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Von einem Glücksfall und dem Schmerz im Jubel: So startet der Musiksommer in Oberstdorf

Musiksommer Oberstdorf

Von einem Glücksfall und dem Schmerz im Jubel: So startet der Musiksommer in Oberstdorf

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    Die Münchner Symphoniker gestalteten im Oberstdorf-Haus den Auftakt zum Musiksommer.
    Die Münchner Symphoniker gestalteten im Oberstdorf-Haus den Auftakt zum Musiksommer. Foto: Nadine Burow

    In den Bergen kann schnell ein Unwetter aufziehen. Von dieser Erfahrung singt die Oberstdorfer Jodlergruppe zur Eröffnung des Oberstdorfer Musiksommers und schlägt damit eine gedankliche Brücke zu den Werken des nachfolgenden Konzertes der Münchner Symphoniker. Zwei schwergewichtige Stücke hat das Orchester aufs Programm gesetzt: das dritte Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow und die siebente Sinfonie von Antonín Dvořák. Beide Werke verbindet dieselbe Tonart: d-Moll. Sie steht in der Musikgeschichte vor allem für schicksalhafte, unheilbringende Ereignisse.

    Ein solches ereilte die Macher des Festivals schon vor diesem Konzert: Der Pianist erkrankte. Doch das Schicksal meinte es gut. Der auf die Schnelle gefundene Ersatz, Andrej Korobeinikov, erwies sich als Glücksfall, als Idealbesetzung für dieses inhaltlich komplexe und technisch überaus herausfordernde Werk.

    Der Pianist lotet den tieferen Kern der Komposition aus

    Andrej Korobeinikov versteht es nicht als Futter, um seine außergewöhnliche spieltechnische Artistik zur Schau zu stellen, er lotet vielmehr den tieferen Kern der Komposition aus, die Poesie, die in dieser Musik schlummert. Er entlockt ihr, ebenso wie Rachmaninows Prélude in g-Moll, das er als Zugabe nachreicht, zarte Nuancen und delikate Klangbilder. Freilich bleibt er auch den herzhaften Zugriff nicht schuldig, wo immer er nötig ist. Der ist vor allem im dritten Satz, dem letzten des Werkes, gefragt. Dort gipfeln die musikalischen Kontraste in einer Art Reiterschlacht, die immer wieder neu angepeitscht wird, und die in einem wilden Höllenritt endet. Am Ende freilich triumphiert die Partei, die in diesem Werk für die versöhnlichen Momente, für die Friedensangebote steht. Doch der Sieg ist schwer errungen. Schmerzliche Töne mischen sich in den Jubel.

    Die Melodie erinnert an ein Volkslied

    Dabei begann alles so beschaulich, fast beiläufig, und vor allem so unaufgeregt und entspannt. So führt der Pianist das Hauptthema ein, das dieses Werk beherrschen wird. Es erinnert an ein Volkslied, ein wenig schwermütig, aber voller Gefühl und Poesie. Die Innigkeit freilich schaukelt sich zur Leidenschaft auf und irgendwann drohen die Emotionen überzukochen …

    Schicksalhafte Ereignisse scheint auch die siebente Sinfonie von Antonín Dvořák zu beschwören. Von Anfang an herrscht ein ernster Ton vor, der immer wieder dramatisch zugespitzt wird. Doch es gibt Hoffnung: Inseln des Friedens breiten sich aus. Sie erscheinen als Zufluchtsort, als Sehnsucht und zerplatzen schließlich als Utopie. Denn am Ende steht nicht das Wirklichkeit-Werden des Ideals, sondern die klanglich harte, nüchterne Landung in einer Welt voll grausamer Nackenschläge.

    Im Scherzo blühen auch Erinnerungen an böhmische Tanzweisen auf

    Das Orchester freilich weiß sich unter der Leitung von Joseph Bastian in dieser ernüchternden Sinfonie von seiner besten Seite zu zeigen, schlägt – wie schon bei Rachmaninows Klavierkonzert – einen straffen, schlanken Ton an, der analytisch klar Feinheiten der Instrumentierung herausarbeitet, den dramatischen Gehalt der Musik schärft, aber auch ihre wechselnde Atmosphäre jeweils stimmungsvoll entfaltet. So blühen im Scherzo zum Beispiel auch die Erinnerungen an traditionelle böhmische Tanzweisen auf, bis die Musik sie dramatisch zuspitzt.

    Mit solch fesselnden Interpretationen bestätigte dieser Auftakt das hohe Niveau, das Redner beim vorangehenden Empfang dem Festival attestiert hatten. Solches Niveau sei nicht umsonst zu haben, sagte Landrätin Indra Baier-Müller und dankte den Unterstützern, allen voran dem Förderverein.

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