„Wir werden das weder akzeptieren noch tolerieren und haben insgesamt 32 Fälle bei den zuständigen Staatsanwaltschaften Kempten sowie Wiener Neustadt zur Anzeige gebracht“, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Pius Geiger. Die Hasskommentare, die unserer Redaktion in Auszügen vorliegen, seien allesamt bei dem Netzwerk angezeigt und gelöscht worden.
Zu dem Rassismus-Eklat kam es im Zuge einer so genannten Recruiting Kampagne, mit der die Unternehmensgruppe aus Oberstdorf neue Mitarbeiter gewinnen will. Unter dem Motto „Du. Wir. Geiger“ wurden über mehrere Wochen Anzeigen bei Facebook veröffentlicht, auf denen insgesamt acht Fachkräfte aus dem Unternehmen jeweils mit Foto abgebildet wurden. Ziel war nach Unternehmensangaben, „die Vielfalt der Aufgaben und Menschen darzustellen.“ Die Anzeigen waren für Nutzergruppen in mehreren Bundesländern sowie im Großraum Wiener Neustadt in Österreich zu sehen.
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Hasskommentare auf Social-Media-Kampagne von Geiger sind ein Schock
Zu den Kampagnen-Köpfen gehörte auch ein Mitarbeiter, der seit über zwei Jahren als Betonmischerfahrer für Geiger arbeitet und dort laut Geiger einen „hervorragenden Job macht“. Der 34-Jährige, der vor acht Jahren als Flüchtling aus dem nordafrikanischen Eritrea nach Deutschland kam, ist seit Kurzem deutscher Staatsbürger.
In den Kommentarspalten unter seinem Konterfei hetzte ein Verfasser mit dem Fakenamen „Adolf Hess“ beispielsweise wörtlich: „Es ist immer egelig. Wenn man Werbung macht mit Ausländer. Das muß in Deutschland beendet werden. Das ist Volk verdummumg“ Ein anderer schrieb mit Bezug auf die Hautfarbe des Abgebildeten: „Das sollte Werbung für Selbstbräuner werden.“
Für den Mitarbeiter sind die Hasskommentare ein Schock: „Ich verstehe nicht, warum sich diese Menschen so äußern. Was habe ich falsch gemacht? Ich bin doch nicht anders als meine Kollegen?“, fragt er sich. Fassungslosigkeit herrscht auch im Unternehmen. „Wir sind stolz auf unsere Gemeinschaft. Bei uns spielt es keine Rolle, wo jemand herkommt oder wie er aussieht. Hass und Hetze lassen wir nicht zu“, sagt Geiger. (Lesen Sie auch:
)Die Recruiting Kampagne soll weitergehen. Nach einer erneuten Einwilligung des Mitarbeiters soll dessen Foto dabei weiter verwendet werden. „Wir zeigen klare Kante“, heißt es aus dem Unternehmen, das im kommenden Jahr 100 Jahre alt wird. Geiger verfügt über etwa 100 Standorte in Deutschland und im europäischen Ausland. Der Firmenverbund beschäftigt 3500 Mitarbeiter, viele davon haben Migrationshintergrund.
„Den multikulturellen Aspekt unserer Arbeit haben wir bewusst für die Kampagne ausgesucht.“ Gegen die größtenteils unbekannten Verfasser der Hasskommentare hat das Unternehmen Anzeige erstattet.
Rassismus-Kommentare unter Geiger Post: Das sagt die Staatsanwaltschaft
Die Kemptener Staatsanwaltschaft bestätigte am Mittwoch den Eingang der entsprechenden Dokumente. Nun würden die Inhalte auf strafrechtliche Relevanz geprüft und bei einem Anfangsverdacht Ermittlungen eingeleitet, an denen dann auch Dienststellen der Polizei beteiligt wären. „Jeder Einzelfall wird geprüft“, sagte ein Sprecher. Grundsätzlich seien – je nach Schwere des Straftatbestandes – Geldstrafen oder Freiheitsstrafen möglich.
IHK-Sprecher: "Das Unternehmen handelt absolut richtig"
Eine klare Ansage kommt derweil von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben: „Vergleichbare Fälle von rassistischen Kommentaren sind uns nicht bekannt. Das Unternehmen handelt absolut richtig, diese juristisch zu verfolgen“, sagt Wolfgang Haschner, Leiter im Geschäftsbereich Berufliche Bildung. „In unseren Betrieben geht es um Können und Ausbildung, aber um Gottes Willen nicht um Herkunft und Hautfarbe“, stellt er klar. Es gehe darum, „alle Potenziale zu nutzen“.
Begrüßt wird das juristische Vorgehen von Geiger vom Integrationsbeirat Oberallgäu: „Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein. Das müssen die Hetzer endlich begreifen“, sagt die Vorsitzende Miriam Duran.
Menschen mit Migrationshintergrund würden ihr immer wieder von Diskriminierung im Alltag berichten. „Im Gegensatz zu früher sind viele Betroffene nicht mehr bereit, das hinzunehmen. Sie wehren sich dagegen.“ Der Integrationsbeirat würde die Betroffenen unterstützen und sie über rechtliche Möglichkeiten aufklären.