In diesem Jahr wollen die amtierenden Weltmeister des Tauziehclubs „Allgäu-Power“ aus Zell noch „einen Zacken härter trainieren“ als üblich – und das hat auch einen guten Grund: Der Kalender des Kraftsportvereins ist in diesem Jahr gespickt mit lukrativen Wettkämpfen. Das Highlight sind die World-Games von 7. bis 17. Juli in Birmingham (Alabama) im Südosten der USA, die nur alle vier Jahre stattfinden. Bei den World Games findet ein Damenturnier (ohne Zeller Beteiligung), ein Mixed-Turnier (zwei Zieher beziehungsweise Zieherinnen aus Zell), bei dem vier Männer und vier Frauen miteinander ziehen, und ein Herrenturnier in der 640-Kilogramm-Klasse statt (sechs Zieher aus Zell).
Bei der Herrenmannschaft tragen die Zeller zudem eine sehr große Verantwortung, dass alles reibungslos funktioniert. Abteilungsleiter Andreas Reisacher und Trainer/Zieher Wolfgang Wegmann haben bei dieser Mannschaft das Sagen. Sie planen und führen das Training der Herrenmannschaft und kümmern sich um alles rund um die anstehenden Turniere.
Beim Dorffest in Zell gibt es heuer kein Turnier der Tauzieher
Ein großes Tauziehturnier beim traditionellen Dorffest in Zell ist 2022 allerdings nicht geplant, weil es heuer keine Bundesliga im Tauziehen mehr gibt – stattdessen die „Deutsche Tauziehliga“, an der sich bis zu zwölf Mannschaften beteiligen werden. Deshalb kann nicht mehr jeder Verein jährlich ein eigenes Turnier ausrichten.
Für die Zeller ist in diesem Jahr trotzdem sehr viel geboten: Am 2. und 3. Juli wird anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Olympischen Spiele in München (1972) eine Art Olympia durchgeführt. Die Stadt München will dabei auch Tauziehen anbieten. Am Samstag können sich die Bürger selber am Seil testen und am Sonntag findet im Olympiapark die Deutsche Meisterschaft im Tauziehen (700 Kilogramm) statt. Im September geht es für die Kraftausdauersportler zur Weltmeisterschaft nach Holten (Niederlande).
Die Tauzieher fahren zu Turnieren nach England und in die Schweiz
Bereits Ende April (29. April bis 1. Mai) gibt es zudem in Bristol (England) ein internationales Turnier. Ein weiteres internationales Turnier findet vom 27. Mai bis 28. Mai in Sins (Schweiz) statt. Laut Wolfgang Wegmann sind die nur alle vier Jahre stattfindenden World Games jedoch „das absolute Highlight des Jahres“. Von einer guten Platzierung ist in Deutschland auch die staatliche Sportförderung des Tauziehverbandes abhängig. Andreas Reisacher sagt: „Das ist leider leistungsbezogen. Wer besser ist, wird mehr gefördert.“ Deshalb wird in Zell seit Anfang Januar wesentlich mehr und viel härter als jemals zu vor trainiert. Montags trainiert an der vereinseigenen Anlage am Sportplatz immer die ehemalige Bundesliga-Mannschaft. Am Dienstagabend stählt hauptsächlich der Nachwuchs am Seil seine Muskeln. Aber auch mit 36-Kilo-Gewichten, sogenannten Kettlebells, die wie große schwarze Glocken aussehen, wird hart trainiert.
„Wenn man im Juli ’was erreichen will, muss man früher und härter arbeiten“, betont Reisacher. Er freut sich, dass Neuzugänge bis aus Buchenberg nach Zell gekommen sind. Auch wenn nun mit zusätzlichen Sandsäcken und Gewichten alles „nochmals eine Spur härter“ wird, macht es den Athleten immer noch einen riesen Spaß: „Wenn man Erfolg haben will, muss man härter trainieren“, sagt Reisacher, „wir haben schließlich auch eine große Verantwortung gegenüber dem deutschen Tauziehsport.“
Der Edelmetallhändler betont: „Wir gehen an unsere Grenzen“
Der agile Edelmetallhändler betont: „Wir gehen an unsere Grenzen, um bei den World Games möglichst fit zu sein.“ Buchhalter Wolfgang Wegmann ergänzt: „Die World Games haben im deutschen Tauziehen den höchsten Stellenwert, bringen für uns aber auch einiges an Verantwortung.“ Weil die gesamte Sportförderung davon abhängig sei, stehe ein gewaltiger Druck dahinter. Reisacher erwartet im Hochsommer in den USA extreme Klimabedingungen mit Durchschnittstemperaturen von 32 Grad und einer extremen Luftfeuchtigkeit: „Schau mer mal, wie der Körper das aushält.“