Rolf Grummel (51) lebt nun in Kempten. Seine Ehefrau wohnt noch im niedersächsischen Hameln, ihr Umzug ist aber schon geplant.
Bild: Ralf Lienert
Rolf Grummel (51) lebt nun in Kempten. Seine Ehefrau wohnt noch im niedersächsischen Hameln, ihr Umzug ist aber schon geplant.
Bild: Ralf Lienert
Herr Grummel, in Bewerbungen schreiben Menschen oft, sie seien „Teamplayer“. Mit welchen Erfahrungen aus einem Mannschaftssport empfehlen Sie sich für den Job bei der Allgäuer Zeitung?
Rolf Grummel: Ich war früher ein ganz guter Schwimmer in einem DLRG-Team und habe Fußball gespielt – und zwar Vorstopper. Die meiste Zeit sehr ehrgeizig und mäßig erfolgreich, aber immer mit viel Spaß.
Oh, Vorstopper. Auf der Position spielten doch immer diejenigen, die keine Angst vor einem Zweikampf hatten - und auch keine Technik.
Grummel: (lacht) Nun ja. Als es im Fußball noch Liberos gab, brauchte man Abräumer. Ab einer gewissen Spielklasse war es jedoch auch da erforderlich, Fußballverstand mitzubringen. Deshalb habe ich lieber aufgehört. Aber Fußball und Schwimmen sind wie alle Mannschaftssportarten ein guter Weg, um Menschen kennenzulernen.
Welchem Team drücken Sie beim Fußball heute die Daumen?
Grummel: Ich neige zu Traditionsvereinen und zu meiner Heimat, deshalb bin ich Fan des VfL Osnabrück. In den vergangenen Jahren war ich beruflich viel unterwegs und habe meine Termine oft so gelegt, dass ich den VfL bei Auswärtsspielen sehen konnte. Ich gehe immer mit Schal ins Stadion – nicht selten war ich der einzige Osnabrücker …
Tradition ist auch im Allgäu sehr wichtig, nicht nur beim Fußball.
Grummel: Ja, das habe ich gehört. Ich habe mir deshalb einige Bücher über das Allgäu besorgt, unter anderem Wörterbücher.
Wenn ich Ihnen als ein aus Westfalen Zugereister einen Tipp geben darf: Die Allgäuer Dialekte erschließen sich uns nur durchs Zuhören und Einfühlen.
Grummel: Da haben Sie sicher recht. Ich bleibe dann also bei Plattdeutsch.
Das ist auch eine schöne Form der Traditionswahrung. Was bedeutet Tradition für Sie?
Grummel: Tradition ist ein Grundpfeiler, an dem man sich orientiert. Sie gibt Halt und bietet Identifikation. Traditionen prägen Menschen und damit eine Region über Generationen. Es gehört deshalb zum Ankommen, dass man sich mit Traditionen, mit Sprache und mit Kulinarik auseinandersetzt. Ich sehe nach einigen Wochen im Allgäu auch schon Parallelen zu meiner Heimat: Die Menschen hier sind genauso stolz auf ihre Heimat wie die Niedersachsen. Und wenn man offen und freundlich auf sie zugeht, dann sind sie normalerweise offen, obwohl die Niedersachsen gemeinhin als ziemlich verschlossen gelten.
Nehmen Sie den Allgäuer Zeitungsverlag auch als verschlossen wahr?
Grummel: Nein, ganz im Gegenteil. Aber es ist ein sehr traditionsbewusstes Haus, und das passt zu der Region. Die Mediengruppe ist straff geführt und gut organisiert, es gibt eine große Zahl an motivierten und gut ausgebildeten Mitarbeitern. Sie verfügt über ein breites Portfolio, das sind gute Voraussetzungen, um das Haus in die Zukunft zu führen.
Welche Ziele haben Sie mit der Mediengruppe?
Grummel: Das Unternehmen muss wirtschaftlich immer so aufgestellt sein, dass es eine langfristige Perspektive in einer Branche hat, die einem starken Wandel unterworfen ist. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, das sicherzustellen – mit welchen Produkten und Dienstleistungen das neben dem Kernprodukt Tageszeitung geschieht und auf welchen Kanälen, das müssen wir gemeinsam entwickeln. Unabhängig von der Frage, auf welchen Kanälen wir die Menschen ansprechen, gilt aber: Die journalistische Qualität muss aufrechterhalten werden. Und wir müssen sehr offen sein für Neues.
Ein Schwerpunkt Ihrer vorherigen Tätigkeit war es, Zeitungshäuser stärker für digitale Themen und Angebote zu öffnen. Wird das so bleiben?
Grummel: Ja, auf jeden Fall. Wir müssen uns deshalb fragen, wie sich die Mediennutzung der Menschen im Allgäu verändert, wir müssen viel mehr über unsere Leser und User erfahren und diese Daten sinnvoll verwerten, um den Menschen weiterhin passende journalistische und publizistische Angebote zu machen. Und wir müssen ein relevanter Ansprechpartner für Unternehmen in der Region sein, entweder weil sie unsere Werbekunden sind oder werden sollen, oder weil wir sie mit digitalen Dienstleistungen versorgen können. In diesem Prozess sehe ich mich als Impulsgeber.
Was macht eine gute Zeitung aus?
Grummel: Ich bin ein Nachrichtenjunkie. Um permanent informiert zu sein, nutze ich ständig digitale Kanäle. Aber mein erster Gang am Morgen führt zum Briefkasten und damit zur gedruckten Zeitung. Dass die Allgäuer Zeitung gut ist, erkenne ich daran, dass ich mehr Zeit mit der Lektüre verbringe als früher mit den morgendlichen Tageszeitungen. Der überregionale Teil der AZ ist besser als jener der allermeisten Regionalzeitungen in Deutschland und braucht keinen Vergleich zu scheuen. Das Lokale ist jedoch unsere Kernkompetenz, deshalb lese ich die Zeitung von hinten nach vorn.
Passen Tradition und Digitalisierung in einem Zeitungshaus zusammen?
Grummel: Ja! Das passt auch gut zu meiner eigenen Geschichte: Ich habe bei der Neuen Osnabrücker Zeitung eine Ausbildung zum Verlagskaufmann gemacht und dabei noch den Satz mit Bleibuchstaben kennengelernt. Zeitungstechnik fasziniert mich, auch die sogenannte schwere Technik. Später war ich Anzeigen- und Verlagsleiter bei der Volksstimme in Magdeburg und bin anschließend der Liebe zu meiner heutigen Frau wegen wieder nach Niedersachsen gewechselt, in die Geschäftsführung der Deister- und Weserzeitung in Hameln. Dort habe ich unter anderem den Bereich der Digital-Dienstleistungen aufgebaut. Zuletzt habe ich für die Madsack-Mediengruppe technologisch anspruchsvolle Themen zentral für 13 Zeitungshäuser verantwortet. Ich kenne also die Verlagswelt schon lange, verstehe aber auch die digitale Welt. Beides passt sehr gut zusammen, erfordert aber eine Entwicklung – sowohl bei unseren Produkten als auch bei uns selber.
Sie sind auf digitalen Kanälen präsent, Ihr Instagram-Account wird aber von Ihrem Hund geführt. Warum?
Grummel: (lacht) Streng genommen erledige ich diese Aufgabe im Auftrag von Wilma, sie ist die Chefin. Ich möchte verstehen, wie Social-Media-Kanäle funktionieren, aber nicht zu viel Privates preisgeben. Deshalb habe ich Wilma gefragt, und sie hat nicht nein gesagt.
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