Karl Heinz Giegerich sitzt beim Gesprächstermin auf der Terrasse eines Hotels in Oberstaufen. Das Bergpanorama hinterlässt einen grandiosen Eindruck. Während der Allgäuer Kreisvorsitzende des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) seinen Blick schweifen lässt, erzählt er eine Anekdote über den Amateursport und die Gesellschaft.
Vor Jahrzehnten, als das Hotel im Familienbesitz noch in den Anfängen steckte, hatte das damalige Ausflugscafé entgegen der allgemeinen Erwartungshaltung am Freitagmittag oder am Samstag Ruhetag. Grund: Die Söhne spielten im Verein und die Familie war auf dem Fußballplatz. Beruf und Hobby so zu vereinbaren – gerade in diesem Wirtschaftszweig schon längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Giegerich, der im unterfränkischen Aschaffenburg geboren wurde, kennt viele solcher Geschichten und weiß aufgrund seiner langjährigen Erfahrung im Amateursport auch, welche Lebenslinien und Menschen dahinter stecken.
Über Aschaffenburg und Würzburg ins Alllgäu
Neben seinen ehrenamtlichen Posten beim Fußball-Verband ist der 63-Jährige Rektor der Mittelschule Lindenberg. In seiner schulischen Karriere wurde der Grundstein zu seiner Funktionärslaufbahn im Fußball gelegt. Selber aktiv war der „Allgäuer Unterfranke“ in der Schülermannschaft der SpVgg Niedernberg am Main, seine beste Fußballerzeit hatte er als Spieler der DJK Aschaffenburg und der DJK Würzburg. Nach dem ersten Staatsexamen wurde der Lehrer in den südlichsten Winkel des Freistaats versetzt. Er zog ins Allgäu, heiratete, gründete eine Familie und blieb dem Fußball im Verein und später im Verband treu.
Rückblickend ist der 63-Jährige davon überzeugt, dass ohne seine Frau Petra das Hobby Fußball in seinen verschiedenen Ausprägungen nicht möglich gewesen wäre: „Sie hat alles mitgetragen und mich immer unterstützt.“ Auch die beiden Söhne sind aktive Fußballer und bringen sich im Vorstand des TSV Oberstaufen ein.
Von den zahlreichen Facetten des Fußballs kennt Giegerich viele. Beim TSV Oberstaufen war er fast zehn Jahre Jugendtrainer und dann Jugendleiter, 2002 wurde er zum Jugend-Spielgruppenleiter gewählt. 2005 absolvierte er die Schiedsrichter-Ausbildung. Dementsprechend war er gut vorbereitet, als er 2010 das Amt des Kreis-Jugendleiters im Allgäu übernahm, das er acht Jahre innehatte. In diese Zeit fällt auch seine Tätigkeit als Beisitzer im Verbandsjugendausschuss, wo er für Schulungen und Referentenausbildung zuständig war.
Karl Heinz Giegerich ist seit 2018 Kreisvorsitzender im Allgäu
2018 wurde Giegerich zum Kreisvorsitzenden gewählt, beim Kreistag am Sonntag in Hawangen steht er wieder zur Wahl – zum zweiten und letzten Mal. Dem Kreisvorsitzenden gefällt die „interessante und reizvolle“ Aufgabe. Dazu kommt, dass er von seinem Team, das größtenteils zusammenbleibt, überzeugt ist. „Ich kann mich auf meine Mitarbeiter verlassen, die Kommunikation ist super“, sagt der Oberstaufner. „Ich habe hervorragende Leute kennengelernt, die nicht nur als Funktionäre, sondern auch im Beruf erfolgreich sind“, sagt Giegerich. „Das Ehrenamt ist persönlichkeitsbildend, hat mir durch viele Erfahrungen im organisatorischen Bereich – in der Vorbereitung von Tagungen und Konferenzen – auch in beruflicher Hinsicht weitergeholfen und vor allem habe ich Freundschaften geschlossen.“
Allgäuer Vereine treffen sich zum Kreistag im Allgäu
Trotz der „Randlage“ seines Wohnorts im westlichen Oberallgäu sieht Giegerich die repräsentativen Aufgaben, die bei Jubiläumsfeiern über das Jahr verteilt im ganzen Allgäu anstehen, nicht als Belastung an. Er hat in vier Jahren Arbeit als Kreisvorsitzender gelernt, wie wichtig es ist, überall zuverlässige Leute zu haben. In diesem Zusammenhang lobt er die Allgäuer Schiedsrichter-Gruppen, die Anliegen weitertragen und Kontakte herstellen.
Ziel nach Corona: WIeder Konstanz in den Spielbetrieb bringen
Als dringlichste Aufgaben des BFV nennt der Oberstaufner zwei Dinge. „Gerade mit und auch nach Corona müssen wir Leute auf allen Ebenen des Fußballs bei der Stange halten und wieder Konstanz in den Spielbetrieb bringen.“ Selber genießt er es wie viele andere Allgäuer Fußball-Fans, wieder Spiele auf den Plätzen in der Region zu verfolgen. „Lokalderbys wie Kempten gegen Sonthofen oder Immenstadt gegen Rettenberg sind mir lieber als Champions-League-Spiele im Fernsehen“, sagt Giegerich.