In den Hochphasen der Pandemie wurde es regelmäßig eng in den Allgäuer Krankenhäusern. Die Folge: Planbare Eingriffe wie Knie- oder Hüftoperationen wurden verschoben, um genügend Kapazitäten für Corona-Patienten zu schaffen. So auch in der dritten Welle.
Mittlerweile hat sich die Situation aber wieder entspannt. Die jüngste Allgemeinverfügung der Regierung von Schwaben, die eben jene Operationen eingeschränkt hatte, ist Ende Mai ausgelaufen – und wurde nicht verlängert. Seit Anfang des Monats finden in den Kliniken also wieder sogenannte elektive Eingriffe statt. Doch es hat sich einiges angestaut.
Etwa 150 bis 200 Operationen wurden allein im Kaufbeurer Klinikum seit Herbst vergangenen Jahres verschoben, sagt der ärztliche Direktor Dr. Marcus Koller. Die meisten davon in der Orthopädie und Unfallchirurgie. „Die Patienten werden jetzt nach und nach einbestellt. Ich schätze, dass wir die Warteliste im August abgearbeitet haben“, sagt der Arzt. Das Krankenhaus sei noch nicht wieder im Vollbetrieb. Der Mediziner betont allerdings: Eingriffe bei Notfällen und Tumoroperationen hätten immer stattgefunden. „Wer jetzt als erster dran ist, entscheidet sich nach der medizinischen Dringlichkeit.“
OP-Stau in Kliniken: Schrittweise zurück in die Normalität
So wird es auch an den anderen Kliniken im Allgäu gehandhabt. „Je nach Intensität der Corona-Welle mussten in den vergangenen Monaten etwa 20 bis 30 Prozent der Eingriffe verschoben werden. Diese Operationen werden jetzt – abhängig von der Notwendigkeit und den verfügbaren Ressourcen – abgearbeitet“, sagt Maximilian Mai, Vorstand des Memminger Klinikums.
Auch in den Häusern des Klinikverbunds Allgäu geht es schrittweise zurück in die Normalität. Allerdings gebe es bei den planbaren Operationen je nach Personallage weiterhin Einschränkungen, sagt eine Sprecherin des Verbunds. (Lesen Sie auch: Arzt aus dem Allgäu engagiert sich in der Seenotrettung vor der libyschen Küste)
Die Nachfrage seitens der Patienten ist laut Koller groß – genau wie das Verständnis dafür, dass die Eingriffe zunächst verschoben werden mussten und auch jetzt noch nicht alle sofort operiert werden können: „Es gibt nur wenige, die sich beschweren.“
Einer, der sich mit Warten auskennt, ist Wolfgang Jall. Der 65-jährige Ostallgäuer hätte wegen eines Kreuzbandrisses eigentlich bereits im März 2020 operiert werden sollen. Letztlich stattgefunden hat der Eingriff dann erst drei Monate später: „Die Schmerzen waren zwar nicht angenehm, aber auszuhalten.“ Der Heilungsprozess nach der Operation sei durch die Wartezeit ebenfalls nicht beeinträchtigt worden. „Ich habe immer versucht, das Ganze im Verhältnis zu sehen. Und Corona-Patienten behandeln zu können, war einfach wichtiger, als ein Knie zu operieren“, sagt Jall.
Covid-Bereiche verkleinert
Aktuell haben die Allgäuer Krankenhäuser ihre Covid-Bereiche wieder verkleinert und teils in Regelstationen umgewandelt. In Kaufbeuren gibt es derzeit noch eine halbe Corona-Station. „Das kann man aber schnell wieder hochfahren“, erläutert Koller. Er hofft, dass das nicht nötig sein wird. „Ich bin froh, dass momentan weitestgehend Normalbetrieb herrscht und bin zuversichtlich, dass sich die Situation durch die Impfungen weiter verbessert.“
Auch beim Klinikverbund Allgäu werden weiterhin Betten für Covid-Patienten freigehalten. Die Anzahl ist laut der Sprecherin an die aktuellen Gegebenheiten angepasst – Tendenz sinkend. Am Montag wurden in dem Verbund, zu dem die Häuser in Kempten, Immenstadt, Sonthofen, Oberstdorf, Ottobeuren und Mindelheim gehören, 17 Menschen behandelt, die an Corona erkrankt sind. Zu Hochzeiten waren es phasenweise über 70.
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