"Dialekt und Tradition" soll ab kommendem Schuljahr als Wahlfach an der Grundschule Oberreute angeboten werden. Die Idee dazu stammt von Bürgermeister Stefan Schneider.
Bild: Angela Feßler, Olaf Winkler
"Dialekt und Tradition" soll ab kommendem Schuljahr als Wahlfach an der Grundschule Oberreute angeboten werden. Die Idee dazu stammt von Bürgermeister Stefan Schneider.
Bild: Angela Feßler, Olaf Winkler
Stefan Schneider hat selbst erlebt, dass er mit seinem Allgäuer Dialekt teilweise Unverständnis ausgelöst hat – „damals beim Studium in Konstanz“. Dennoch ist der heutige Bürgermeister von Oberreute ein Verfechter des Dialekts: In seinem Beruf als Bauingenieur habe ihm das in keiner Weise geschadet. Im Gegenteil: Es hat ihm ein positives „Wir-Allgäuer-Gefühl“ vermittelt. Vor diesem Hintergrund hat sich Schneider jetzt für ein besonderes Projekt eingesetzt: An der Grundschule soll es ein Wahlfach „Dialekt und Tradition“ geben.
Schneider hat, seit er als Bürgermeister 2020 ins Amt kam, bei manchem Termin vor Ort festgestellt: „Die Kinder sprechen nur noch Hochdeutsch.“ Das bedauert der 34-Jährige. Denn er sieht damit ein Stück der regionalen Identität schwinden. „Ich sehe es als gemeindliche Aufgabe, die Mundart als Verbindung mit unserer Region und unserer Heimat zu unterstützen“, sagt Schneider. Und er ist überzeugt: „Das schafft unter Dialektsprechern ein Bewusstsein regionaler, ideeller und lebenspraktischer Zusammengehörigkeit.“ Und das schließt aus seiner Sicht auch jene ein, „die den Dialekt nur noch halb beherrschen oder sogar nur verstehen“.
Vor diesem Hintergrund hat er ein Wahlfach an der Grundschule angeregt. Der Gemeinderat fand die Idee gut – und auch Schulleiterin Johanna Bötsch hat zugestimmt. Nun sind in den nächsten Tagen die Eltern der Erst- und Zweitklässler gefragt. Sie erhalten einen Fragebogen, ob sie ihr Kind zu der kostenlosen Unterrichtsstunde anmelden wollen. Darin soll es nicht nur um den Dialekt, sondern auch um Traditionen gehen, die sich im Ort erleben lassen – vom Maibaumstellen über den Funken bis hin zu Fronleichnam. Acht Freiwillige aus dem Ort hat Schneider schon gefunden, die sich die Vermittlung dieses Wissens vorstellen können – „aus allen Generationen“, wie Schneider erfreut sagt. Sie sollen zumindest eine Ehrenamtspauschale erhalten.
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Deshalb, und mit Blick auf Unterrichtsmaterial, rechnet der Bürgermeister mit Kosten in Höhe von 3500 Euro im Jahr. Dafür erhoffte sich Schneider Unterstützung vom Freistaat und schrieb Ministerpräsident Markus Söder und Kultusminister Michael Piazolo an. Statt Söder antwortete der für Finanzen und Heimat zuständige Staatsminister Albert Füracker. „Die Bewahrung und Pflege der in Bayern gesprochenen Dialekte ist mir stets ein wichtiges Anliegen“, schreibt Füracker. Positiv ist aus seiner Sicht der Ansatz, dies im schulischen Umfeld zu pflegen. Denn: „Die Kinder und Jugendlichen sind diejenigen, die heimische Mundarten bewahren und an die nächste Generation weitergeben können.“ Dies gelte umso mehr, als der „Dialekt im Westallgäu im bayerischen Raum eine Besonderheit darstellt“. Doch den positiven Worten folgt eine Absage: Für das Projekt „stehen derzeit keine Fördermöglichkeiten zur Verfügung“.
Piazolo verweist auf den „Lehrplan Plus“ der Grundschulen, in denen die Mundart „als fester Bestandteil der Sprachwirklichkeit vieler Kinder angemessene Berücksichtigung“ finde. Piazolo wünscht dem Projekt viel Erfolg – doch auch ihm „stehen keine entsprechenden Mittel zur Verfügung“, wie er schreibt.
Schneider will sich davon nicht abschrecken lassen. „Dann muss die Gemeinde die Kosten übernehmen“, sagt er. Starten soll das Projekt nach den Herbstferien im November.