Wie geht es mit einem der traditionsreichsten Standorte im deutschen Eishockey weiter? Diese Frage stellen sich viele in der Szene, seit der EV Füssen vor wenigen Wochen in einem Interview mit der Allgäuer Zeitung seine großen finanziellen Probleme publik machte. Von einem Loch im Etat von 150.000 Euro war dabei die Rede gewesen. Grund genug, beim stellvertretenden Vorsitzenden Thomas Zellhuber und Club-Mananger Rainer Nittel nachzufragen, was sich in den Wochen getan hat, seit der Verein mit den durch die Corona-Pandemie verursachten Einnahmeausfällen an die Öffentlichkeit gegangen ist?
Der EV Füssen kämpft um seine Existenz: Das sagen die Verantwortlichen
Was die beiden vermelden können, klingt zunächst einmal auch sehr positiv. „Vorstand und Wirtschaftsbeirat sind mit gutem Beispiel vorangegangen und haben mit Spenden in Höhe von 15.000 Euro den Anfang gemacht“, sagt Thomas Zellhuber. Noch ein wenig stolzer und dankbarer aber macht ihn die Tatsache, dass durch die bundesweite Resonanz des Hilferufs weitere 10.000 Euro an Spenden eingenommen wurden. „Das gibt uns Mut und Kraft, die nächsten Wochen überzeugt anzugehen“, sagt Zellhuber.
Spenden und Ausgabenkürzungen retten den EV Füssen zumindest über den Januar
Vereinsangaben zufolge ist es außerdem gelungen, die Ausgaben bis Saisonende um über 40.000 Euro zu kürzen. Dazu beigetragen hat unter anderem das vorzeitige Vertragsende des russischen Stürmers Andrei Taratukhin. Aber es folgten auch weitere Einschnitte bei Material- und Reisekosten.
Jedoch reicht das Nittel und Zellhuber zufolge bei weitem nicht aus, um den Fortbestand des Vereins zu sichern: „Allein über die Ausgabenseite werden wir es nicht schaffen, den Verein zu retten.“

Eishockey-Oberliga: Der EV Füssen muss sich corona-bedingt von Mitarbeitern trennen
Die größte Herausforderung sei, kurzfristig Kosten so einzusparen, dass der Verein handlungsfähig bleibe. Dafür nötig sei ein gewisses Grundgerüst an Mitarbeitern in allen Bereichen. „Möglicherweise müssen wir uns eine gewisse Zeit aber von ambitionierten Zielen wie dem Erreichen des fünften Sterns im Nachwuchs verabschieden und uns auf wesentlichere Aufgaben konzentrieren“, sagen Zellhuber und Nittel. Dies habe zur Folge, dass sich der EVF auch von weiteren Mitarbeitern trennen werde müssen.
Ein Beispiel: Allein die Bus- und Schiedsrichterkosten für die weitere Saison belaufen sich auf 47.000 Euro. „Wenn es so weitergeht, schaffen wir den Januar, alles andere wird die Zeit zeigen“, sagt Zellhuber.
Noch ist nicht klar, ob die Eishockey-Oberliga 2022 Staatshilfen bekommen wird
Weiterhin sind durch die Corona-Pandemie verursachte Einnahmeausfälle bei den Heimspielen der ersten Mannschaft das große Sorgenkind. Dabei geht es um weniger verkaufte Tickets, Fanartikel und Mindereinnahmen in der Gastronomie. Großes Problem: Konnte der EV Füssen in der vergangenen Saison noch frühzeitig und sicher mit staatlichen Hilfen rechnen, ist die Situation in diesem Jahr viel schwieriger. „Trotz aller politischen Ankündigungen gibt es aktuell weder einen Beschluss noch eine Zusage, ob und wann es öffentliche Mittel geben wird“, sagen Zellhuber und Nittel. Der Verein stehe in permanenten Austausch mit der Politik sowie dem Bundesverwaltungsamt, das bislang für Hilfszahlungen an den Profisport zuständig war.
Jedoch haben die Verantwortlichen große Sorgenfalten auf der Stirn: „Es gibt im Bundeshaushalt aktuell weder einen Haushaltstitel für den Profisport, noch ist sicher, ob die Eishockey-Oberliga überhaupt als Profisport weiterhin anerkannt bleibt.“ Trotz bislang schuldenfreier Bilanz droht dem EVF damit bis Saisonende weiterhin die Zahlungsunfähigkeit.
Auf diese Weise sollen Fans den EV Füssen unterstützen
„Wir müssen die Realität akzeptieren und uns zum Schutz unserer Mitglieder auf das Schlimmste einstellen“, sagt Zellhuber. Im Kampf um die Zukunft setzen er und seine Mitstreiter jetzt weiter auf jene Solidarität, wie sie sich bereits in den vergangenen Wochen seit Erscheinen des Hilferufs in der Allgäuer Zeitung gezeigt habe. Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei weiterhin den Heimspielen zu. Nachdem der EVF phasenweise im Dezember Einnahmenverluste von bis zu 10.000 Euro pro Heimspiel zu verzeichnen hatte, konnte der Verein inzwischen wieder wachsende Zuschauerzahlen verzeichnen. So hoffen Spieler und Vereinsführung, dass trotz der bekannten Einschränkungen auch die nächsten Spiele am Kobelhang „ausverkauft“ sind, sprich rund 360 Fans ins Stadion kommen. „Wer Bedenken hat, ins heimische Stadion zu gehen, kann die Spiele auch über Sprade.tv buchen, denn auch hier geht ein Teil der Einnahmen an den EVF“, sagt Club-Manager Rainer Nittel.
Aber auch über die Spiele hinaus gebe es Möglichkeiten: So können Fans aktuell das handsignierte Trikot vom scheidenden Stürmer Andrei Taratukhin auf Ebay ersteigern. Oder gebrauchte Ausrüstungsteile, wie Schläger, Helme oder Hosen über die Betreuer der 1. Mannschaft zu erwerben. „Darüber hinaus sind wir mit den Verantwortlichen des Bundesstützpunkts in Gesprächen und lassen prüfen, inwieweit der Verein samstagsabends in der Halle 1 einen öffentlichen Diskolauf organisieren darf“, sagt Nittel. Und Zellhuber ergänzt: „Wir kämpfen gemeinsam an allen Fronten und hoffen, genügend Mitstreiter zu finden.“