Die Zigarette wird zumindest von Jugendlichen wieder vermehrt konsumiert. Auf viele Jahre gesehen, ist die Nachfrage nach dem Tabakprodukt allerdings stetig gesunken.
Bild: Julia Geppert (Symbolbild)
Die Zigarette wird zumindest von Jugendlichen wieder vermehrt konsumiert. Auf viele Jahre gesehen, ist die Nachfrage nach dem Tabakprodukt allerdings stetig gesunken.
Bild: Julia Geppert (Symbolbild)
Lange ist es her, dass Restaurants, Bars, das Büro oder Flugzeuge voller Qualm waren. Als die Zigarette fest zum alltäglichen Leben gehörte. Dann aber ging die Zahl der Raucherinnen und Raucher über Jahrzehnte nach unten. Lange schien es sogar so, dass der Kippe der Nachwuchs ganz ausgeht. Rauchen als Jugendlicher? Eher ungewöhnlich. Laut der Studie „Deutsche Befragung zum Rauchverhalten“ (Debra) ist der Zigarettenkonsum unter jungen Leuten nun erstmals wieder angestiegen. 15,9 Prozent der 14- bis 17-Jährigen gaben bei der repräsentativen Befragung im vergangenen Jahr an, dass sie rauchen. 2021 lag der Anteil der Raucher in dieser Altersgruppe noch bei 8,7 Prozent. Auch andere Suchtmittel sind laut Allgäuer Suchtberatern beliebt.
Martin Heyn steht dieser Studie kritisch gegenüber. Er leitet das Bayerische Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung (ZPG) und sagt: „Wir gehen davon aus, dass die Studie die Rauchquote Jugendlicher überschätzt. Dennoch bestärkt sie uns darin, intensivere Prävention zu betreiben.“ Jugendliche nun darauf zu reduzieren, dass der Anteil der Raucher unter ihnen wieder gestiegen ist, sei zu kurz gefasst. Die Studie beleuchte einen Trend. Panik dürfe man deswegen jedoch nicht bekommen. Nach wie vor sei die Zahl der rauchenden Jugendlichen sehr gering. Und das seit Jahren.
Barbara Scarvaglieri kümmert sich um Jugendliche, die alleine nicht mehr aus ihrem Suchtverhalten herauskommen. „Rauchen ist bei unseren Klienten aber meist eine Begleitsucht“, erklärt die Suchtberaterin des Landratsamtes Oberallgäu. Scarvaglieri und ihre Kolleginnen und Kollegen kümmern sich um Jugendliche im Alter zwischen 14 und 27 Jahren. Sie erzählt von Fällen, in denen 15-Jährige harte Drogen wie Crystal Meth konsumieren. Ein Klient habe kürzlich beiläufig erwähnt, dass er zusätzlich 30 bis 40 Zigaretten pro Tag rauche. Bei schweren Fällen ist das erst mal Nebensache, sagt Scarvaglieri.
Fangen Jugendliche schon früh zu rauchen an, hat das enorme Folgen für ihre Gesundheit, heißt es in einer Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI). Der Körper eines Jugendlichen sei besonders anfällig für die Aufnahme der giftigen Substanzen des Tabakrauchs. Ein früher Einstieg in den Nikotinkonsum verringere zudem die Chance, später erfolgreich auszusteigen.
Bis Betroffene allein wegen ihres Zigarettenkonsums zur Suchtberatung gehen, müsse der Leidensdruck schon hoch sein, sagt Ulrike Pahl, Leiterin der Suchtfachambulanz der Marktoberdorfer Caritas. 2021 hätten sich dort nur ein Prozent der Anfragen auf Nikotinsucht bezogen. Dabei habe es sich allerdings um Erwachsene gehandelt. Generell gebe es in der Region kaum noch Kurse zur Nikotin-Entwöhnung. Auch, vermutet Pahl, weil die Nachfrage danach mittlerweile wohl fehle.
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Warum es Jugendliche überhaupt zur Zigarette drängt, sei unter anderem auch einer sozialen Komponente zuzuschreiben, sagt Barbara Scarvaglieri. Das sei bei Zigaretten ähnlich wie bei Cannabis: „Das wird unter mehreren Leuten geteilt.“ Ihre Erfahrung sei, dass neben Cannabis bei Jugendlichen auch der Konsum der legalen Droge „Snus“ zugenommen habe, sagt die Suchtberaterin. Dabei handelt es sich um Tabak, der in kleinen Päckchen unter die Lippe gestülpt wird.
Um zu vermeiden, dass junge Menschen zu Drogen greifen und der Nikotinsucht verfallen, sei laut Scarvaglieri Prävention enorm wichtig. Ziel sei, dass es immer unattraktiver werde, überhaupt zu rauchen, sagt Martin Heyn. Zudem müsse bei der Vorbeugungsarbeit beispielsweise in Schulen darauf geachtet werden, nicht die Sprache der Tabakindustrie zu übernehmen: „Beispielsweise, dass eine E-Zigarette ‚gesünder’ ist als eine normale“, sagt Heyn. Denn die Nachfrage nach E-Zigaretten habe in den vergangenen Jahren zugenommen. Die Tabakindustrie habe in die elektrischen Verdampfungsgeräte viel Geld investiert und preise sie auch als Lifestyle-Produkt an. Zu den gesundheitlichen Folgen dieses Produkts existierten aber noch zu wenige Studien, gibt Heyn zu bedenken.