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Stolz und kampfbereit

Kempten

Stolz und kampfbereit

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    BBA: Freiwild in Kempten
    BBA: Freiwild in Kempten Foto: Matthias Becker

    Seit 18 Jahren zeigt die kontrovers diskutierte Deutschrock-Band „Frei.Wild“ aus Südtirol dem politischen sowie gesellschaftlichen Establishment unverhohlen den Mittelfinger. Das ist Jedermanns gutes Recht, nur die Art und Weise ist es, auf die es ankommt. In einem Jahrzehnt, in dem sich mit Parolen und Plattitüden eher Seelen fischen lassen, als mit Inhalten und Argumenten, liegt das Quartett aus Brixen mit seiner Musik goldrichtig – nicht nur was die Verkaufszahlen der Tonträger anbelangt, sondern auch die ungebrochene Popularität. „Zusammen und Vereint“, „Ohne Lüge keine Macht“ oder „Sieger stehen, Sieger kriechen nicht“ heißt es da munter in ihren Texten. Es geht um Treue, Eide, Verschwörung, Heimat, vorgegaukelte Toleranz und die eigene Rolle als ungeliebter Outlaw.

    7500 Menschen waren in die Big Box Allgäu nach Kempten gepilgert, um das zu hören. Ausverkauft war das Konzert seit Wochen schon. Mit Devotionalien ausstaffiert wie eine Armee der Willigen stehen die Fans jeden Altersund Geschlechts sowie viele Familien mit Kindern dicht an dicht gedrängt und skandieren lauthals „Oh wie ist das schön“-Choräle über die langatmigen Ansagen von Sänger und Frontmann Philipp Burger, der an diesem Abend arge Probleme mit seiner eher als eindimensional zu bezeichnenden Stimme hat.

    Musikalisch orientiert sich das Quartett auf seiner Tour mit dem Titel „Still.II“ an das schon als legendär zu bezeichnende, Konzept des Musiksenders MTV, „MTV unplugged“. Doch fehlt „Frei.Wild“ dazu einfach die musikalische Versiertheit. Konzentriert arbeiten sich Philipp Burger, Christian Forer, Jochen Gargitter und Jonas Notdurfter an ihren Akustik-Instrumenten ab. Da ist es gut, dass sie sich mit Bläsern und Streichern sowie zwei zusätzlichen Gitarristen und einem Pianisten verstärkt haben, die für den einen oder anderen musikalischen Akzent sorgen.

    Aber um die Musik geht es an diesem Abend eigentlich nicht wirklich, sondern darum, den Konzertbesuchern das Gefühl zu geben, Teil einer eingeschworenen Gemeinschaft zu sein, die etwas Besseres verdient hat als das Hier und Jetzt. Und dass es in dieser Gemeinschaft nicht um Toleranz, Liebe, Diversität und Verständnis geht, liegt textlich auf der Hand. Der Schutzwall ist Stolz, Herkunft, Kampfbereitschaft und die zu bewahrende Heimat. In dem Lied „Keine Lüge reicht je bis zur Wahrheit“ treten zwei schwarz gekleidete Männer mit Skimasken und Fackeln in den Händen auf die Bühne und knien sich neben Frontmann Philipp Burger, dem sie zum Schluss des Songs ehrerbietig die Fackeln reichen.

    Diese Bilder und den Duktus hatten wir bereits einmal, und es ging katastrophal aus. Bei dem Auftritt in Kempten liegt der Schluss nahe, dass es in den Köpfen der Bandmitglieder – trotz aller offiziellen Dementis und Distanzierungsversuche – doch mit rechten Dingen zu geht. Und das Ganze findet in einem öffentlich zur Verfügung gestellten Raum statt. Die Zuhörer finden das gleichwohl prima und erklatschen sich nach zwei Stunden mit frenetischem Beifall eine Zugabe.

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