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Aspartam Süßstoff: Experten aus dem Allgäu über Gefahr, Ernährung, Ökotrophologie, Süßes, Genuss

Gesundheit aktuell

"Wenn süß, dann Zucker!" - Experten aus dem Allgäu zu umstrittenem Süßstoff Aspartam

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    Aspartam findet seinen Weg auch ins Allgäu: In zahlreichen Getränken und Nahrungsmitteln ist der Süßstoff zu finden. Was die neue Einstufung der WHO bedeutet, verraten Expertinnen aus der Region.
    Aspartam findet seinen Weg auch ins Allgäu: In zahlreichen Getränken und Nahrungsmitteln ist der Süßstoff zu finden. Was die neue Einstufung der WHO bedeutet, verraten Expertinnen aus der Region. Foto: Hendrik Schmidt, dpa (Symbolbild)

    Auch im Allgäu sorgte die Meldung der WHO zum Süßstoff Aspartam vergangene Woche für Diskussionen. Wie berichtet, stufte die Gesundheitsorganisation den Süßstoff als möglicherweise krebserregend ein. Aber wie ist die Einstufung einzuschätzen? Was die Nachricht konkret bedeutet, lesen Sie hier.

    So schätzt eine Ernährungswissenschaftlerin aus Immenstadt die Einstufung ein

    Die Ernährungswissenschaftlerin Ulrike Klaas aus Immenstadt lehrt an der Hochschule Kempten. Sie sagt: "Die Einstufung ist nichts Außergewöhnliches. Ein Süßstoff kommt nicht ohne Testung und klinische Studie auf den Markt. Anders als bei Medikamenten wird er an Tieren, selten an Menschen getestet. Die Resultate werden dann vom Tier auf den Mensch übertragen. Aspartam hatte sich im Tierversuch als harmlos erwiesen. Wenn ein Süßstoff auf dem Markt ist, behält man ihn trotzdem im Auge."

    Laut Klaas muss es gar nicht zu Auffälligkeiten gekommen sein, damit die WHO eine neue Einstufung vornimmt. Relevant sei, dass es nun eine Empfehlung für die Menge gebe, die ein Mensch zu sich nehmen dürfe. Bis letzte Woche habe es gar keine solche Empfehlung gegeben. Klaas kann beruhigen: "In der EU kommen wir gar nicht über diese Grenze, in den USA sieht es schon anders aus. Dort ist Aspartam in viel mehr Nahrungsmitteln verarbeitet." Die Menge sei viel höher, als es in Europa der Fall sei. Und: Softdrinks, die Süßstoff enthalten, werden in viel größeren Mengen verkauft, als wir es aus Deutschland kennen. "Insgesamt erreicht man in Deutschland keine so hohe Zufuhr wie etwa in den USA", sagt Klaas.

    Studio für Ernährungsberatung im Allgäu: Ökotrophologin empfiehlt Abwechslung

    Die Ökotrophologin Anja Müller hat ein Studio für Ernährungsberatung in Eggenthal im Allgäu. Sie ist derselben Meinung wie Klaas: "Man sollte sich nicht ausschließlich von Lebensmitteln mit Süßstoffen ernähren." Abwechslung sei in der Ernährung wichtig. Auch die Süßstoffe sollten abgewechselt werden. In der EU sind insgesamt elf Süßstoffe zugelassen, neben Aspartam sind das zum Beispiel Saccharin oder "Stevia" (Steviolglycoside; Quelle: https://suessstoff-verband.info/).

    Ökotrophologin aus dem Allgäu: Lebensstil spielt beim Krebsrisiko eine Rolle

    "Einen kausalen Zusammenhang zwischen einer Krebserkrankung und Aspartam herzustellen, das ist nicht ohne weiteres möglich", sagt Klaas. Auch eine Co-Inzidenz sieht sie nicht zwingend und zieht einen Vergleich: Die Anzahl der Störche gehe wegen der steigenden Industrialisierung zurück. Wenn parallel die Anzahl der Geburten sinke, könne Störchen eine Verantwortung zugeschrieben werden, die sie tatsächlich nicht inne hätten.

