Massenhaft Regen, eine Hochwasserkatastrophe und stellenweise Frost: Das Wetter im bisherigen Jahr hat Obstbauern in der Region herausgefordert. Wie wirkt sich das auf die hiesigen Preise aus? Und wie blicken die Landwirte auf die Saison?
„Am Bodensee gab es wegen Frost keinen Totalausfall“, sagt Lena Nüberlin, Obstbäuerin in Lindau in 26. Generation. Ringsum habe es aber durchaus die ein oder andere Frostlage gegeben, die Teile der Ernte zerstört hätten. Doch viel schlimmer sei der Regen gewesen. „Wir sind ja froh, wenn es mal regnet, weil wir keine Bewässerungsanlagen haben. Aber das war viel zu viel.“ Anfang Juni standen Keller unter Wasser, Felder waren geflutet und „kaum noch befahrbar“, sagt Nüberlin. Pflanzenschutz auszutragen sei da kaum möglich gewesen, „aber nötig, denn durch die Feuchtigkeit war der Pilzdruck sehr hoch“.
Pflanzenschutz: So mancher Softdrink würde keine Zulassung bekommen
Das Thema Pflanzenschutz beschäftigt Nüberlin besonders. „Es kommen so viele neue Schädlinge. Gleichzeitig sind immer weniger Schutzmittel zugelassen.“ So mancher Softdrink würde im Pflanzenschutz keine Zulassung bekommen. Den Einsatz der Schutzmittel könne man im Obstbau durchaus gut reduzieren, sagt die Obstbäuerin. „Aber ganz ohne? Das ist eine Wunschvorstellung.“
Auch den Fachkräftemangel spüre man in der Landwirtschaft. Obstbauern arbeiten viel mit Erntehelfern aus dem Ausland, etwa aus Osteuropa. Aktuell bekomme man noch genug Erntehelfer, sagt Nüberlin. Allerdings sei das viel schwerer als früher. So wachsen etwa die Ansprüche. „Oft gibt es für die Helfer tolle Wohnungen mit Internet, Küche und allem.“ Die Arbeiter verdienten zudem den deutschen Mindestlohn. „Wir können kaum die Preise erzielen, um die Kosten zu decken, die wir bezahlen, um die Früchte vom Baum zu holen.“ Viele der Erntehelfer beim Obstbau Nüberlin kämen schon seit mehreren Jahren. Ob das so weitergehe ist aber fraglich.
Bis zu 70 Tagen sei die Anstellung nicht sozialversicherungspflichtig. „Aber die 70 Tage sind schnell überschritten, dann wird es für uns teurer - und die Arbeiter haben danach ja nicht mehr Geld“, sagt die Obstbäuerin. Saisonarbeiter überlegen sich laut Nüberlin auch deshalb immer öfter, ob sie überhaupt noch kommen.
Personalmangel bei Erntehelfern - die Ansprüche werden höher
Wegen der hohen Auflagen und Produktionskosten in Deutschland werde ausländisches Obst für hiesige Landwirte immer mehr zum Problem, so Nüberlin. „Die Polen liefern so schöne Äpfel zu so einem günstigen Preis, das können wir gar nicht bieten“, sagt sie.
Einen Lösungsansatz sieht sie darin, besser darüber aufzuklären, wie hoch die Qualität der Lebensmittel in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ist. Denn in Deutschland würden auch Früchte aus dem Nicht-EU-Ausland verkauft, „die haben Mittel drauf, die wir seit über 20 Jahren nicht mehr verwenden dürfen“, sagt Lena Nüberlin.
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