Eine Region im „Bimmel-Bann“: Das wünschen sich Tierfreunde, Naturschützer, Trachtler und Allgäu GmbH an Silvester. Statt Böllern soll zum Jahreswechsel ein eigentlich aus dem Sommer vertrauter Klang erschallen: Kuhglocken. Bereits vor zwei Jahren gab es während der Corona-Pandemie einen ersten Aufruf in den Sozialen Netzwerken, der tausendfach geteilt wurde. Tatsächlich war in einigen Gemeinden dann Kuhglocken-Geläut aus Häusern oder in Gärten an Silvester zu hören.
Im Vorjahr, als in Bayern und Baden–Württemberg der Verkauf von Feuerwerk verboten war, festigte sich die Aktion. Ob daraus ein neuer Kult entwächst, wird sich zeigen. „Den Klang der Schellen und Glocken nicht nur am Viehscheid, sondern auch in der kalten Silvesternacht zu hören, hat für viele einen ganz besonderen Reiz“, schrieb beispielsweise Vorplattler Christoph Zweng vor Kurzem an die Mitglieder im Allgäuer Gauverband der Gebirgstrachten- und Heimatvereine. „Man könnte fast behaupten, es ist eine neue, schöne Tradition entstanden, welche sich vielleicht ja auch über das Allgäu hinaus auf den gesamten bayrischen Alpenraum ausbreiten könnte“.
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Die Marktgemeinde Oberstdorf bot dazu einen besonderen Service: Dort hatten Einheimische und Urlauber die Möglichkeit, im Oberstdorf Haus sowie am 31. Dezember auch an der Tourist-Information am Bahnhofsplatz kostenlos eine kleine Schelle zu erhalten und sich an der Aktion zu beteiligen. Doch die Kuhschellen sind mittlerweile alle vergriffen, teilt das Tourismusbüro Oberstdorf mit (Stand 30. Dezember). „Mit Schellen das neue Jahr zu begrüßen ist ein Bekenntnis zur Region, sagt Simone Zehnpfennig, Sprecherin der Allgäu GmbH, die unter dem Motto „’s Allgäu schealled“ zur Teilnahme an der Aktion aufruft. „Es ist ein Beitrag zum Schutz der Tierwelt und spart zudem eine Menge Feinstaub, Müll und vielleicht auch den einen oder anderen Einsatz von Rettungsdiensten.“
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Wie Raketen, Knallerei und Böller die Kommunen auf Trab halten, zeigen Zahlen aus Oberstdorf. Demnach wurden jährlich nach Silvester 1,5 Tonnen reiner Feuerwerksmüll gesammelt und entsorgt. Das bedeutete 55 Stunden Personaleinsatz, 17,5 Stunden Fahrzeugeinsatz und Kosten von 3000 Euro. In Städten wie Kempten oder Memmingen dürfte der Aufwand noch deutlich größer sein. Dazu kommen die Überreste, die in der Natur verbleiben, oder der Schrecken, den die Knallerei laut Tierschützern bei Wild- und Haustieren auslöst. In Oberstdorf ruft die Gemeinde deshalb dazu auf, aufs Böllern zu verzichten. Stattdessen gibt es eine Licht- und Lasershow, die Besucher mit ihren Schellen „befeuern“ können. Schellen kommen einer alten Tradition folgend auch im Schweizer Kanton Appenzell zum Jahreswechsel zum Einsatz. „Silvesterchlausen“ ziehen von Haus zu Haus.