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Sternenkinder: Neuer Verein hilft betroffenen Familien im Allgäu

"Sie bleiben unvergessen"

Sternenkinder: Neuer Verein hilft betroffenen Familien im Allgäu

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    Kinder, die vor während oder kurz nach der Geburt versterben, werden Sternenkinder genannt. Ein Verein in Isny hilft Hinterliebenen.
    Kinder, die vor während oder kurz nach der Geburt versterben, werden Sternenkinder genannt. Ein Verein in Isny hilft Hinterliebenen. Foto: Bea Haas.

    Es ist ein Tabuthema. Fehl- oder Totgeburten lösen bei betroffenen Eltern oder Familien tiefe Trauer aus, mit der sie sich oftmals allein gelassen fühlen. Dabei sind sie rein statistisch nicht allein. Allein in der Frühphase treten Fehlgeburten bei zehn bis 15 Prozent aller klinischen Schwangerschaften auf, teilt der Berufsverband der Frauenärzte auf Anfrage unserer Redaktion mit. Schätzungen zufolge liege „die Rate an Aborten noch deutlich höher“, weil viele Schwangerschaften zu diesem Zeitpunkt nicht bemerkt werden.

    Kinder, die vor während oder kurz nach der Geburt versterben, werden Sternenkinder genannt.

    Das Ehepaar Annette, 46, und Thomas, 51, Steybe, aus Isny steht mit dem Verein „Salomons Weg“ betroffenen Familien seit zwei Jahren beiseite. Die Steybes wissen um deren Schmerz. Die Eltern eines 13-jährigen Sohnes waren selbst mit drei Fehlgeburten konfrontiert. Ihr ältester Sohn Salomon verstarb im fünften Schwangerschaftsmonat.

    „Es gibt Tage, an denen ich normal lachen kann. Aber es gibt auch solche, an denen es mich mit voller Wucht einholt“, sagt Annette Steybe.

    Sie spricht offen über das Thema. „Ich möchte, dass möglichst normal damit umgegangen wird.“ Der Bedarf ist offenbar groß: 60 Allgäuerinnen haben Steybe seit der Vereinsgründung kontaktiert und mit ihr über ihre schwersten Stunden gesprochen. „Für die manchen war es das erste Mal, dass sie sich jemand anvertraut haben.“

    Das Ehepaar Thomas und Annette Steybe  aus Isny hat den Verein Salomons Weg gegründet.
    Das Ehepaar Thomas und Annette Steybe  aus Isny hat den Verein Salomons Weg gegründet. Foto: Verein Salomons Weg

    Einmal pro Monat organisiert Steybe Treffen für Sternenkindereltern. Dann stehen Meditation, Gespräche, Ausflüge oder kreative Arbeiten auf dem Programm. Bislang kommen ausschließlich Frauen. „Jede kann alles und muss nichts“, lautet das Motto. „Gemeinsam wird die Trauer leichter. Jeder von uns hat das Schicksal Steine in den Weg gelegt. Wir versuchen, sie als Fundament zu sehen – und nicht als Mauer, die man nicht überwinden kann.“ Durch den Verein ist ein Netzwerk entstanden. So bietet beispielsweise eine Fotografin ehrenamtlich ihre Dienste an, um Sternenkinder im Bild festzuhalten. Auch viele Kliniken seien sensibilisiert: „Sie ermöglichen den Eltern so viel Zeit wie möglich für den Abschied von ihrem Kind. Das hat es früher nicht gegeben“, sagt Steybe.

    Das sollten Freunde beachten

    Doch auf was sollten Freunde oder Angehörige im Umgang mit Eltern von Sternenkindern achten? „Es ist immer gut, wenn man mit der einfachsten Frage der Welt anfängt: Wie geht es euch? Kann ich helfen?“ Ähnlich sieht es Hildegard Mayr-Nerl. Die Sozialpädagogin und Trauerbegleiterin ist Mitinitiatorin der überkonfessionellen Initiative „Sternenkinder Kaufbeuren“. Sie rät dazu den Müttern, „alle Zeit der Welt für ihre Trauer zu zugestehen“. Am schlimmsten seien Sprüche wie: „Das Kind war ja zum Glück noch nicht auf der Welt. Beim nächsten Mal klappt es bestimmt. Ihr seid ja noch jung.“

    (Lesen Sie auch: Gedenkfeier für verstorbene Kinder: Wenn verstorbene Kinder ihren Platz im Herzen haben)

    Dreimal im Jahr organisiert Mayr-Nerl mit weiteren Helfern würdige Bestattungen für Sternenkinder in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Kaufbeurer Waldfriedhof. Etwa 100 Föten würden pro Jahr auf diese Weise verabschiedet. „Für die meisten Eltern ist es wichtig, einen Ort des Gedenkens zu haben, wo sie hingehen und weinen oder eine Kerze anzünden können.“ Ähnliche Initiativen gibt es auch in weiteren Allgäuer Kommunen.

    Einen Ort zum Trauern in der Natur bietet der Verein „Sterneneltern Schwaben“ seit zwei Jahren: Im Erinnerungswald Wemding (Kreis Donau-Ries) können Eltern, die ein Kind verloren haben, einen Baum pflanzen. Mittlerweile stehen dort 144 Obstbäume. Jede Sorte gibt es nur einmal. Jeder Baum ist einzigartig. Genau wie das Kind, für das er wächst.

    Der Verein Salomons Weg veranstaltet jeweils ein Benifizkonzert in der Kirche Maria Steinbach (Samstag, 28. Januar, 19 Uhr) sowie in St. Maria-Kirche in Isny (Sonntag, 29. Januar, 17 Uhr)

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