    Menschen, die viel Süßstoff trinken und essen würden, würden sehr oft einen ungesunden Lebensstil führen. Eine Krebserkrankung entstehe dann nicht durch Aspartam, das jemand zu sich genommen habe. "Oft ersetzen übergewichtige Menschen Zucker durch Süßstoff. Sie ändern weder ihren ungesunden Lebensstil, noch verlieren sie an Gewicht."

    Auch im Allgäu sind Süßigkeiten-Theken beliebt. Doch ein ungesunder Lebensstil kann eine Krebserkrankung fördern.
    Auch im Allgäu sind Süßigkeiten-Theken beliebt. Doch ein ungesunder Lebensstil kann eine Krebserkrankung fördern. Foto: Christoph Hardt, Imago (Symbolbild)

    Das empfiehlt die Dozentin an der Hochschule Kempten

    "Wenn süß, dann Zucker!", so Klaas. Denn damit könne der Körper immer noch am allerbesten umgehen. Aber warum ist das so? Klaas erklärt den Mechanismus, wenn wir etwas Süßes zu uns nehmen: "Bei süßem Geschmack geht die Information von der Zunge ans Gehirn. Das Gehirn sendet eine Botschaft an unsere Bauchspeicheldrüse, die Insulin ausschüttet. Insulin sorgt dafür, dass der Blutzucker wieder abgebaut wird." Etwas Süßes nach der Hauptmahlzeit zu essen, sei der ideale Zeitpunkt, um Blutzuckerschwankungen zu vermeiden. Gegen eine Kugel Eis oder eine selbstgemachte Praline als Genussmoment sei gar nichts einzuwenden, so die Expertin. Entscheidend sei, dass wir Zucker nicht als Grundnahrungsmittel verstehen dürften.

    Bei Süßstoffen laufe diese Kette auch ab, mit dem Unterschied: Wir haben gar keinen Zucker zu uns genommen. Deshalb bewirke das Insulin, dass der Blutzuckerspiegel rasch absinke. Die Folge: Heißhunger. Die Expertin ergänzt, dass Süßstoff erfolgreich in der Schweinemast eingesetzt werde.

    Alternative zu süßen Getränken und Süßgkeiten aus dem Allgäu?

    Auf die Frage, welche Allgäuer Alternative Müller zu süßen Getränken und Süßigkeiten vorschlägt, antwortet sie: "Honig!" Sie gibt aber zu bedenken, dass Honig wie Zucker einzuordnen sei.

    Wer viel Süßes zu sich nehme, bei dem hätten sich die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge zurückgebildet. Die Folge: Wir würden Süßes nicht mehr als so besonders süß schmecken und eher mehr als weniger haben wollen. Klaas weiß, wie wir von der Lust auf das Süße wegkommen können: "Die gute Nachricht ist: Die Entwicklung ist reversibel." Wer also süße Getränke und Süßigkeiten liebt, der kann die Lust darauf allmählich reduzieren: "Wenn Sie bisher zwei Löffel Zucker in Ihren Kaffee getan haben, reduzieren Sie die Menge auf eineinhalb Löffel. Irgendwann werden Sie sich an an diesen Geschmack gewöhnt haben. Sobald Ihr Kaffee Ihnen nicht mehr weniger süß vorkommt, reduzieren Sie die Menge wieder und nehmen nur noch einen Löffel Zucker." Die Rezeptoren auf der Zunge würden in der Zeit nachwachsen.

    Rezept für ein zuckerfreies Sommergetränk

    Ihre Kollegin aus Eggenthal sieht süße Getränke als ein schwieriges Thema. Müller sagt: "Bei süßen Getränken besteht immer die Gefahr, dass wir sehr viel Zucker zu uns nehmen." Müller und Klaas empfehlen "infused water". Hier werden Früchte, Gemüse und/oder Kräuter mit Wasser aufgegossen. Besonders beliebt bei Kindern sei dieses Rezept für ein Sommergetränk von Klaas: "Melisse- und Minzblätter und zwei bis drei Melonenstücke oder Johannisbeeren in einer Glaskaraffe mit Wasser auffüllen. Das sieht toll aus, hat einen leichten Geschmack und ist garantiert ohne Zucker."

    Alle Neuigkeiten aus dem Allgäu lesen Sie hier.

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