Skispringerin Selina Freitag hat aufhorchen lassen in den ersten Tagen des neuen Jahres. Nicht nur sportlich mit weiten Sätzen von der Schanze. Diese haben zuletzt zum Beispiel dazu geführt, dass die 23-Jährige aus dem Erzbegebirge, die in Fischen lebt, am vergangenen Wochenende bei den beiden Weltcupspringen auf der großen Schanze im japanischen Olympia-Ort Sapporo jeweils beste Deutsche war.
Für Schlagzeilen hat aber auch die Prämie gesorgt, die Freitag für ihren Quali-Sieg beim Springen der Two-Nights-Tour in Garmisch-Partenkirchen bekommen hat. Es waren nämlich nicht die bei den Männern üblichen 3000 Schweizer Franken, sondern ein profanes Set zur Körperpflege.
Selina Freitag nimmt „Shampoo-Vorfall“ mit Humor
Nun ist bekannt, dass deutsche Fußballerinnen tief im vorigen Jahrhundert schon mal ein Kaffeeservice als Belohnung für Titel erhielten, doch schienen diese Zeiten eigentlich vorbei – oder wie es Horst Hüttel, Sportdirektor nordisch im Deutschen Skiverband (DSV) ausdrückte: „Dann doch vielleicht lieber gar nichts.“ Selina Freitag jedenfalls nahm den „Shampoo-Vorfall“ mit Humor: „Also, das war so ein Duschpack der Marke Rituals für Männer und Frauen, eher so ein Geschenkpaket, das man mal so zu Weihnachten schenkt“, sagte die derzeit Dritte im Gesamtweltcup kürzlich auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung.
Unmittelbar nach dem Springen auf der Olympiaschanze in Garmisch hatte Freitag in der ARD wissen lassen: „Bei den Männern gibt es für einen Sieg in der Quali 3000 Franken. Ich habe hier einen Bag mit Duschgel, Shampoo und vier Handtüchern bekommen.“ „Groß darüber meckern“ wolle sie eigentlich nicht, „aber da sieht man die Unterschiede“.
„Tausende haben die Arena verlassen, wir haben uns im Auto gedacht: falsche Richtung!“
Selina Freitag, über das Springen in Garmisch.
Was damals am Silvestertag noch ein großer Unterschied war: Als die Qualifikation für das Neujahrsspringen der Männer beendet war, verließ die große Mehrheit der Besucher das Stadion. Von 10.000 sind nur 3000 geblieben, um den Frauen-Wettkampf zu verfolgen. „Das ist natürlich schade. Wir sind an die Schanze gefahren, und die Fans kommen uns entgegen. Tausende haben die Arena verlassen, wir haben uns im Auto gedacht: falsche Richtung!“, sagte Freitag der SZ. „Wir hätten natürlich auch lieber eine volle Hütte wie bei den Männern. Man muss allerdings auch sagen, dass sich viel getan hat: Wir Frauen springen inzwischen auch große Weiten.“
Selina Freitag: Beim Skifliegen nicht weit weg von den Männern“
Das Skifliegen in Oberstdorf jedoch am kommenden Wochenende verfolgen sie erneut nur aus großer Distanz im japanischen Zao, wo zwei weitere Frauenspringen auf dem Weltcup-Programm stehen. Da nutzt es auch wenig, dass die Siegerin von Garmisch, Nika Prevc aus Slowenien, besser war als der Männer-Zehnte Andreas Wellinger. Selina Freitag hat erkannt: „Der Schanzenrekord bei den Frauen in Garmisch lag letztes Jahr noch bei 133 Metern – und dann springt die Nika dort 143 Meter. Daran sieht man, dass sich der Damensport gut entwickelt.
Beim Skifliegen sind wir nicht weit weg von den Männern. Das hat mit unserem Körper zu tun, weil wir kleiner und leichter sind, fliegen wir besser.“ Direkte Vergleiche allerdings seien schwierig. „Man muss auch vorsichtig sein. Im Fliegen haben wir theoretisch Vorteile, aber die Männer sind in der Anfahrt schneller und dynamischer. Zudem haben sie mehr Kraft und mehr Kantendruck beim Absprung. Deswegen starten wir meist etwa zehn Luken weiter oben als die Männer. Aber ja, es gibt im Skispringen Vorteile als Frau“, erklärt Freitag gegenüber der SZ.
Vierschanzentournee für Frauen fehlt weiter
Vorerst nicht gibt es aber weiterhin eine komplette Frauen-Vierschanzentournee. „Natürlich fehlt die uns noch“, so die Wahl-Allgäuerin, „aber wir haben einen guten Schritt nach vorne gemacht, auch durch das Skifliegen, und schnell aufgeholt. Darauf können wir stolz sein.“
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