David Figula ist im Stress. „Uns fehlen rund 30 Prozent des Personals wegen Erkrankungen“, sagt der Manager des Rewe-Marktes im Forettle Center in Kaufbeuren. Etwa die Hälfte der betroffenen Mitarbeiter ist an Corona erkrankt. Wo normalerweise zwei Angestellte tätig sind, stehe gerade nur eine Person zur Verfügung, beispielsweise an den Kassen. Auch der Abholservice musste eingeschränkt werden. Die Situation lässt sich laut Figula teilweise auf die vergangenen Veranstaltungen in Kaufbeuren zurückführen – wie das Tänzelfest.
Kaufbeuren hat im Moment Deutschlands höchste Sieben-Tages-Inzidenz
Kaufbeuren ist derzeit mit Abstand Deutschlands Inzidenz-Spitzenreiter. Seit dem Tänzelfest klettern die Corona-Zahlen immer weiter nach oben. Am 26. Juli, also kurz nach dem Ende der Veranstaltungen, lag die Inzidenz noch bei 705. Nun ist der Wert am Mittwoch auf 1513 gestiegen, auch am Donnerstag bleibt Kaufbeuren Inzidenz-Spitzenreiter. „Und die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch viel höher“, sagt der Kemptener Virologe Dr. Matthias Lapatschek. Vom 14. Juli bis 25. Juli feierten die Kaufbeurer das traditionelle Tänzelfest mit Umzügen, Lagerleben, Festzelt und zehntausenden Schaulustigen.
Oberbürgermeister Stefan Bosse: "Aktivitäten unter freiem Himmel sind unkritisch"
Allein an den beiden Lagerleben-Abenden zählte die Polizei je 14.000 Gäste. „Ich bin überzeugt, dass die Aktivitäten, die unter freiem Himmel stattgefunden haben, unkritisch sind“, sagt Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse. Aber im Bierzelt sei zehn Tage lang am Abend „heftigst gefeiert worden – trotz aller Warnungen“. Das ist Bosse zufolge mit ein Grund, warum die Inzidenzen jetzt so hoch sind.
Infolgedessen nahm auch die Anzahl der positivenPCR-Tests zu. Laut Lapatschek ist die Zahl der positiven Ergebnisse im Stadtgebiet Kaufbeuren von vor Beginn des Tänzelfests bis zum Ende der Veranstaltung um 158 Prozent gestiegen. Im gesamten Ostallgäu sind es im selben Zeitraum 42 Prozent mehr positive Tests gewesen. „Und es werden in der Region voraussichtlich noch mehr werden, wenn in Kempten die Allgäuer Festwoche beginnt“, gibt der Virologe zu bedenken.
Im Kaufbeurer Klinikum mussten wegen Personalausfällen Operationen verschoben werden
Die hohen Inzidenzen wirken sich auch auf den medizinischen Bereich aus. Im Krankenhaus Kaufbeuren war die Zahl der Corona-Infektionen nach dem Tänzelfest beim Personal so hoch, dass Operationen verschoben werden mussten, sagt ein Sprecher des Klinikverbunds Ostallgäu-Kaufbeuren. „Nachdem wir zwischenzeitlich mehrere Stationen schließen und die Patienten verlegen mussten, erholt sich die Situation gerade wieder“, heißt es vonseiten der Klinik Kaufbeuren. Die Anzahl der Corona-Patienten gehe in allen Krankenhäusern des Verbunds nach oben. „Momentan haben wir 24 Patienten auf unseren Isolierstationen und zusätzlich sechs Patienten auf den Intensivstationen“, sagt der Sprecher. Drei davon liegen in Kaufbeuren.

Allgäuer Festwoche: Klinikum Kempten bereitet sich auf steigende Inzidenzen vor
Auch im Kemptener Krankenhaus bereitet man sich aufgrund der anstehenden Allgäuer Festwoche auf steigende Inzidenzen vor. „Volksfeste gehören zur Normalität dazu“, sagt Dr. Matthias Sauter, Ärztlicher Leiter der Abteilung Hygiene und Infektiologie im Klinikverbund Allgäu. Fakt sei aber auch, dass man nach vielen großen Volksfesten einen erheblichen Anstieg in der jeweils lokalen Inzidenz sehe, beispielsweise nach der Kieler Woche, der Erlanger Bergkirchweih oder eben dem Tänzelfest. „Unsere Mitarbeiter besuchen natürlich teilweise auch Volksfeste. Insofern müssen wir mit weiteren Personalausfällen rechnen“, sagt Sauter.
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Hinzu komme die zu erwartende steigende Zahl von Patienten, die mit oder wegen einer Corona-Infektion ins Krankenhaus kommen. Die erforderlichen Personalschutz- und Hygienemaßnahmen belasten das Personal laut dem ärztlichen Leiter zusätzlich. Je mehr Corona-Patienten in der Klinik untergebracht sind, desto stärker reduziere sich auch die Bettenkapazität. „Aber wir rechnen nicht damit, dass wir in katastrophenmedizinischen Szenarien denken müssen. Dennoch liegen die Pläne hierzu in der Schublade und können zügig reaktiviert werden“, erklärt Sauter.

„Engpässe werden derzeit nicht erwartet“, heißt es dagegen von der Stadt Memmingen und dem dortigen Klinikum nach dem Fischertag und der Wallenstein-Woche. Diese Heimatfeste fanden größtenteils im Freien statt. Ob es nun zu einer steigenden Inzidenz kommen werde, sei noch nicht absehbar.
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