standen 7328 Betten und 1437 teilstationäre Plätze für Psychiatrie und Psychotherapie sowie 4237 Betten und 614 teilstationäre Plätze für psychosomatische Medizin und Psychotherapie zur Verfügung.

Krisendienst hilft rund um die Uhr

Hilfe gibt es rund um die Uhr beim „Krisendienst Bayern“ unter der Telefonnummer 0800-6553000.