Paul Panzer, die Kunstfigur mit zerzaustem Haar, dicker Brille und einem Sprachfehler, tritt in dem neuen Bühnenprogramm „Midlife Crisis … willkommen auf der dunklen Seite“ nicht so farbig gekleidet auf wie sonst. Das einst knallbunte Blümchenhemd hat nur noch Grautöne und wird durch einen dunklen Anzug zusätzlich gedämpft. Dieser Paul Panzer hat ja auch sehr Ernüchterndes über das Älterwerden zu berichten. Seine Erlebnisse auf der naturbedingten Verliererstrecke sind jedoch so bilderreich und nicht im Geringsten farblos erzählt, dass die 2000 Besucher in der Kemptener Big Box seinen Einblicken mit größtem Vergnügen folgen.
Schon das Bühnenbild ist ein Hit und passt hervorragend zu Paul Panzers Krisengefühl von Einsamkeit und Verlassenheit. Es bildet das berühmte Gemälde „Nachtschwärmer“ des amerikanischen Malers Edward Hopper aus den 1940er Jahren dreidimensional nach. Der Stand-Up-Comedian aus Nordrhein-Westfalen tigert vor der langgezogenen Fensterfront einer Bar hin und her; durch das Glas schaut man auf einen verlassenen Tresen in gleißendem Kunstlicht und auf eine sich im Dunkeln verlierende Häuserfront im Hintergrund. „Midlife Crisis“ steht in geschwungenen Lettern über der leeren Bar. Wie gerne hätte man Panzer dort einsam sitzen sehen. Leider betritt er die Bar nicht, und er geht auch inhaltlich nicht auf sie ein.
Eine schwere Krise habe ihn voll erwischt, erzählt Paul Panzer zischelnd. Er findet nicht die richtige Sportart, um sich fit zu halten. Nach misslungenem Kitesurfen hat er sich auch von Yoga und Waschbrettbauch verabschiedet. Sarkastisch beschreibt er, wie Männer ihre nachlassende Potenz mit Größenwahn kompensieren.
Aber auch Frauen kommen nicht gut weg, denn auch sie wollen sich ihre zunehmenden körperlichen Schwächen nicht eingestehen. Urkomisch fasst er wabbelnde „Winkearme“ bei Frauen und kleine Katastrophen mit dem Lattenrost in der Sauna bei Männern in starke Bilder, die beim bunt gemischten Publikum fast hysterische Lachsalven auslösen. Der 48-jährige Dieter Tappert alias Paul Panzer ist ein Meister der Übertreibung und Groteske. Bilder wie von Pauls Ehefrau Hilde, die ohne Hals, schwer atmend, im Bett ein elektronisches Buch liest und unheimlich von unten angestrahlt wird, bleiben lange im Gedächtnis. Panzer besticht durch unaufdringlichen Witz, der nie vulgär oder schreiend daherkommt. Seine gut gesetzten Pointen muss man jedoch live erleben. Vor allem wenn er von Käpt’n Iglo und Leckmuscheln erzählt oder als Marionette der Augsburger Puppenkiste über die Bühne wackelt.
Die Zuschauer in Kempten waren von seinen nostalgischen und selbstironischen Geschichten hellauf begeistert und spendeten viel Applaus. Wer Panzer schon öfter gesehen hat, war von seiner Zugabe nicht überrascht. Er griff wieder einmal zur Gitarre und führte vor, wie er als Jugendlicher mit Gesang in englischem, französischem oder holländischem Kauderwelsch die Mädels beeindrucken konnte.