Das schönste Geburtstagsgeschenk hat sich Niklas Stechele selbst gemacht: Fünf Tage nach seinem 23. Geburtstag wurde er U23-Europameister im Ringen. Und damit trat der Westendorfer eine weitere Lawine von Geschenken und Einladungen los: Denn die gab es nach seinem Titelgewinn vom Bayerischen Ringer-Verband, Landtagsabgeordneten aus der Region und natürlich seinem Heimatverein TSV Westendorf – unter anderem ein Ticket für das Champions League-Spiel des FC Bayern München gegen Manchester City.
Niklas Stechele holt sich den Titel bei der U23-EM
Aber auch nachträglich hatte Stechele die Nase vorn: Durch seine starke Leistung bei der U23-EM in Bukarest sei er „zu 98 Prozent für die Europameisterschaft der Senioren nominiert“, berichtet Stechele. Das Team für die Titelkämpfe vom 17. bis 23. April in Zagreb stehe schon fest – allerdings noch nicht offiziell, schränkt er ein. Damit hat das Jahr für den Studenten schon jetzt sehr gut angefangen: zuerst der Einzug mit dem SC Kleinostheim in das Halbfinale der Playoffs in der Ringerbundesliga. „Nächste Saison bin ich auch dort, ich habe meinen Vertrag verlängert“, erklärt Stechele. Dann folgte die unerwartete Goldmedaille in Rumänien – es ist erst die zweite für den Deutschen Ringer Bund bei einer U23-EM. Dementsprechend fielen auch die Lobeshymnen auf Stechele aus – aus der deutschen Ringerfamilie, aus Kleinostheim und natürlich Westendorf.
Die Ringer-Familie Stechele ist dem TSV Westendorf eng verbunden
Dort hat Stechele beim TSV von den Jungfüchsen bis zu den Senioren in allen Teams gerungen. „In der Ersten Mannschaft schon als 14-Jähriger“, berichtet Vorsitzender Robert Zech. Nun hat Stechele seinen Onkel als bislang erfolgreichsten Athleten des Vereins abgelöst: Jürgen Stechele war das als Polizei-Europameister gewesen – und freut sich nun ungemein über den Erfolg seines Neffen. Ohnehin zählen die Stecheles zu den Familiendynastien im ringverrückten Westendorf: Vater Jürgen war als Aktiver und Trainer ebenso erfolgreich wie Onkel Jürgen und Bruder Markus. „Ringen war so ein Familiending. Ich habe schon mit meinem Bruder zuhause gerungen, als wir noch nicht im Verein gewesen waren. Mit meinem Vater als Trainer wurde ich dann Mannschaftsmeister mit den Schülern“, erzählt Niklas Stechele. Dabei waren Vater und Onkel auch keine Hypothek, sondern Motivation: „Ich habe zu ihnen aufgeschaut.“
Niklas Stechele ringt für Bundesligist Kleinostheim
Dennoch zog es ihn weg: Das kleine Westendorf ist zwar eine Hochburg und bayerischer Ringer-Stützpunkt, aber die Bundesliga und der Nationalkader sind eben woanders. So kämpft Stechele seit 2020 für den SC Kleinostheim – hält sich aber nur während der Saison in Unterfranken auf, obwohl er den Dialekt „meist verstehe“, sagt er lachend.
Denn sein Lebensmittelpunkt ist Heidelberg: Dort studiert er Betriebswirtschaft und trainiert am Olympiastützpunkt zusammen mit Kaderathleten und Sportsoldaten. Dazwischen kommt er immer wieder nach Westendorf und trainiert dann mit der Ersten Mannschaft oder schaut mal bei den Kids vorbei – über 60 Nachwuchsathleten hat der TSV.
Mit Chris Kraemer ging ein weiterer Westendorfer in die Bundesliga
Und manchmal trifft er ja auch einen Westendorfer in der Bundesliga: Christopher Kraemer, der inzwischen beim Wacker Burghausen ringt und jüngst mit dem zweiten Platz bei den Thor Masters für Aufsehen sorgte. „Er hat sich auch für mich gefreut. Wir sind gut befreundet, aber im Kampf Kontrahenten“, erklärt Stechele. Wobei die beiden nicht direkt aufeinandertreffen können: Stechele ringt bis 57 Kilo im Freistil, Kraemer bis 60 Kilo im Griechisch-römischen Stil. Vielleicht sehen sich die beiden nach ihren Leistungen bald an der Matte wieder.
Denn im Sommer stehen einige Turniere und die DM für die deutschen Kaderathleten an – und im Herbst die Junioren-Weltmeisterschaft. „Mein Ziel ist es, daran teilzunehmen.“ Und dann, ja dann ist vielleicht alles möglich, hofft Stechele: „Ich traue mir einiges zu: Der Himmel ist offen.“