Anton Burger muss nicht lange suchen, um beispielsweise auf die Frage nach dem Winter von vor zehn Jahren zu antworten. Er hat alles fein säuberlich sortiert, nach Jahren aufgelistet. Auf einem Papier steht notiert: 20. Februar 2014. Niederschlag 2,4 Liter pro Quadratmeter. Kein Schnee. Burger ist seit über 25 Jahren für den Deutschen Wetterdienst im Einsatz. Er erfasst und notiert seit 1998 durchgehend als ehrenamtlicher Wetterbeobachter die Verhältnisse in Kranzegg im Oberallgäu.
Bei ihm findet man Wetteraufzeichnungen ab 1961, schon sein Vater hatte die entsprechenden Daten festgehalten. Von damals bis heute habe es viele Extreme gegeben, sagt er. Ein so schneearmer Februar wie derzeit sei ihm allerdings auch noch nicht untergekommen, erzählt der 74-Jährige.
Bereits Mitte des Monats verkündeten Meteorologen, dass es der wärmste Februar seit 104 Jahren sein werde. Zweistellige Plusgrade hat es diesen Februar auch im Allgäu gegeben. In den kommenden Tagen soll es zwar etwas kälter werden. Dennoch fällt laut Prognosen mehr Regen als Schnee.
Warme Temperaturen im Allgäu: Was das mit einigen Tieren macht
Der Mensch hat damit weniger Probleme, im Gegensatz zu vielen Tieren. Sie seien „aus dem Takt“, heißt es beim Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV). Verwirrt werden etwa daheimgebliebene Vögel: Manche Tiere bekommen früher Nachwuchs, finden für die Neugeborenen aber keine Nahrung, weil sich manche Insekten noch im Winterschlaf befinden, erläutert LBV-Biologin Dr. Angelika Nelson. Andere Tiere, wie die Fledermaus oder der Igel, werden in ihrem Winterschlaf gestört. Wie sich das auf ihre Lebensdauer oder ihre Fortpflanzung auswirkt, müssen laut LBV die kommenden Jahre zeigen.
Und während man den Frühling mit dem Gezwitscher der Vögel in vielen Gärten schon hört, können ihn Allergiker fühlen: Einige Pflanzen tragen wegen der warmen Temperaturen früher Blüten. Mitte der Woche war etwa die Belastung durch Erlenpollen laut Deutschem Wetterdienst „hoch“. Das ist die höchste von insgesamt sieben Stufen. Auch Haselpollen schwirren durch die Luft.
Apfelernte wegen warmer Temperaturen verschoben
Zum Problem werden frühe Blüten auch dann, wenn die Ernte davon abhängt.
. „Wir können die Natur nicht beeinflussen“, sagt Andreas Willhalm, Obstbauer aus dem Kreis Lindau. Dort sei derzeit aber noch „alles im Rahmen“. Im Februar habe es bisher oft Nebel gegeben, die Temperaturen seien nicht so hoch gestiegen. Wird es allerdings noch wärmer, dann treiben die Bäume aus.Die Folge ist, dass der Landwirt früher als üblich Pflanzenschutzmittel benötigt. Auch die Ernte ist dann im Sommer nach vorn verschoben und findet laut Willham im August statt, wenn es meist sehr heiß ist. Das Obst ist dann zu warm, um es zu lagern. Es muss heruntergekühlt werden. „Wir stellen eine Klimaveränderung fest“, sagt Willhalm. Mit Hagel habe er beispielsweise fast regelmäßig zu kämpfen, bei seinem Vater sei das noch deutlich seltener vorgekommen.

Anton Burger kann in seinen Aufzeichnungen die Schneetage in Kranzegg in der Zeit von Oktober bis Mai miteinander vergleichen. Einzelne Extreme wie etwa im Jahr 1999, als es besonders viel Schnee gab, sind zu erkennen. Ebenso hat er eine Liste, die ganzjährig alle Niederschläge in dem Ort zeigt.
Gelb markiert ist zum Beispiel der Januar 1997. Als einer von bislang nur zwei Monaten seit 1951, in denen es keinerlei Niederschlag gab. Was die Daten auch zeigen: Die Zahl der Wintertage, an denen Schnee in Kranzegg liegt, gehen zurück. Das gilt auch für diesen Februar.