In Kempten hat am Montag der Prozess um den Mord am Schloss Neuschwanstein im Sommer 2023 begonnen. Angeklagt ist Troy B., ein Amerikaner, der als Tourist in Deutschland war. Zum Auftakt des Verfahrens verliest die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift.
Es sind Zeilen, die einen beim Lesen erschaudern lassen. Auf vier Seiten schildert die Staatsanwaltschaft Kempten in der Anklageschrift, was sich am Nachmittag des 14. Juni 2023 nahe Schloss Neuschwanstein ereignet haben soll. Es wird der Tag sein, an dem eine 21-Jährige ihr Leben verliert.
Bei der Rekonstruktion des Dramas halfen der Polizei zwei Videos und ein Foto, das der Täter ab 14.34 Uhr mit seinem Samsung-Smartphone aufnahm. Es zeigt ihn, wie er sein Opfer bis zur Bewusstlosigkeit würgt, sie entkleidet und sexuelle Handlungen an ihr vornimmt. Als sie keine Regung mehr von sich gibt, will der Verdächtige Troy B. laut Staatsanwaltschaft sein opfer vergewaltigen. Doch er wird von zwei Zeugen überrascht.
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Tat an der Marienbrücke: Troy B. offenbar von zwei Zeugen überrascht
Weil er sichergehen will, dass sein Opfer „den Angriff unter keinen Umständen überlebt und nach Möglichkeit auch nicht zeitnah gefunden wird“, wie es in der Anklageschrift heißt, stößt er sie einen Abhang hinunter.
Es ist dieselbe Kante, über die er Minuten zuvor auch eine 22-Jährige geworfen haben soll. Die Frau war ihrer Freundin zu Hilfe geeilt, als Troy B. begonnen hatte, sie zu attackieren. Kennengelernt hatten sich die drei US-Amerikaner an einem Wanderweg östlich oberhalb der Marienbrücke. Laut Ermittlungsakten waren die drei zufällig an der gleichen Stelle des Wegs ausgerutscht und so ins Gespräch miteinander gekommen.
Gewalttat bei Schloss Neuschwanstein: "Nicht mit solch starker Gegenwehr gerechnet"
Troy B. und seine späteren Opfer kehrten wohl um, der 31-Jährige lief hinter den beiden Frauen her. Er lockte sie unter einem Vorwand weg vom eigentlichen Pfad. Dann stößt er eines seiner Opfer zu Boden und beginnt sie zu würgen. Die 22-Jährige will das verhindern, kratzt ihren Widersacher ins Gesicht, zerrt an seinem Arm. Die drei rangeln Augenblicke später am Boden.
Doch Troy B. ist seinen beiden Opfern körperlich deutlich überlegen. So gelingt es ihm, eines der Opfer zu fixieren, während er mit dem anderen Arm die 22-Jährige einen Abhang hinunter stößt. Er habe, so argumentiert die Anklage, nicht mit solch starker Gegenwehr gerechnet.
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„Daraufhin fasste er den Entschluss, zunächst die Geschädigte einen Abhang hinunterzustoßen, um sich ihr endgültig zu entledigen, um im Anschluss entsprechend seines anfänglichen Tatplans gewaltsam den Geschlechtsverkehr an der Geschädigten vollziehen zu können“, heißt es in der Anklageschrift.
Die ältere der beiden Frauen kam hierbei am Ende des 50 Meter langen Abhangs an einem Baum zum Liegen. Hierdurch erlitt sie ein Schädelhirntrauma, eine Kopfplatzwunde und Prellungen, kam aber wieder zu Bewusstsein.
Gewalteinwirkung hätte Eva L. auch ohne den Stoß in die Pöllatschlucht getötet
Weiter oben am Berg setzte Troy B. seine Übergriffe auf Eva L. fort. Er stranguliert sie mehrfach mit seinem Gürtel. Dabei verletzt er laut Staatsanwaltschaft sein Opfer so schwer, dass bereits diese Gewalteinwirkung ausgereicht hätte, sie zu töten.
Um sicherzugehen, dass sie nicht bald gefunden wird, so die Staatsanwaltschaft, stößt er sein inzwischen bewusstloses Opfer aber ebenfalls den Abhang hinunter. Eva L. stirbt noch in derselben Nacht im Kemptener Klinikum an ihren schweren Verletzungen.
