Was passiert, wenn ein Bauernhof mit einem Tierhaltungs- und Betreuungsverbot konfrontiert wird? Was geschieht mit den Tieren? Von solchen Plänen betroffen ist ein Milchviehbetrieb aus dem Unterallgäu, der eine vierstellige Zahl an Rindern hält. Die Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) beabsichtigt, das Verbot gegen dessen Betriebsleiter zu verhängen. Über Details haben wir mit der Behörde gesprochen.
Dem vorausgegangen war eine Aktion der Organisation „Soko Tierschutz“: Diese hatte im vergangenen Jahr auf dem Hof heimlich Filmaufnahmen erstellt. Die Szenen liegen unserer Redaktion vor. Sie sollen zeigen, wie Rinder misshandelt werden. Auch die KBLV erhielt die Videos. Daraufhin durchsuchten vor etwa zwei Wochen Polizei und Behördenvertreter den Betrieb, der bereits 2019 wegen ähnlicher Vorwürfe ins Visier von Ermittlern geraten war.

Eine der Folgen nun: Die KBLV beabsichtigt, dass der Betriebsleiter keine Tiere mehr halten und betreuen darf: „Er hat nach Einschätzung der KBLV im Umgang mit Rindern grob und wiederholt gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Zudem ist anzunehmen, dass er weitere derartige Handlungen begehen wird.“
Müssen die Tiere dann vom Hof geholt werden?
Müssen die Tiere dann vom Hof geholt werden? Im Oberallgäu ist im Februar ein landwirtschaftlicher Betrieb wegen „erheblicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz“ geräumt worden. Wie berichtet, wurden die knapp 170 Rinder und Schweine auf andere Betriebe verteilt. Schon das sei eine erhebliche Herausforderung gewesen, hieß es beim Landratsamt. Im Unterallgäu nun geht es um eine vierstellige Zahl an Rindern, die auf drei Hofstellen verteilt sind. Sie in anderen Betrieben unterzubringen, wäre eine „hohe logistische Hürde“, antwortet die KBLV. „Dies ist bei der Größe der betroffenen Betriebe kaum darstellbar. Alternativ käme eine Schlachtung des Bestandes infrage; dies wäre aber nicht im Sinne des Tierschutzes.“

Eine weitere Lösung: „Die Verantwortlichkeit für die Haltung und Betreuung der Tiere könnte einer anderen, geeigneten Person übertragen werden, sofern dieser auch entsprechende Befugnisse erteilt werden“, teilt die KBLV mit. Dann könnte auf dem Hof im Unterallgäu alles so bleiben, wie es ist - nur unter einem anderen Betriebsleiter. Der derzeitige Verantwortliche hat noch einige Tage Zeit, sich zum geplanten Verbot zu äußern. Danach wird die Behörde endgültig entscheiden.
Das sagt der Anwalt des landwirtschaftlichen Betriebs
Wie reagiert einer der Anwälte des Betriebes auf das geplante Verbot? Er habe beantragt, die Akten zu dem Fall einsehen zu können, antwortet er per Mail. Vorher könne er die Vorwürfe nicht prüfen, sagt der Anwalt. Zudem seien „tierärztliche Stellungnahmen durch Experten beauftragt“ worden. Aber auch die könnten erst fertiggestellt werden, wenn Akteneinsicht gewährt wird. „Die Bewertung durch die Experten wird der Ausgangspunkt für das weitere Vorgehen sein.“ Sollte ein Tierhaltungs- und Betreuungsverbot gegen den Betriebsleiter durchgesetzt werden, hat er vier Wochen Zeit, beim Verwaltungsgericht dagegen zu klagen, heißt es dort auf unsere Anfrage.

Die KBLV plane zum ersten Mal ein solches Verbot, teilt ein Sprecher mit. Die Behörde überwacht bayernweit 800 große Lebensmittel- und Tierhaltungsbetriebe, darunter auch den Unterallgäuer Hof. Sollte das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot durchgesetzt werden, werde sie stichprobenartig kontrollieren, ob sich der jetzige Betriebsleiter daran hält. Sie werde zudem „jedem Anhaltspunkt, dass gegen das Verbot verstoßen wird, nachgehen und dies gegebenenfalls streng sanktionieren“. Es könne ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro fällig werden.
Personal in Behörden erhöht, viele Kontrollen
Apropos Kontrollen: Kommen die zuständigen Behörden ihren Aufgaben nach oder sind sie überfordert? Das Personal dafür sei in den vergangenen Jahren „deutlich erhöht“ worden, antwortet das Bayerische Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Es seien etwa 100 neue Stellen für Amtstierärzte geschaffen worden. Und es gebe viele Kontrollen. „Diese erfolgen grundsätzlich unangekündigt.“
Es gebe jedoch, „wie in jedem anderen Bereich der Gesellschaft auch, keine 100-prozentige Sicherheit“. Damit meint das Ministerium: Wenn Kontrolleure in einem landwirtschaftlichen Betrieb sind, „werden die Vorgaben eingehalten“. Es könne aber nicht rund um die Uhr jeder Stall kontrolliert werden.
Es steht noch eine Gerichtsverhandlung gegen Unterallgäuer Hof aus
Im Fall des Unterallgäuer Betriebes ermittelt die Staatsanwaltschaft, was an den neuen Vorwürfen dran ist. Doch es steht auch noch eine Verhandlung vor dem Memminger Landgericht aus. Darin wird es um die 2019 erhobenen Vorwürfe gehen, die ebenfalls unter anderem mit Misshandlung von Rindern zu tun haben. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.
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