Nicht alles was in der Bio- oder Restmülltonne landet, gehört auch dahin.
Bild: Jan Woitas, dpa
Nicht alles was in der Bio- oder Restmülltonne landet, gehört auch dahin.
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Bayern will bis 2040 klimaneutral werden. Manche Allgäuer Kommune hat sich sogar noch ehrgeizigere Ziele gesetzt. Um diese zu erreichen und in der Region nachhaltig etwas zu verändern, sind viele Aspekte wichtig. In unserer Serie „Der Klima-Check“ greifen wir jeden Samstag einen Gesichtspunkt auf, informieren über den Stand der Dinge – und zeigen auf, was noch getan werden muss. Im heutigen Teil geht es um die Müllmenge pro Kopf, die im Allgäu anfällt.
Wer hätte es gedacht: In Teilen des Allgäus wurde 2021 mehr Müll pro Kopf gesammelt als im bayernweiten, ja sogar im deutschlandweiten Durchschnitt.
Dabei hatten die Deutschen zuletzt schon einen Negativ-Rekord aufgestellt: 483 Kilo Abfall wurden durchschnittlich pro Kopf im Jahr 2021, dem aktuellsten Wert, eingesammelt. Ein Höchstwert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2004.
Das hat das Statistische Bundesamt berechnet und bekannt gegeben. Nicht besser wird die Statistik, wenn man das bayernweite Ergebnis betrachtet: Denn dort betrug die Menge an Hausmüll 2021 sogar 506 Kilo pro Einwohner. Und noch weniger gut sieht es aus, wenn der Blick in die Heimat fällt. Denn Teile des Allgäus hatten 2021 pro Kopf eine Müllmenge von 581,9 Kilo – und waren damit also deutlich über dem deutschen Durchschnitt. Das geht aus einer Analyse des Zweckverbandes für Abfallwirtschaft Kempten (ZAK) hervor. Der Verband ist für die Landkreise Oberallgäu und Lindau sowie die Stadt Kempten zuständig. Insgesamt betreut werden 48 Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von rund 310.000 Menschen.
Doch allein wegen dieser Zahlen nun zu resümieren, die Allgäuer würden mehr Müll produzieren als der Rest Bayerns, wäre falsch. ZAK-Sprecher Christian Leonhartsberger erklärt: Grundsätzlich trennen die Allgäuer „sehr vorbildlich“ und sammeln auch gut ihre Abfälle. Warum in den betroffenen Regionen mehr Müll gesammelt wurde, liegt unter anderem an ländlichen Strukturen, Kosten – und dem Tourismus. (Wie viel Wasserkraft geht noch im Allgäu? - Die Antwort lesen Sie hier)
Um das zu verstehen, hilft ein Blick in den Müll: Da sind beispielsweise die Grün- und Gartenabfälle. Waren es im bayerischen Durchschnitt 98 Kilo pro Einwohner, brachten die Allgäuer sogar 130 Kilo pro Kopf in die Wertstoffhöfe. Das liege wohl an den ländlichen Strukturen, vermutet Leonhartsberger. Aber auch daran, dass solche Abfälle im ZAK-Gebiet kostenlos abgegeben werden können. Das ist in anderen Regionen oder Landkreisen Bayerns nicht immer so, erklärt der Sprecher. Gleiches Spiel beim Altholz. Im ZAK-Gebiet waren es 2021 insgesamt 58 Kilo pro Einwohner. Bayernweit 26 Kilo. Die Gründe seien gleich wie bei den Gartenabfällen.
Ein wenig besser sieht es beim Restmüll aus. Denn immerhin bei diesem Abfall liegt der bayerische Durchschnitt 17 Kilo über dem Allgäuer Wert. Weil hierzulande sehr feingliedrig in verschiedene Müllarten getrennt werde, gebe es teilweise eine Verschiebung in den Sperrmüll, erklärt Leonhartsberger. Was die Allgäuer allerdings in ihre Restmülltonnen werfen, gehört nicht immer auch dort hinein (siehe Grafik). Der ZAK hat die Restmülltonnen seines Gebietes untersuchen lassen.
Festgestellt hat das Unternehmen dabei, dass pro Einwohner beispielsweise 9,2 Kilo Kunststoffverpackungen, also etwa Folien oder Hohlkörper, in der Tonne landen. „Die könnten über den Gelben Sack gesammelt werden“, sagt Leonhartsberger. Überrascht seien der Sprecher und eine ZAK-Abfallberaterin über den auffällig hohen Anteil an Hygienepapier (9,8 Kilo/Kopf) gewesen. Was mit dem Abfall aus dem Allgäu passiert, lesen Sie hier.
Es handle sich dabei überwiegend um Küchenrollenpapier. „Eine Alternative sind Schwammtücher aus Baumwolle oder Zellwolle“, erklärt Leonhartsberger – sie können mehrmals verwendet werden und sparen Müll. Ebenfalls nicht in die Restmülltonne gehören auch Küchenabfälle. Die sollten in die Biotonne, sagt Leonhartsberger. Auch Elektrogeräte wie Batterien oder ähnliches gehören nicht in den Restmüll – stattdessen sollten sie in Wertstoffhöfen abgegeben werden. Bei Textilien müsse man unterscheiden: Ist die Kleidung noch gut genug für die Altkleidersammlung? Wenn nicht, dann können beispielsweise alte Schuhe durchaus in die Tonne.
Und dann wäre da noch der Tourismus. Allein im ZAK-Gebiet werden laut dem Sprecher zwölf Millionen Übernachtungen pro Jahr gezählt. „Das entspricht nochmals etwa 30.000 Einwohnern.“ Das sind etwas weniger als die Hälfte der Einwohner Kemptens.
Für die Tourismusstadt Füssen heißt das allein im Jahr 2022 rund 78 Tonnen zusätzlichen Müll, der eingesammelt wurde, teilt eine Sprecherin des Bauhofs mit (2021: 71 Tonnen). Gerade in der Ferienzeit merke man deutlich, dass mehr Müll anfällt. Lösen lässt sich das durch Gastgeber allerdings kaum, sagt Stefan Fredlmeier, Direktor von Füssen Tourismus und Marketing (FTM). Gastgeber können nur vorleben, „nicht umerziehen“. Worauf aber geachtet werde, ist, in Betrieben Müll zu trennen und Gäste freundlich darauf hinzuweisen.
Doch Fredlmeier betont: Jeder Bürger ist gefragt. „Die Eigenverantwortung darf nicht zu kurz kommen.“ Die FTM beteilige sich jedes Jahr am „Clean-Up-Day“, bei dem Müll auch in Füssen gesammelt wird.