„Was passiert ist, ist für alle ein Schock. Wir wollen den Zeugen und Angehörigen Zeit geben, die traumatischen Ereignisse zu verarbeiten. Dann werden wir den Fall sachlich und in Ruhe aufarbeiten“: So äußert sich Staatsanwalt Ferdinand Siebert zu dem Traktor-Unglück bei Balderschwang (Oberallgäu), bei dem am Wochenende zwei Kinder ums Leben gekommen sind (wir berichteten). Sie wurden von einer landwirtschaftlichen Maschine überrollt, an deren Steuer ein 13-Jähriger saß. „Die Staatsanwaltschaft Kempten hat die Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen“, sagt Siebert. Unklar ist, gegen wen. „Wem der Tod der Kinder strafrechtlich vorzuwerfen ist, ist Gegenstand der Ermittlungen.“ Derzeit gelte es, das Unfallgeschehen zu rekonstruieren. Auch die Frage, ob das Gelände öffentlich zugänglich war, spielt eine Rolle.
Gleich am Wochenende wurden die Spuren am Unfallort gesichert, sagt Christian Eckel, Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West. Es sei klar, wo beispielsweise der Traktor stand und dass die Kinder auf einem Waldweg unterwegs waren. Zur Unfallursache gibt es indes keine Neuigkeiten. Auch die Zeugen und ihre Angehörigen wurden noch nicht befragt. „Die Betroffenen müssen das Geschehene verarbeiten dürfen“, sagt Siebert. Neben der Rekonstruktion des Unfallhergangs gehe es bei den Ermittlungen unter anderem auch darum zu klären, inwiefern der Unfallweg öffentlich zugänglich war. Dies spielt für das weitere Vorgehen eine entscheidende Rolle. Die erste Einschätzung des Balderschwanger Bürgermeisters Konrad Kienle, wonach sich das Unglück auf einem nicht öffentlichen Privatweg ereignet hat, kann nach Angaben der Polizei derzeit nicht bestätigt werden.
Rechtsanwalt und Verkehrsrechtsexperte Oliver Ahegger (Kempten) erläutert: „Auch auf privaten Wegen darf nicht unbedingt ohne Führerschein gefahren werden.“ Das sei nur möglich, wenn die Straße nicht dem öffentlichen Verkehr dient. Das ist zum Beispiel der Fall, sobald die Straße durch ein Tor abgesperrt ist. Wenn in solchen abgesperrten Bereichen etwas passiert, stelle sich zwar meist nicht die Frage nach der Fahrerlaubnis, dafür aber dennoch nach der Haftung bei Unfällen. Generell gilt: Strafmündig sind Personen ab 14 Jahren.
Und wie sieht es in Sachen Führerschein aus? „Jugendliche dürfen bereits ab 16 Jahren den Führerschein der Klasse T erwerben, damit Traktoren mit einer Höchstgeschwindigkeit bis zu 40 km/h fahren.“ Das erläutert eine Sprecherin der Abteilung „Verkehr und Technik“ des Bayerischen Bauernverbands (BBV). Wer jünger ist, dürfe nur auf einem Gelände unterwegs sein, das klar von der restlichen Verkehrswelt abgetrennt ist.
Dass der Nachwuchs mit anpackt, ist in der Landwirtschaft keine Seltenheit. „Jugendliche mit landwirtschaftlichem Hintergrund wachsen mit Traktoren und anderen Landmaschinen auf, werden schon früh an derlei Tätigkeiten herangeführt“, sagt Manfred Krug, Geschäftsführer des BBV-Kreisverbands Oberallgäu. „Häufig ist das auch notwendig, um die Eltern auf dem heimischen Betrieb unterstützen zu können. Es gibt sicher auch Fälle, in denen ein unter 16-Jähriger schon mehr Erfahrung und Können mit einem Traktor hat als ältere Zeitgenossen.“