Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Telefonseelsorge Oberschwaben-Allgäu-Bodensee: Hilfe am Telefon, Chat, Mail

Telefonseelsorge Oberschwaben-Allgäu-Bodensee

"Ich kann nicht mehr": Wie Menschen in Not am Telefon geholfen wird

    • |
    Die Telefonseelsorge Oberschwaben-Allgäu-Bodensee gibt es seit 40 Jahren. Leiterin Dr. Gabriela Piber und ihr Team helfen rund um die Uhr kostenlos.
    Die Telefonseelsorge Oberschwaben-Allgäu-Bodensee gibt es seit 40 Jahren. Leiterin Dr. Gabriela Piber und ihr Team helfen rund um die Uhr kostenlos. Foto: Jan Woitas, dpa, privat

    Es sind dramatische Worte einer 16-Jährigen. „Es macht alles keinen Sinn mehr“, sagt die junge Frau verzweifelt. Kurze Zeit zuvor hat ihr Freund die gemeinsame Beziehung beendet. Ihre Nummer löschte er sogleich aus seinem Whatsapp-Verzeichnis. Sie schäme sich sehr. Niemandem in ihrem privaten Umfeld könne sie sich anvertrauen.

    Die Geschichte der jungen Frau ist dennoch gut ausgegangen. Denn sie fand jemand, der ihr zuhörte und mit ihr nach einer Lösung suchte: Dr. Gabriela Piber, Theologin und Psychotherapeutin, ist hauptamtliche Leiterin der ökumenischen Telefonseelsorge Oberschwaben-Allgäu-Bodensee mit Sitz in Ravensburg. Seit 40 Jahren bietet die Einrichtung mit über 100 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kostenlos und rund um die Uhr Hilfe bei schweren Lebenskrisen oder alltäglichen Sorgen und Nöten. 525.600 Telefonate wurden seit ihrer Gründung geführt sowie 2.650 Mails und 3.900 Chats geschrieben. Vielen Menschen konnte auf diese Weise in schwieriger Stunde geholfen werden.

    Mitarbeiter und die Anrufer bleiben dabei anonym

    „Die Telefonseelsorge geht mit den Menschen und mit der Zeit“, sagt Piber. 1984 sei das Angebot mit einem grünen Wahlscheiben-Telefon begonnen worden. Seit 2007 können Menschen auch per Mail und seit 2009 über Chat Kontakt zur Telefonseelsorge aufnehmen. Seit der Corona-Pandemie gibt es zudem eine Krisen-Kompass-App, die insbesondere von jungen Leuten genutzt wird. Nicht selten kommt es nach einem digitalen Chatverlauf zu einem Telefonat, bei dem die Betroffenen ihr Herz ausschütten. So wie die verlassene 16-Jährige. Die Mitarbeiter und die Anrufer bleiben dabei anonym. „Wir kennen weder Name noch Rufnummer“, sagt Piber. Wichtig ist nur der Mensch mit seinen Problemen. Manche können nicht einschlafen, andere sorgen sich um ihren Arbeitsplatz oder sie kämpfen gegen Isolation, Mobbing oder Eheproblemen. Die Menschen haben einen völlig unterschiedlichen familiären oder beruflichen Hintergrund: Der verwitwete Rentner zählt genauso dazu, wie die erfolgreiche Unternehmerin, die nachts vor Erschöpfung nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll, erzählt Piber. Fast immer finde sich ein Weg, der im Gespräch entsteht. Lesen Sie auch: Depressionen erkennen: Das sind die Anzeichen

    "Wer uns anruft, hat noch einen Funken Hoffnung"

    „Wer mit uns in Kontakt tritt, hat noch einen Funken Hoffnung. Diesen Faden greifen wir auf“, sagt Piber. Ihre Devise bei der Telefonseelsorge lautet: „Einfühlen, wertschätzen, echtsein. Zuhören ist unsere erste Antwort und unsere letzte.“ Würde und Freiheit seien ebenfalls wichtige Begriffe: Die Verantwortung liege bei den Betroffenen. Sehr oft würden sie im Gespräch selbst eine Lösung erkennen. Der verlassene 16-jährigen fiel zum Beispiel ein, dass sie eine Verwandte in einer anderen Stadt hatte, der sie vertraute und die sie schon bald besuchen wolle.

    Neben den ganz persönlichen Themen spiegeln sich in der Telefonseelsorge auch immer wieder die (geo-)politische Lage. Allein im Vorjahr verzeichnete die Telefonseelsorge 12.168 Anrufe. Immer wieder wurde der Nahost-Konflikt thematisiert sowie der Krieg in der Ukraine. Beunruhigt haben Anrufer auch Krisen ausgelöst durch Erdbeben, Hochwasser und Dürre.

    Zweijährige Ausbildung

    Wichtiger Bestandteil der Telefonseelsorge sind die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die großes Engagement zeigen. Zunächst nehmen sie an einer zweijährigen Ausbildung mit etwa 200 Fortbildungseinheiten teil. Nach der Ausbildung verpflichten sie sich zur Mitarbeit von mindestens drei Jahren. Sie werden von den hauptamtlichen Leiterinnen Gabriela Piber und Regina Raaf sowie weiteren Honorarkräften in Ausbildung, Fortbildung und Supervision begleitet. Lesen Sie auch: So schaffte es eine Alkoholikerin aus der Sucht

    "Hatte Menschen am Telefon, der mich durch die Nacht gebracht hat"

    Einmal bedankte sich eine Anruferin mit diesen Worten bei der Telefonseelsorge: "Ich hatte eine Nacht in der ich ganz alleine war und wusste nicht mehr weiter. Ein Gedanke hat mich dann doch zum Telefon greifen lassen und ich hatte einen Menschen am Telefon, der mich durch die Nacht gebracht hat." Und weiter: "Ich denke, dass Euer Angebot ein extrem wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist, um viele Menschen zu trösten, zu verstehen und diesen einfach beizustehen."

    So erreichen Sie die Telefonseelsorge

    Die ökumenische Telefonseelsorge Oberschwaben-Allgäu-Bodensee ist kostenlos zu erreichen unter den Nummern: 0800 1110111 und 08001110222. Oder im Netz mit Chat und Mail: unter www.telefonseelsorge-ravensburg.de Ebenfalls ein Angebot in unserer Region stellt die Ökumenischen Telefonseelsorge Augsburg dar. Mehr über deren Angebot erfahren Sie hier: www.telefonseelsorge-augsburg.de/

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden