Wenn das Kinderzimmer einer Elfjährigen mit Pokalen für vier bayerische Meistertitel im Tischtennis geschmückt ist, ist die Bezeichnung Top-Talent wohl nicht zu weit hergeholt. Zoe-Loreen Sommer nimmt an diesem Wochenende an ihrer ersten deutschen Meisterschaft in Schwarzenbek bei Hamburg teil – und zwar in der Leistungsklasse C.
Tischtennis beansprucht viel Zeit
Die Oberstdorferin, die schon seit ihrem vierten Lebensjahr an der Platte steht, besucht aktuell die fünfte Klasse des örtlichen Gymnasiums. Bei der Frage nach Beschäftigungen außer Tischtennis und Schule gerät Zoe-Loreen etwas ins Grübeln. „Da sieht man eben, wie viel Zeit der Sport tatsächlich beansprucht“, schmunzelt ihr Vater und Trainer Ralf Sommer. Mit Minigolf, Skifahren und dem Spielen mit ihren Katzen fallen ihr allerdings doch noch reichlich Hobbys ein.
Vor sieben Jahren stand Zoe-Loreen im Training der DJK Seifriedsberg zum ersten Mal an einer Tischtennisplatte. Nur ein Jahr später wechselte sie zu ihrem Heimatverein, dem TSV Oberstdorf. „Als ich gemerkt habe, dass ihr das wirklich Spaß macht, wollten wir zum TSV wechseln. Hier waren allerdings die Trainingszeiten problematisch, die für kleine Kinder schlichtweg zu spät waren“, sagt Ralf Sommer. Aufgrund dessen machte sich der 47-Jährige das Jugendtraining zur eigenen Aufgabe: „Ich habe beim Verein angefragt, ob ich mit meiner Tochter und ein paar ihrer Freundinnen schon früher in die Halle darf. Zu Beginn haben wir nur ein paar Mal pro Woche trainiert, dann nahm das Ganze eine rasante Entwicklung.“ Auf Turnierebene sammelte Zoe-Loreen 2019 ihre ersten Erfahrungen. Damals belegte sie bei einer „Mini-Meisterschaft“, einem Anfängerturnier, den zweiten Platz. Auf diese geglückte Premiere folgten viele weitere Erfolge (siehe Übersicht am Seitenende).
Ohne Fleiß kein Preis
Ab der kommenden Saison wird Zoe-Loreen gleich für drei Mannschaften des TSV Oberstdorf an den Start gehen. Neben dem ersten Jugend- und Frauenteam wird sie an der Seite ihres Vaters auch für die „Erste“ der Männer antreten. „Das ist für mich das Allergrößte. Davon habe ich immer geträumt, dass es allerdings so schnell klappt, hätte ich nie gedacht. Ich freue mich wahnsinnig auf unsere gemeinsamen Spiele“, sagt Ralf Sommer. Diese Chance hat sich Zoe-Loreen durch viel hartes Training erarbeitet. Neben sechs wöchentlichen Trainingseinheiten beim TSV Oberstdorf steht dienstags das Training beim Stützpunkt in Thannhausen auf dem Plan. Einmal pro Monat verbringt das Vater-Tochter-Gespann außerdem ein Wochenende in Steinheim an der Murr bei Stuttgart, wo sie zehn Stunden Training bei der früheren ungarischen Spitzenspielerin Szilvia Kahn absolviert. „Davon profitiere ich enorm. Das Training hat mir einen richtigen Schub gegeben“, sagt Zoe-Loreen. Und Vater Ralf sagt: „Von ihr habe ich 95 Prozent meines Tischtennis-Wissens. Szilvia hat schon viele Spieler/innen in die Weltspitze geführt. Ich würde sagen, sie ist das Geheimnis unseres Erfolgs.“
Athletisch ist Zoe-Loreen "ganz vorn dabei"
Doch damit nicht genug. Auch privat geben die beiden alles für den Tischtennis-Erfolg. „An der Spitze kommt es vor allem auf die Athletik an. Zu Hause legen wir den Fokus auf Kraft- und Ausdauertraining“, sagt der Vater. In diesem Bereich sieht er auch die größten Stärken seiner Tochter: „In Sachen Athletik ist Zoe-Loreen deutschlandweit in ihrem Alter ganz vorn dabei. Wenn sie den Ball schlägt, kommt er mit doppelt soviel Wumms wie bei den anderen“. Außerdem treffe sie im Spiel sehr kluge Entscheidungen.
"Ich freue mich auf die deutsche Meisterschaft"
Eine solch erfolgreiche Entwicklung hätte Sommer trotz des enormen Aufwands nicht für möglich gehalten: „Hätte mir jemand gesagt, dass meine Tochter mit elf Jahren bayerische Frauenmeisterin ist, hätte ich gesagt: Niemals, kann nicht sein! Ich werde jeden Tag aufs Neue überrascht, aber immer nur positiv. Das ist das Schöne!“
Trotz des großen zeitlichen Aufwands bereitet Zoe-Loreen ihr Sport vor allem Vergnügen: „Die Erfolge machen dabei am meisten Spaß und motivieren mich auch immer weiter. Außerdem verbringe ich auf den Turnieren und Wettkämpfen viel Zeit mit Freunden, die ich erst durch das Tischtennis kennengelernt habe.“ Ihre schönste Erinnerung hat sie an den diesjährigen Deutschland-Cup, als sie mit dem Bayernkader, für den sie seit Januar nominiert ist, den Sieg holte. Hier blieb die Elfjährige sogar über das gesamte Turnier ungeschlagen. Ein weiteres tolles Erlebnis seien die Sichtungen bei der Nationalmannschaft gewesen. Auch von einem Treffen mit den deutschen Tischtennis-Größen Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov erzählt sie voller Begeisterung: „Die beiden waren sehr freundlich und haben sich viel Zeit genommen. Dimitrij hat mit uns sogar ein Video für seine sozialen Medien gedreht.“ In den nächsten Wochen geht es für das Allgäuer „Wunderkind“ spannend weiter: „Aktuell freue ich mich auf die deutsche Meisterschaft. Mein Ziel ist es, als Gruppenerste oder -zweite die Hauptrunde zu erreichen.“ Und nur kurz darauf folgt der nächste Höhepunkt: Zum ersten Mal überhaupt spielt Zoe-Loreen in Ungarn um Weltranglistenpunkte.
Erfolge im Überblick:
- 2019 Platz zehn in der bayerischen Jugend-Rangliste U11, Platz neun bei internationalem Turnier in Düsseldorf
- 2020 Platz vier in der bayerischen Jugend-Rangliste U11
- 2021 Platz zwei bei internationalem Turnier in Linz, Sieg bei deutschem Jugendturnier in Düsseldorf
- 2022 Sieg beim Deutschland-Cup mit dem Bayernkader, bayerische Meisterin im Jahrgang sowie mit der Mannschaft U 13, bei den Damen und im Mixed der Erwachsenen