Wer Karriere bei der Polizei machen will, muss eine Reihe von Prüfungen erfolgreich meistern. Und die sind nicht ohne. „Nur einer von sechs Bewerbern erfüllt die Anforderungen“, sagt Sophie Müller, Polizeihauptmeisterin und Einstellungsberaterin der Polizei Kempten und Memmingen. Gerade die Sportprüfung werde von vielen auf die leichte Schulter genommen. Allein hier scheitern rund 20 Prozent der Bewerber. Deswegen hat sich das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West dazu entschlossen, erstmals in Kempten und Memmingen eine Probe-Sportprüfung durchzuführen. Unsere Reporterin, begeisterte Freizeitsportlerin, warf sich bei der Veranstaltung in Kempten spontan mit 42 Bewerberinnen und Bewerbern ins Getümmel – und erlebte eine Überraschung.
Das sind die Aufgaben
Zu den Ausdauer-, Kraft- und Schnellkraftübungen, die bei der Prüfung absolviert werden müssen, zählen folgende Aufgaben: 200 Meter Schwimmen in 15 Minuten, Bankdrücken (45 Prozent des eigenen Körpergewichts für Frauen, 60 Prozent bei den Männern), Bankspringen, ein Pendellauf sowie ein Cooper-Test. Klingt machbar, denken jetzt wohl viele – und genau das kann sich rächen. „Die Prüfung wird von vielen unterschätzt. Ich lege jedem Teilnehmer schwer ans Herz, sich gut darauf vorzubereiten. Sonst schafft man das nicht“, sagt Müller.
Gemeinsam mit Angelika Epple, ebenfalls Einstellungsberaterin der Polizei, ist sie sich einig: Die Schwierigkeit besteht darin, alle Disziplinen kurz hintereinander zu absolvieren. Beim Pendellauf und dem Bankspringen komme zudem dazu, dass die Bewerber eine gewisse Technik und Routine brauchten, um gute Ergebnisse zu erzielen. Das bekam auch unsere Reporterin bei ihrem Selbstversuch zu spüren. Während sie im Kemptener Schwimmbad Cambomare nach nur vier der erlaubten 15 Minuten für die 200 Meter aus dem Wasser stieg, sollte sie auf dem Sportgelände des TV Kempten noch ins Schwitzen kommen.
Bankspringen eine harte Nuss
Denn direkt auf das Bankdrücken, dessen Ergebnis mit 19 Hüben ebenfalls die Bestnote brachte, folgte das Bankspringen. Hier springen die Bewerber in 30 Sekunden so oft wie möglich von einer Seite einer Bank auf die andere und wieder zurück. Unsere Reporterin merkte schnell: Wer diese vermeintlich simple Disziplin das letzte Mal vor etwa 15 Jahren absolviert hat, bringt es nur zur Note mangelhaft. „Hier ist es das Wichtigste, den Oberkörper über der Bank zu lassen. Sonst ist man zu langsam. Nur wer die Technik routiniert durchziehen kann, schafft mehrere Sprünge pro Sekunde“, erklärt Müller.
Auch der Pendellauf entpuppte sich als schwerer als gedacht. Die Bewerber sprinten vier Mal über zwei Bänke, die im Abstand von zehn Metern auseinander stehen, hin und zurück. Dabei transportieren sie Seile in verschiedenen Farben von einer Seite zur nächsten. Unsere 32-jährige Autorin musste sich mit einem befriedigenden Ergebnis abfinden. „Auch hier verliert jeder Bewerber wertvolle Sekunden, wenn er das Ablegen und Aufnehmen der Seile nicht automatisiert hat“, sagt Müller.
Es warten weitere Prüfungen
Der sogenannte Cooper-Test, bei dem die Teilnehmer in zwölf Minuten so viele Kilometer wie möglich auf der Tartanbahn hinter sich bringen müssen, versöhnte unsere Reporterin am Ende wieder mit ihrem Fitnesszustand. Mit über 2500 Metern bekam sie hier erneut die Bestnote. Nun dürfte sie – wäre es nicht eine Probe-Sportprüfung gewesen und sie noch keine 30 Jahre alt – nach dem Abschneiden mit der Gesamtnote zwei an den weiteren Einstiegsprüfungen zur Polizeiausbildung teilnehmen. Zu ihnen gehören ein Sprach- und Grundfähigkeitstest ebenso wie eine ärztliche Untersuchung, ein Bewerbungsgespräch und eine Gruppendiskussion. „Die Hürden sind hoch. Aber zumindest bei der Sportprüfung kann jeder nun im Vorfeld sehen, wo er steht“, sagt Müller.
So wie Paula Schubert aus Pfronten im Ostallgäu. Die 17-Jährige hat ebenfalls an der Probe-Prüfung teilgenommen und ist eine von 110 Bewerberinnen und Bewerbern aus dem Allgäu, die im September 2023 mit ihrer Ausbildung bei der Polizei beginnen wollen.
Schaffen werden es von ihnen aller Voraussicht nach nicht alle. Im vergangenen Bewerbungszyklus wurden insgesamt nur 23 Bewerber im Allgäu angenommen. „Die Veranstaltung hat mir die Angst vor der Sportprüfung etwas genommen. Jetzt weiß ich, woran ich arbeiten kann und was auf mich zukommt“, sagt die junge Pfrontenerin.
Der Weg zur Polizei
Um zu den Einstiegsprüfungen für eine Polizeiausbildung zugelassen zu werden, müssen Bewerber folgende Ansprüche erfüllen: Sie müssen zwischen 17 und 30 Jahre alt sein, in wirtschaftlich geordneten Verhältnissen leben, die deutsche Staatsangehörigkeit haben, dürfen bisher nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein, müssen mindestens 165 Zentimeter groß sein und dürfen keine sichtbaren Tätowierungen oder Ohrtunnel haben. „Wobei es bei Größe und Staatsangehörigkeit Ausnahmeregelungen gibt“, sagt Holger Stabik, Pressesprecher des Polizeipräsidiums in Kempten.