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Oktoberfest 2022: Bedienung aus Memmingen erzählt von Wiesn-Erfahrungen

Oktoberfest 2022 Bedienung

Wie ist es, als Bedienung auf der Wiesn zu arbeiten? Stefanie aus Memmingen erzählt

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    Stefanie Schamne (29) ist gebürtige Memmingerin. Dieses Jahr hat sie zum ersten Mal als Bedienung auf der Wiesn angeheuert. Wie sie das erlebt hat, erzählt sie im Interview.
    Stefanie Schamne (29) ist gebürtige Memmingerin. Dieses Jahr hat sie zum ersten Mal als Bedienung auf der Wiesn angeheuert. Wie sie das erlebt hat, erzählt sie im Interview. Foto: Stefanie Schamne

    Sie haben auf der Wiesn 2022 im Bierzelt als Bedienung gearbeitet - wie war das für Sie?

    Stefanie Schamne: Ich habe das heuer zum ersten Mal gemacht und es gibt so einen Wiesn-Mythos über die Arbeit dort. Also dass es super schwer ist, überhaupt angenommen zu werden, man müsse sich gefasst machen, begrapscht zu werden oder Ähnliches - ich bin deshalb ohne große Erwartungen hineingegangen. Und jetzt fühle ich mich wie ein anderer Mensch. (lacht)

    Decken sich Ihre Erfahrungen mit dem Mythos?

    Schamne: Es gab bei der Arbeit schon Situationen, die schwierig waren. Aber wir hatten wirklich gute Sicherheitskräfte, auf die wir uns verlassen konnten.

    Als Bedienung auf dem Oktoberfest 2022: Was verdient man da?

    Teil des Mythos um die Arbeit als Servicekraft auf dem Oktoberfest ist auch, dass man sehr viel verdient. Stimmt das?

    Schamne: Dazu darf ich zwar nichts Genaues sagen. Aber das Fest ist die vergangenen zwei Jahre ausgefallen und die wirtschaftliche Lage ist aktuell allgemein nicht gut. Deswegen ist bei Weitem nicht das herausgekommen, was noch vor Corona üblich war.

    Wie kamen Sie denn dazu, sich für die Arbeit auf der Wiesn zu bewerben?

    Schamne: Das war super spontan. Eine Freundin und Kollegin meinte, dass wir über einen Bekannten an Stellen in einem Zelt kommen könnten. Das hat dann nicht geklappt. Ich habe mich daraufhin bei mehreren Zelten beworben, inklusive Lebenslauf und Bewerbungsgespräch. Da mussten wir dann mit acht gefüllten Maßkrügen um einen Schrank herumgehen. Danach noch dasselbe mit einem Schlitten, also einem großen Tablett mit vielen Speisen darauf.

    Stefanie Schamne bei der Arbeit im Zelt.
    Stefanie Schamne bei der Arbeit im Zelt. Foto: Stefanie Schamne

    Maßkrug über Maßkrug: Das muss man als Wiesn-Bedienung tragen können

    Hatten Sie schon Erfahrung mit dem Kellnern, oder wie haben Sie die Aufgaben aus dem Effeff gelöst?

    Schamne: Ich habe nach dem Abi ein, zwei Jahre in einem Restaurant in Memmingen gearbeitet. Und das mit den Maßkrügen ist reine Technik. Der Personalmanager, der bei dem Bewerbungsgespräch dabei war, hat uns die auch erklärt. Man kauft sich dafür einen breiten Gürtel - ähnlich wie bei einem Gewichtheber. Wenn man die Maßkrüge dann richtig an den Henkeln greift, kann man sie sozusagen auf dem Gürtel abstellen.

    Die Gürtel haben Sie dann gestellt bekommen?

    Schamne: Nein, wir haben alles, was wir für den Job gebraucht haben, selber gezahlt: Geldbeutel, Gürtel, Taschen, das richtige Dirndl und auch das Wechselgeld. Das habe ich wirklich unterschätzt, dass vor der Wiesn sehr hohe Investitionen anfallen - außer man hat schon einmal bedient. Insgesamt muss man da mit 700 bis 1000 Euro rechnen. Außerdem mussten wir noch circa 2000 Euro Wechselgeld vorstrecken.

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    Wie haben Sie sich sonst auf die Arbeit im Zelt vorbereitet?

    Schamne: Wir haben uns drei Wochen vorher mit allen Vitaminen vollgepumpt, die die Apotheke hergibt (lacht). Man arbeitet da 17 Tage lang von morgens bis abends, hat keinen Tag frei, und bei dem Stress ist man super anfällig für Krankheiten. Deshalb wollten wir vorher so gesund wie möglich sein.

