"Wir wollen das Handwerk zeigen", sagt Kreishandwerksmeister Josef Sigel. Oft sei auf Anhieb nicht zu erkennen, welche Leistung hinter den Berufen stecke, wie vielfältig die Branche sei. Die Kreishandwerkerschaft will das Handwerk deshalb sichtbar machen und präsentiert auf der Allgäuer Festwoche in Halle 7 sechs Gewerke, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
Besucher können sich dort nicht nur über Jobs und Ausbildungsplätze informieren - es geht unter anderem auch um den neuen Haarschnitt, einen Ofen-Führerschein oder ums Brotbacken.
Wie ist die Stimmung unter Handwerksbetrieben im Allgäu?
Die Nachfrage schwächelt, Aufträge fehlen: Trotzdem zeigt sich das schwäbische Handwerk robust, wie die Konjunkturumfrage der Handwerkskammer zeigt. Dort hieß es vor Kurzem: Quer über alle Branchen hinweg beurteilten 83 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als positiv, 17 Prozent als schlecht.
Die vorangegangene Umfrage ergab ähnliche Werte. Die Lage, so die Handwerkskammer Schwaben, scheint sich zu stabilisieren. Dennoch: Ein Aufschwung zeichne sich nicht ab. Mit Blick auf die angespannte Personallage sagt Kreishandwerksmeister Sigel: "Darunter leiden alle."
Wie Zahnräder greifen die Gewerke ineinander
Dass die Gewerke sich gegenseitig brauchen, wird deutlich, wenn man Klaus Grözinger, stellvertretender Obermeister der Metallinnung, zuhört. Er zeigt auf eine Maschine, die sein Betrieb herstellt und die Brezeln schneidet - 2000 Stück pro Stunde. Das ist interessant für Betriebe, die zum Beispiel viele belegte Brezeln verkaufen - vor allem Bäckereien. Finden die Unternehmen keinen Nachwuchs und keine Fachkräfte, werden solche Maschinen nicht mehr hier hergestellt.
Die Metallbetriebe präsentieren sich nun auf der Festwoche, um auf sich aufmerksam zu machen. Grözinger hat gute Erfahrungen gemacht, wenn sich Betriebe auf diese Weise vorstellen - zum Beispiel an Schulen. So hat er auch für seinen Betrieb einen Azubi gefunden. Das Schöne am Handwerk? "Es gibt so viele Möglichkeiten", sagt Grözinger.
Aktion auf der Allgäuer Festwoche: Einmal im Bagger sitzen?
Das geht auf der Festwoche bei der Bauinnung: Dort steht ein moderner Simulator, sagt Obermeister Johann Marton. "Genutzt wird der Simulator für die Ausbildung", sagt Marton. Verschiedene Baumaschinen können eingestellt und simuliert werden. Das Ziel: "Mit jungen Menschen ins Gespräch kommen."
Mit diesen veralteten Klischees kämpfen Allgäuer Bäcker
Die Bäckerinnung Allgäu ist mit einer Backstube und einem Verkaufsstand vor Ort. Auch diese Branche hat damit zu kämpfen, Mitarbeiter zu finden, berichten die Obermeister Erwin Weber und Andreas Speiser. Wenn die Kindergärten die Betriebe besichtigten, seien die Buben und Mädchen begeistert. Doch diese Euphorie gehe später verloren, klagen sie. Die Branche kämpfe aber auch mit Vorurteilen. Zum Beispiel rund um das Thema Arbeitszeiten. Diese seien bei weitem nicht mehr so wie früher, wo es für den Großteil der Bäcker mitten in der Nacht losging.
Der Beruf sei kreativ und die Sinne seien gefragt: riechen, hören, schmecken, sehen und tasten. Das können die Festwochen-Besucher auch selbst ausprobieren. Dort wird auch das Schumpen-Brot, das es nur auf der Festwoche gibt, hergestellt. Weber macht durch ein weiteres Beispiel deutlich, wie die Branchen zusammenhängen: Ohne die Bäcker, die im Allgäu vielfältig aufgestellt seien, wäre die Urlaubsregion zum Scheitern verurteilt. Denn für die meisten Gäste beginne der Tag mit einem Produkt aus dem Bäckerhandwerk.
Auf der Festwoche: Haarschnitt für die Nachwuchsförderung
Die Friseurinnung bietet für Besucherinnen und Besucher Haarschnitte und -stylings an - für einen Beitrag von 20 Euro. Dieses Geld kommt der Nachwuchs-Förderung zu Gute, berichtet Obermeisterin Jutta Sonntag. Die Azubis sollen unterstützt werden, wenn sie an Wettkämpfen teilnehmen. Dabei fallen zum Teil hohe Fahrtkosten an.
Aktion in Halle 7 auf der Allgäuer Festwoche: Von Ofen-Führerschein und königlichen Kleidern
Beim Ofen-Führerschein lernen Besucher, wie sie das Holz richtig in den Ofen legen und wie sie den Ofen so entzünden, dass er möglichst effizient wärmt und verbrennt. Für den kompletten Führerschein fehle die Zeit, sagt Obermeister Daniel Dollinger.
Aber es gebe viele Einblicke zum Thema: Zum Beispiel werde erläutert, warum es sinnvoll ist, die Flamme nicht unter dem gestapelten Holz zu entfachen, sondern darauf. Maßgeschneiderte Königskleider können Besucher bei der Bekleidungsinnung Südschwaben ausprobieren. Auch in diesem Berufsfeld gehe es, wie im Handwerk so oft, um die Kreativität, sagt Obermeisterin Angelika Ivanovski.
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