Es war im Winter, die Felder ruhten und viele Landwirte hatten etwas weniger zu tun als im Sommer. Ein ungünstiger Zeitpunkt für die Politik, den Bauern weitere Unterstützungen zu streichen, erinnert sich Andreas Magg. „Selbst schuld, ein taktischer Fehler“, sagt er. Die Zuschauer lachen. Sie wissen, was dann geschah: Die Bauernproteste begannen.
Magg ist Landwirt aus dem Unterallgäuer Sontheim und Mitglied der Vereinigung „Landwirtschaft verbindet Bayern“. Als Gäste beim AZ-Jahresrückblick „Unsere Köpfe 2024“ erzählen er und Andreas Hummel, Oberallgäuer Vorsitzender des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), am Donnerstagabend von den Bauernprotesten, die Anfang des Jahres ganz Deutschland in Atem hielten. Moderator des Abends ist Helmut Kustermann, Leiter des Ressorts Allgäu-Rundschau und Mitglied der AZ-Redaktionsleitung.
Bauernproteste Anfang 2024 im Allgäu: Beteiligte Landwirte geben Einblicke
Als die Bundesregierung vor Weihnachten 2023 die geplante Subventionsstreichung beim Agrardiesel und die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung verkündete, habe dies das Fass zum Überlaufen gebracht, sagt Magg. Die Landwirte gingen - oder besser fuhren mit ihren Traktoren - auf die Straße. Dieses Bild wird Andreas Hummel im Gedächtnis bleiben, sagt er: Zehntausende Traktoren auf den Straßen. Einen solchen Zusammenhalt der Landwirte und einen solch großen Protest „hatten wir bis dato nicht gekannt“. Wobei aus seiner Sicht nicht alles gut war. Zum Beispiel hölzerne Galgen, die an einigen Stellen des Allgäus aufgestellt worden waren und an denen Puppen baumelten.

Ob die Demonstrationen die Bauernschaft gespalten haben, etwa in die Lager der Gemäßigten und der Hardliner, will Kustermann wissen. Dass es Diskussionen innerhalb des Berufsstandes gab und gibt, sei völlig normal und wichtig, sagt Hummel. Gräben seien aber nicht entstanden. Magg ergänzt: Der Zusammenhalt sei durch die Proteste sogar verbessert worden. Manchmal habe ihm aber das Verständnis der Bevölkerung gefehlt. Einerseits hätten Tausende Menschen während des Streiks der Fluglotsen tagelang auf Flughäfen gecampt. Auf der anderen Seite aber hätten sie sich geärgert, wenn sie wegen eines Traktorenkonvois ein paar Minuten zu spät zur Arbeit gekommen sind. Alles in allem aber seien die Rückmeldungen der Menschen positiv gewesen.
Landwirt über Proteste: „Wir wollen auch unsere Ruhe haben“
Die Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge bleibt nun erhalten. Was haben die Proteste noch gebracht? Die Landwirtschaft werde stärker als zuvor von der Bevölkerung respektiert, sagt Hummel. Zudem seien die Bauern wieder mit Politik und Naturverbänden ins Gespräch gekommen. „Und wie geht es jetzt weiter?“, fragt Kustermann. Immerhin steht der Winter wieder vor der Tür. Vielleicht werden einzelne Aktionen stattfinden, antwortet Magg. Doch er hofft, dass es keinen Anlass für größeren Protest geben wird. „Wir wollen auch unsere Ruhe haben.“
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