Es sind es nur wenige Zaungäste, die sich am Montagabend im Zentrum von Kranjska Gora von wummernden Bässen und einer grellen Lichtshow haben anziehen lassen. Der Einmarsch aller 66 Nationen wird geübt, auch der des Libanon und anderer skisportlerischer Zwergstaaten. Was den Regisseur sichtlich unruhig macht.
Noch ein bisschen slowenische Folklore, hopp, hopp – und dann soll bitte schnell jemand in die Rolle von Weltskiverbandspräsident Johan Eliasch schlüpfen, der die 54.
offiziell eröffnet. Ob der junge Tontechniker, der ans Mikro tritt, überhaupt weiß, wer und wie umstritten Eliasch momentan ist, ließ sich nicht herausfinden. Zur Belustigung der wenigen Zuschauer nuschelte er jedenfalls nur zwei, drei Sätze. Erst ein „Welcome“, dann irgendein slowenisches Kauderwelsch, später ein „Talk, talk, talk“, die internationale Form von „Bla-bla-bla“ oder „Eins-zwei-Test“.Nordische Ski-WM 2023 in Planica wird am Dienstag eröffnet
Die Rede des echten Fis-Präsidenten am Dienstag bei der echten Eröffnungsfeier war nur unwesentlich gehaltvoller. Aber klar, solch eine Zeremonie ist nun wahrlich nicht die Bühne für ernsthafte Einlassungen zur Zukunft des Skisports in Zeiten des Klimawandels. Immerhin haben sie hier in Slowenien kein wirkliches Schneeproblem. Im Nordic Zentrum, acht Kilometer östlich von Kranjska Gora, ist alles schön weiß, nur ganz oben an den steilen Felsen des Naturparks Triglav („dreiköpfig“) hat die slowenische Frühlingssonne schon am Weiß geknabbert.
Untertags ist es vor allem im Tal der Schanzen, das auf 870 Metern Höhe liegt, mit zehn Grad plus schon angenehm warm. Doch schon am frühen Nachmittag wird es schnell schattig – und nachts zapfig kalt. Was uns zu den Sportlerinnen und Sportlern führt, die nichts mehr scheuen als warme Temperaturen und matschigen Schnee.
Auch wenn es in Planica noch nie eine Nordische Ski-WM gab, so kennen alle deutschen Spezialspringer, Kombinierer und Langläufer die Wettkampfstätten. Hier herrscht die weltweit größte Dichte an Schanzenanlagen, weil – anders als beispielsweise in Oberstdorf – neben den Nachwuchsschanzen und der Normal- und Großschanze auch noch die imposante Skiflugrampe Letalnica thront. Auf ihr wird in den nächsten zwölf Tagen nicht geflogen, erst wieder zum Saisonfinale Anfang April.
Skisprung-Schanzen in Planica seien speziell
Auf den kleineren Schanzen daneben, der HS 100 und der HS 138 (benannt nach der sogenannten Hill-Size, das ist die Distanz zwischen Schanzentisch und Ende des Landebereichs), herrschte im Sommer und in den ersten Wintermonaten großer Andrang. Alle Nationen wollten hier trainieren. Auch die Deutschen. Egal, ob Karl Geiger, Katharina Althaus oder Julian Schmid – alle haben ihrer Vorfreude auf die WM Ausdruck verliehen – aber auch jedes Mal betont, dass die Schanzen etwas speziell seien.
„Man kommt sehr hoch raus und fällt dann etwas runter“, sagt Karl Geiger – das werde „eine große Challenge“. Aufgrund seiner letzten Resultate im Weltcup zählt der 30-Jährige vom Skiclub Oberstdorf, der bei der Heim-WM vor zwei Jahren in allen vier Wettbewerben eine Medaille abstaubte (zweimal Gold, je einmal Silber und Bronze) auch in Planica zum erweiterten Favoritenkreis. Ähnliches gilt für Katharina Althaus, die den Zweikampf mit der Österreicherin Eva Pinkelnig im Weltcup auch auf den WM-Schanzen selbstbewusst angeht: „Ich will Spaß haben und möglichst locker bleiben“, sagt die 26-Jährige, der in ihrer reichhaltigen Titelsammlung noch ein WM-Einzeltitel fehlt. Mit dem Mixed-Team geht Althaus als Titelverteidigerin an den Start.
Nordische Kombinierer wollen in Slowenien vorne mitmischen
In der Weltelite mitmischen wollen auch die Kombinierer. Vinzenz Geiger als Olympiasieger und Julian Schmid als Zweiter des Gesamtweltcups wollen in Planica auf Medaillenjagd gehen. Das neue Loipennetz müsste ihnen auf den Leib geschneidert sein. Und bei den Langläuferinnen und Langläufern? Da wird es bei der Dominanz der Skandinavier nur um Achtungserfolge sowie Top-Ten-Platzierungen gehen. Es sei denn, beim Sprint-Team Henning/Carl wird nach Olympia erneut die „Pfanne heiß“.
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