    17 Tage lang über 18 Stunden am Stück auf den Beinen - der Wiesn-Alltag einer Bedienung

    Wie sah dann der Alltag während des Oktoberfests aus?

    Schamne: Wir mussten um 8.45 Uhr im Zelt antanzen, sind in den Umkleideraum. Von da aus ging es ins Zelt, wir haben die Bänke von den Tischen genommen, die Garnituren eingedeckt und die Service-Station hergerichtet. Wer schnell war, konnte dann noch einmal zehn bis 15 Minuten in einem kleinen Mitarbeiterbereich Pause machen, bevor das Zelt geöffnet hat. Dort wurden Bananen, Obst, Joghurt, Kaffee und mehr bereitgestellt. Wenn wenig los war, konnte schon mal eine aus unserem Dreierteam auch während der Schicht eine Pause einlegen. Aber am zweiten Wochenende etwa blieb dafür keine Zeit, da war die Bude wirklich voll. Um halb elf haben wir dann immer letzte Runde gemacht und um elf Uhr mussten die letzten Gäste aus dem Zelt.

    Dann ist die Arbeit für die Bedienungen aber noch nicht getan, oder?

    Schamne: Wir machen dann noch die Abrechnung der Geldbeutel, räumen auf, wischen Tische und Bänke, kehren den Boden. Spätestens um 12 Uhr waren wir aus dem Zelt raus. Aber man ist dann noch so aufgedreht von der Schicht, dass man nicht direkt schlafen kann. Mit Heimfahren und Fertigmachen waren wir dann immer gegen halb zwei, zwei Uhr nachts im Bett.

    Wie hoch ist die Belastung?

    Schamne: Das ist total personenabhängig, aber ich habe es mir deutlich schlimmer vorgestellt. Ich glaube aber auch, dass es da große Unterschiede zwischen den Zelten gibt. Ich habe in einem Zelt mit etwas gehobenerem Publikum gearbeitet. Das läuft anders ab als in einem Party-Zelt. Am dritten Tag haben sich meine Stimmbänder entzündet, ab da konnte ich nur unter Schmerzmitteln sprechen. Und ich habe gemerkt, dass ab der Hälfte der 17 Tage viele Kollegen und Kolleginnen auf der Wiesn krank geworden sind.

    Und Sie haben weitergemacht?

    Schamne: Wenn man bei der Wiesn arbeitet, hat man eine andere Einstellung. Man lässt das Team nicht im Stich und außerdem bekommt man ja auch nur Geld, wenn man arbeitet.

    WiesnGirls: TikTok-Beiträge über die Arbeit der Oktoberfest-Bedienungen begeistern Millionen

    Welcher Moment der Wiesn wird Ihnen denn am meisten in Erinnerung bleiben?

    Schamne: Ich könnte das nicht an einem speziellen Moment festmachen. Was mir aber in Erinnerung bleiben wird, ist der Teamzusammenhalt. Das war wirklich toll und dadurch macht das Arbeiten auch Spaß. Man steht das irgendwie gemeinsam durch.

    Sie haben neben Ihrer Arbeit im Service auch den Tiktok-Account "WiesnGirls" betrieben, auf dem Sie über den Alltag der Bedienungen berichten. Welche Motivation steckte dahinter?

    Schamne: Ich habe das mit meiner Freundin und Kollegin zusammen gemacht. Wir sind beide sehr Social-Media-affin. Im Vorfeld wollten wir uns über die Arbeit auf der Wiesn informieren, aber haben kaum Beiträge dazu gefunden. Dann sind wir das selbst angegangen. Wir haben bei der Arbeit Videos und Fotos aufgenommen und an eine Freundin geschickt. Die hat die Beiträge dann gepostet. Für uns wäre das zu viel gewesen neben der Arbeit.

    Sie und Ihre Freundin haben den Account mit der Wiesn gestartet und seid aktuell bei über 35.000 Followern. Einige Videos von euch haben Klicks in Millionenhöhe. Wie war die Resonanz im Festzelt?

    Schamne: Durch die Bank positiv. Leute allen Alters haben uns darauf angesprochen, wollten Fotos mit uns machen. Es gab auch Mütter, die für ihre Kinder Fotos mit uns gemacht haben. Einmal haben uns Follower einfach Schokofrüchte vorbeigebracht.

    Heißt das, Sie sind nächstes Jahr wieder dabei?

    Schamne: Ich muss erst einmal noch ein bisschen Abstand gewinnen, bevor ich die Entscheidung treffen kann. Noch bin ich in der Erholungsphase. Aber ich kann mir das schon vorstellen.

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