Die Lage auf den Corona-Intensivstationen im Allgäu ist weiterhin extrem angespannt. Trotz teils sinkender Inzidenzwerte in der Region sind fast alle Betten belegt. Täglich müssen Covid-19-Intensivpatienten verlegt werden, sagen Gerhard Zipperlen (Kempten, Ärztlicher Krankenhauskoordinator für die Region Allgäu) und Prof. Dr. Lars Fischer (Memmingen, stellvertretender Ärztlicher Krankenhauskoordinator für die Region Donau-Iller, zu der auch das Unterallgäu gehört). Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie viele Corona-Patienten aus Allgäuer Krankenhäusern wurden bereits verlegt?
Bislang sind es insgesamt etwa 35 Corona-Intensivpatienten. Die Kliniken stehen im ständigen Kontakt mit den Koordinatoren Zipperlen und Fischer. Dabei hilft eine Datenbank, die drei Mal täglich aktualisiert wird. Sobald sich die Belegung aller Betten auf einer Corona-Intensivstation abzeichnet, wird zur Entlastung der Klinik eine Patientenverlegung auf den Weg gebracht. „Ziel ist es, jeweils mindestens ein Bett pro Tag und Corona-Intensivstation für neue Notfälle freizuhalten“, sagt Fischer.
Wohin werden die Patienten gebracht?
Das hängt davon ab, wo Plätze frei sind. Oftmals gelingt eine Verlegung innerhalb des Allgäus oder von Schwaben. „Doch es kam auch schon vor, dass Patienten nach Karlsruhe, Hof oder Regensburg gebracht wurden“, sagt Zipperlen. Der Transport erfolge in der Regel mit Rettungswagen. Im Extremfall – für weite Wege über die bayerischen Landesgrenzen hinaus – kommen auch Spezialflugzeuge der Bundeswehr und Großraumrettungswagen zum Einsatz.

Wie viele Corona-Patienten aus dem Allgäu wurden bislang ausgeflogen?
Vergangenen Freitag flog ein Airbus A310 MedEvac der Luftwaffe im Auftrag des Bundesinnenministeriums sechs Corona-Patienten aus Bayern vom Flughafen in Memmingerberg nach Münster (Nordrhein-Westfalen,. An Bord der „fliegenden Intensivstation“ befand sich nach Informationen unserer Redaktion auch ein Patient aus dem Klinikum Ottobeuren. Weitere Details wurden nicht genannt. Bund und Länder hatten zuvor das „Kleeblatt-Konzept“ zur strategischen Verlegung von Intensivpatienten „aktiviert“. Das soll verhindern, dass akut behandlungsbedürftige Patienten wegen Überlastung der Intensivmedizin in einem Bundesland nur noch unzureichend oder gar nicht mehr versorgt werden können.
Werden ausschließlich Corona-Patienten verlegt oder betrifft das auch Patienten mit anderen Krankheiten auf einer Intensivstation?
Die Verlegungen betreffen ausschließlich Patienten von Corona-Intensivstationen, sagen Fischer und Zipperlen unisono.

Wie werden Patienten für eine Verlegung ausgewählt?
Mehrere Kriterien spielen dabei eine Rolle. „Der Patient muss grundsätzlich einigermaßen stabil sein, eher jünger, und eine Aussicht auf Heilung haben“, erläutert Zipperlen. Auch das Gewicht (nicht mehr als etwa 120 Kilo) spielt mit Blick auf die Trage bei der Entscheidung eine Rolle. Nach Abwägung der medizinischen und strategischen Faktoren zählt letztlich eines: „Das Einverständnis von Patient oder den Angehörigen muss vorliegen.“ Ein Argument erleichtert die Einwilligung oft: Ein Patient auf einer Corona-Intensivstation darf in der Regel keinen Besuch empfangen - egal, ob er oder sie in einer Klinik im Allgäu oder in einem weiter entfernten Krankenhaus versorgt wird. Unterstützt werden Angehörige von einem Kriseninterventionsteam der Diözese Augsburg.
Spielt es bei der Verlegung eine Rolle, ob der Corona-Patient geimpft oder ungeimpft ist?
„Der Impfstatus spielt keinerlei Rolle“, stellen Zipperlen und Fischer klar.
Gibt es einen weiteren Flug von Corona-Intensivpatienten ab Memmingerberg?
Vermutlich ja – und zwar in den nächsten Tagen. Ein Termin steht jedoch noch nicht fest. „Die Lage kann sich täglich ändern“, teilte ein Sprecher der Integrierten Leitstelle Augsburg mit, der die schwabenweite Koordination obliegt.
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