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Sein Herz schlägt für alte Dinge

Kempten

Sein Herz schlägt für alte Dinge

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    Kempten Auktionshaus
    Kempten Auktionshaus Foto: Ralf Lienert

    Der Opa hatte es gut gemeint und seinem 17-jährigen Enkel eine kunstvolle Bronzefigur, einen Bussard auf einem Sockel, geschenkt. Doch der Jugendliche brauchte eher etwas anderes: Geld – für den Führerschein. Da hatte sein Vater eine Idee. Die beiden zeigten Matthias Kühling vom Allgäuer Auktionshaus in Kempten die Bronzefigur, und der nahm sie nach intensiver Recherche in seine Auktion auf – für einen Limitpreis von 1500 Euro. Vater und Sohn staunten nicht schlecht. Doch es sollte noch besser kommen. Denn die kunstvolle Figur des Bildhauers Wilhelm Krieger (1877 – 1945) war begehrt. Allein 15 Telefonbieter wollten sie haben, und Kühling konnte dem Allgäuer Jugendlichen hinterher eine tolle Nachricht verkünden. „Ich habe ihm gesagt, dass sein Führerschein gesichert sei. Er könne sich wohl auch noch ein kleines Auto bestellen.“ Für sage und schreibe 17 500 Euro wechselte der Bronze-Bussard nämlich den Besitzer. Solche Überraschungen liebt Auktionator Matthias Kühling. „Sie machen das Geschäft spannend und schön“, sagt der 46-Jährige. Gut möglich, dass bei der 100. Auktion seines Hauses, das sein 25-jähriges Bestehen feiert, Ähnliches passiert. Immerhin versteigert Kühling vom 7. bis 9. November 3 200 Objekte, unter denen sich zahlreiche Schmuckstücke befinden (siehe auch Info-Kasten).

    Seit 2011 leitet Matthias Kühling als Geschäftsführer die Geschicke des Allgäuer Auktionshauses. Nach einer erfolgreichen Schreinerlehre stieg er 1992 in das Kunst- und Antiquitätengeschäft der Eltern Bernard und Erika Kühling ein. Mit Spanplatten und Kunststoffen hatte er sich während seiner Lehre viel beschäftigen müssen. Doch das taugte Matthias Kühling überhaupt nicht. „Ich fand es immer schöner, Altes zu erhalten und zu ergänzen.“

    Das konnte er im Betrieb seiner Eltern reichlich tun. Denn Anfang der 90er Jahre war die Hochphase der Bauernmöbel, sagt er. Schränke, Kommoden, Stühle galt es abzulaugen, zu schleifen, auszubessern, zu ergänzen – und zu verkaufen.

    Dann entschloss sich die Familie, einen Schritt weiter zu gehen: 1994 gründeten Bernard und Erika Kühling mit ihren Söhnen Matthias und Thomas das Allgäuer Auktionshaus Kühling, das sich auf die Versteigerung von Kunstgegenständen und Antiquitäten spezialisiert hat. Vier Mal im Jahr bieten die Kühlings seitdem Auktionen an, bei denen jeweils zwischen 2500 und 4000 Artikel versteigert werden. In der Regel wechselt über 80 Prozent der angebotenen Ware den Besitzer, sagt Matthias Kühling.

    Eine Auktion sei so etwas wie ein Erlebnis-Einkauf. „Sie bedeutet Nervenkitzel für den Käufer, weil er ja nie weiß, ob er das jeweilige Objekt auch wirklich bekommt.“ Andererseits: „Man kann auch Glück haben und ein Schnäppchen machen.“ Letzteres ist mitunter auch nach einer Auktion möglich: Stücke, die nicht versteigert werden konnten, können Interessierte danach zwei Wochen lang im Auktionshaus zum Listenpreis erwerben.

    Die Auktionsware stammt vielfach aus Wohnungsauflösungen und aus Erbschaften, von Sammlern und Galeristen. Jedes Objekt muss begutachtet und bewertet werden. Dazu ziehen die Kühlings auch externe Experten hinzu. Für eine Auktion werden die Objekte minuziös beschrieben, für den Katalog (Auflage: 2500 Exemplare) und den Internetauftritt fotografiert. „Jedes Stück habe ich im Schnitt 15 Mal in der Hand“, sagt Matthias Kühling. Zu seinem festen Team gehören seine Frau Simone, sein Bruder Thomas und fünf weitere Mitarbeiter. Durch Provisionen, die von Verkäufer und Käufer stammen, finanziert sich das Auktionshaus. Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle machen den Hauptumsatz aus, sagt Matthias Kühling. Früher standen auch Zinn-Artikel, Bierkrüge, Pfeifen und Teppiche hoch im Kurs. Sie spielen heute aber keine Rolle mehr.

    40 000 Kunden aus aller Welt sind beim Allgäuer Auktionshaus registriert. Bieter müssen nicht persönlich vor Ort sein; sie können ihre Gebote schriftlich, telefonisch oder auch online abgeben.

    Zahlreiche Überraschungen und Bieter-Duelle haben die Auktionatoren Matthias und Thomas Kühling schon erlebt. Legendär war 2014 die Versteigerung einer 33 Zentimeter großen Buddha-Figur aus Bronze, die mit 100 Euro startete und für 230000 Euro den Besitzer wechselte. Und im November 2015 startete eine tibetische Bronzefigurengruppe bei 60000 Euro und brachte dann 435 000 Euro ein.

    Vielleicht ist das ja ein gutes Omen für die 100. Auktion. Die Kühlings bieten nämlich wieder asiatische Kunst an: zwei Buddha-Figuren aus feuervergoldetem Kupfer für jeweils 20 000 Euro. Das könnte spannend werden ...

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