Es sind tiefgreifende Reformen, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auf dem Bundestag auf den Weg gebracht hat. Kleinere Spielfelder, kleinere Tore, kleinere Mannschaften, keine Torhüter mehr, kein Kopfballspiel. Keine Angst. Fußball wird es auch weiterhin geben. Niemand braucht sich Sorgen etwa um einen Torwart Manuel Neuer machen oder einem Kopfball-Ungeheuer wie Horst Hrubesch, aber der hat ja eh schon lange Feierabend. Die Reformen haben einen Namen: Mini-Fußball, und sie gelten für den Nachwuchs.
Nachwuchsfußball im Allgäu: Was die jungen Kicker erwartet
Für die Kleinsten also, von der U6 bis zur U11, und sie sollen die schönste Nebensache der Welt noch schöner und vor allem auch für die Zukunft noch erfolgreicher machen. „Das große Thema ist die Entwicklung der Spielintelligenz“, sagt Florian Münch, DFB-Stützpunkt-Trainer in Sonthofen. Die Reformen sollen ab der Saison 2024/25 in den Vereinen umgesetzt werden. Es ist noch Zeit, sich an das Neue zu gewöhnen. Mit was anderem also, als das, was man sonst so immer tut. Und damit tut sich das Fußball-Allgäu gerne etwas schwer. Man denke nur an die Regelung, Reserve-Mannschaften aufsteigen zu lassen oder die Abkehr vom legendären Hallenfußball zu Futsal.
An was genau sollen sich die Trainer, Übungsleiter etc. bei der Trainingsgestaltung gewöhnen? Münch erklärt die wichtigsten Änderungen hin zum Mini-Fußball, die beim Nachwuchs ab 2024 bundesweit verpflichtend werden. In Bayern ist das nicht neu. Schon seit 2018 hat der Bayerische Fußball-Verband (BFV) Mini-Fußball im Programm.
- Keine Schiedsrichter Die Kinder lernen, selbst zu entscheiden und einigen sich bei strittigen Entscheidungen unter sich. Nur im Ausnahmefall greift ein Erwachsener ein.
- Kleinere Spielfelder Die Grundtechniken des Fußballs sollen von der Pike auf gelernt werden, da das Spielfeld klein ist (20x25 Meter): Passen, dribbeln, schießen. Das Spielfeld ist in drei Zonen aufgeteilt. Zwei Schusszonen, in denen Tore erzielt werden dürfen, und eine neutrale Zone in der Mitte. Es macht Sinn, den Ball flach in die Schusszone zu bringen. Hoch gespielte Bälle sind schwierig zu kontrollieren und werden damit zur Makulatur.
- Kleinere Mannschaften In der Regel spielen Drei gegen Drei bei einer Spielzeit von sechs Minuten. Das hat zur Folge, dass es keine extrem hohe, demotivierende Niederlagen gibt. Im Turnier spielt jeweils der Sieger gegen den Sieger und der Verlierer gegen den Verlierer. Es treffen damit in der Regel relativ gleichstarke Gegner aufeinander, Erfolgserlebnisse stellen sich öfter ein und steigern die Motivation.
- Kleinere Tore Würde die Größe der Tore auf den Erwachsenen-Bereich umgerechnet, wären die Tore 2,99 Meter hoch. Dies wäre unrealistisch. Beim Mini-Fußball sind die Tore einen Meter hoch und in der Regel einen Meter breit.
- Keine Torhüter Im modernen Fußball muss der Torhüter auch gut kicken können, siehe Manuel Neuer. Genau das lernen die Kinder mit dieser Spielform. Wenn sie der U11 entwachsen, entscheiden sie sich je nach Neigung für ihre spätere Position. Es macht wenig Sinn, Kinder schon von der U6 bis zur U11 ins Tor zu stellen, da sie noch wachsen. Niemand weiß, wie sie sich körperlich entwickeln, ob sie eine für Torhüter geeignete Größe erreichen.
- Kein Kopfballspiel Es ist keineswegs so, wie in England: dort ist Kopfballspiel untersagt. Der Ball darf definitiv per Kopf bewegt werden. Da die Tore aber nur einen Meter hoch sind, macht diese Art des Versuchs zum Erfolg zu kommen, wenig Sinn.
- Fazit: Beim Mini-Fußball gibt es nur Vorteile. Kinder lernen taktische Varianten. Keiner steht rum, alle sind in Bewegung. Es ist nicht entscheidend, was Eltern davon halten, die gerne Bedenkenträger sind. Am Ende ist es den Kindern egal, auf welchem Feld sie stehen und wie groß das Tor ist – sie haben Spaß und Erfolgserlebnisse gibt’s für alle.
Porträt: Das ist Stützpunkttrainer Florian Münch
Der 42-jährige Würzburger ist Lehrer für Sport, Chemie und Biologie am Allgäu-Gymnasium in Kempten. Er kam berufsbedingt in die Region. Münch spielte beim Würzburger FV, wurde aber früh Übungsleiter und trainierte die U15 und U17 des WFV in der Bayernliga. Seit 2006 ist er A-Lizenz-Inhaber, seit 2010 ist Münch DFB-Stützpunkt-Trainer mit den Stationen Kempten, Marktoberdorf und Sonthofen. Er ist zudem Schulfußball-Beauftragter in Schwaben, sitzt im Jugendausschuss des Süddeutschen Fußball-Verbands und damit in der Schulfußball-Kommission des DFB.