Wohin entwickeln sich die Preise für Milchprodukte? Wird zum Beispiel die Butter für die Weihnachtsplätzchen teurer? Momentan sieht es danach aus. Möglicherweise um bis zu 20 Cent pro 250 Gramm, sagt Clemens Rück. Er ist Geschäftsführer der „Süddeutschen Butter- und Käse-Börse“ mit Sitz in Kempten. Heuer feiert die als Verein organisierte Einrichtung ihr 100-jähriges Bestehen.
Die Butter- und Käse-Börse legt allerdings die Preise nicht selbst fest – aber sie beobachtet permanent den Markt und empfiehlt Preisspannen, in denen Butter, Emmentaler und auch Milch- und Molkenpulver verkauft werden sollen. Letzteres wird beispielsweise zu Babynahrung oder Süßwaren verarbeitet.
Süddeutsche Butter- und Käse-Börse beobachtet nicht nur den Lebensmittelmarkt im Allgäu
Diese Zahlen und Statistiken stellt die Börse wöchentlich den rund 80 Vereinsmitgliedern – vor allem Molkereien, aber auch Handelsunternehmen – zur Verfügung. Sie decken einen Großteil des Milchmarktes in Deutschland ab. 35 Betriebe sind im Allgäu beheimatet – darunter Firmen wie Champignon, Karwendel, Edelweiss, Hochland, Ehrmann oder die Allgäu Milch Käse eG.
Das Besondere an der Butter- und Käse-Börse: Bei ihr sitzen Erzeuger, Produzenten und Händler an einem Tisch, um transparente Preise zu ermitteln. Jeden Mittwoch schaut die Notierungskommission unter Vorsitz der Vereinsgeschäftsführung auf die Zahlen der vergangenen Wochen. Die zeigen, wie viel Butter und Käse zu welchem Preis von den jeweiligen Betrieben an den Großhandel geliefert wurde.
Einrichtung aus Kempten wird 100 - gibt Preisspanne als Empfehlung aus
Beispiel „Deutsche Markenbutter“: Für ein Kilo ermittelte die Börse in der Vorwoche einen durchschnittlichen Verkaufspreis von 4,48 Euro ohne Mehrwertsteuer ab Werk an den Großhandel und empfiehlt aktuell eine Preisspanne zwischen 4,14 und 4,87 Euro. Zum Vergleich: Der Tiefstand der vergangenen 20 Jahre lag 2009 bei 2,30 Euro, der Höchststand 2017 bei sieben Euro. (Lesen Sie auch: Warum es in den Feneberg-Märkten jetzt auch Heumilch aus Sonthofen gibt)

Aus den aktuellen Zahlen lesen die Experten heraus, dass es momentan am Rohstoff Milch mangelt. Da die Nachfrage aber groß ist, steigen die Preise. Das merken irgendwann auch die Verbraucher im Laden. Die derzeit steigenden Preise für Milchprodukte haben ihre Ursache im saisonal bedingten Rückgang der Milchanlieferung, aber auch in der aktuellen Gesamtsituation mit steigenden Kosten für Strom und Diesel, erklärt der Börsen-Geschäftsführer.
Um zu sparen, würden viele Landwirte beispielsweise ihren Kühen weniger Kraftfutter geben – was zu noch weniger Milch führt und damit mutmaßlich zu weiter steigenden Preisen. Einen ähnlichen Anstieg wie heuer gab es schon einmal 2007/2008 wegen Rohstoffknappheit – danach sanken die Preise wieder. (Lesen Sie auch: Baufinanzierung: Was tun, wenn die Kreditzinsen weiter steigen?)
Börsen-Geschäftsführer Rück ist familiär „vorbelastet“
Überwacht wird die Börse vom bayerischen Landwirtschaftsministerium. „Was wir machen, hat amtlichen Charakter“, erklärt Rück. Der 56-Jährige kennt sich mit der Materie aus, ist nicht nur Diplom-Betriebswirt, sondern auch Molkereimeister. Beim Thema „Milchprodukte“ ist er familiär geprägt: Sein Großvater war Molkereidirektor in Erkheim, sein Vater in Kaufbeuren. Seit acht Jahren arbeitet er bei der Butter- und Käse-Börse.
Der Verein finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen – 75 Euro pro Jahr und Mitglied – sowie vor allem durch Zahlungen der drei Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen, basierend auf den dortigen Milchmengen. Dieses Model sichere die Unabhängigkeit des Vereins und decke die Personalkosten der insgesamt vier hauptamtlichen Börsenmitarbeiter, sagt Rück. „Wir haben ja nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen.“
Wegen Corona wird der runde Geburtstag nicht groß gefeiert, bedauert Börsen-Geschäftsführer Rück. Aber es gibt eine Festschrift und bei der Mitgliederversammlung am Donnerstag, 28.Oktober, in Kempten auch einen Jubiläumsvortrag von Clemens Rück und seinem Vorgänger Emmerich Heilinger. (Lesen Sie auch: Klinikum Memmingen: Wegen Corona werden Besuchsregeln eingeschränkt)
Wissenswertes zu der Einrichtung aus Kempten
- Geschichte: Bereits um 1900 gab es in Süddeutschland viele Molkereien und große Käsehändler – aber noch keine Übersicht über „gerechte“ Preise. Vor genau 100 Jahren wurde daher die Butter- und Käse-Börse gegründet und brachte Händler und Erzeuger an einen Tisch, um gemeinsam über einen Preisrahmen zu sprechen und ihn als Empfehlung zu veröffentlichen. Erster Vorsitzender war der Kempter Bürgermeister Dr. Otto Merkt. Die Nazis lösten die Börse 1934 auf; 1950 erfolgte die Wiedergründung. Sitz ist in Kempten.
- Gebiet: Die Empfehlungen der Börse gelten für ganz Deutschland.
- Mitglieder: Aktuell 80 – vor allem Molkereien, aber auch Handelsunternehmen. Ihren Höchststand an Mitgliedern hatte die Butter- und Käse-Börse mit 1153 im Jahr 1953. Die Zahl sank danach durch den Strukturwandel. Es gab weniger, aber dafür größere Betriebe.
- Mitarbeiter: Vier Hauptamtliche (davon ein Geschäftsführer) sowie vier ehrenamtliche Vorstände, von denen zwei aus Bayern und je einer aus Baden-Württemberg und Sachsen kommen. Der Vorstand kontrolliert die Geschäftsführung.
- Daten: Jeden Mittwoch veröffentlicht die Börse nach einer halbstündigen Telefonkonferenz der Notierungskommission die aktuellen Preisempfehlungen. Der Bericht geht auch an die Europäische Union.