Bis vor wenigen Wochen war Liebherr-Aerospace Lindenberg gut unterwegs. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen seinen Umsatz auf 757 Millionen Euro gesteigert - ein Plus von 4,6 Prozent. Dannn kam die Coronapandemie. Die Bestimmungen der Regierungen zwingen die Flugzeuge rund um den Globus an den Boden, viele Luftfahrtgesellschaften stellen Bestellungen zurück. Zudem fehlen dem Lindenberger Unternehmen Wartungs- und Serviceaufträge – in der Branche ein wichtiges Geschäft. Das hat Auswirkungen auf die Standorte in Lindenberg und Friedrichshafen: Beide gehen vom 14. bis 24. April in Betriebsruhe. Anschließend wird es in einigen Bereichen Kurzarbeit beim größten Arbeitgeber im Landkreis geben.
Liebherr ist seit sechs Jahrzehnten einer der wichtigsten Systemlieferanten der Luftfahrt. Bei allen bedeutenden Herstellern ist das Unternehmen an Bord. Fachleute haben der Branche bislang gute Aussichten bestätigt. Mit Blick auf das vergangene Jahr spricht Liebherr-Aerospace auch von einem „erfreulichen Wachstum“.
Getrieben wurde es unter anderem durch die steigende Baurate des Airbus A320neo. Außerdem wurden verschiedene Flugzeugprogramme mit Liebherr-Systemen an Bord in Betrieb genommen: Die Flugzeugtypen C-390 Millennium und E195-E2 von Embraer sowie der Global 7500 von Bombardier.
Als einen Höhepunkt im vergangenen Jahr wertet Liebherr-Aerospace Lindenberg den Start der Serienproduktion von 3D-gedruckten Komponenten: Bei der ersten flugtauglichen Serien-Komponente, die Liebherr mit diesem Verfahren herstellt und liefert, handelt es sich um einen Halter am Bugfahrwerk des Airbus A350 XWB.
Deutlich schwieriger wird das laufende Jahr werden. Grund ist die Coronapandemie. In welchem Ausmaß die Auswirkungen spürbar sein werden, könne „zum jetzigen Zeitpunkt nicht verlässlich vorausgesagt werden“, so die Geschäftsführung von Liebherr-Aerospace in Lindenberg auf Anfrage.
Klar ist: Die Werke in Lindenberg und Friedrichshafen haben zunächst vom 14. bis 24. April Betriebsruhe. In diesen Tagen bauen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zeitkonten und Urlaub ab. Ab dem 4. Mai wird das Unternehmen dann nach eigenen Angaben bis auf weiteres für Teilbereiche Kurzarbeit in Anspruch nehmen. Die entsprechenden Vereinbarungen haben Geschäftsführung und Betriebsrat geschlossen. Zuletzt gab es bei der Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH während der Finanzkrise 2009 in einigen Bereich Kurzarbeit. Wie es weitergeht, hänge von der weiteren Entwicklung rund um die Ausbreitung des Coronavirus ab. Dazu stehe die Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH „in engem Austausch mit seinen Lieferanten und Kunden“. Das Unternehmen habe in jedem Fall alle Maßnahmen eingeleitet, um die Kundennachfrage in diesem Jahr und darüber hinaus sicherzustellen.
Hintergrund der Entscheidungen sind die aktuellen Ein- und Ausreisebeschränkungen. Ein Großteil der weltweiten Flugzeugflotte steht aktuell am Boden. Die Fluggesellschaften stellen den Neuerwerb von Flugzeugen zurück, weshalb die Hersteller die Flugzeugproduktionen stark herunterfahren. Diese Entwicklung setzt sich nach Angaben von Liebherr auch im Wartungs- und Instandhaltungsgeschäft fort.
Das Coronavirus hatte zuvor schon Auswirkungen auf den Betrieb in Lindenberg. So arbeiten bereits viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens von zu Hause aus. Damit der Betrieb bei Quarantänefällen handlungsfähig bleibt, aber auch zur eigenen Sicherheit. „In diesen Tagen gilt mehr denn je: Die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer Familien hat absolute Priorität“, fasst die Geschäftsführung die Lage zusammen. Um Infektionsrisiken zu vermeiden, stehe das Unternehmen weiter in engem Kontakt mit den Behörden.
Es wird weiter geforscht
Liebherr-Aerospace gehört zu den europäischen High-Tech-Unternehmen. Die Forschung hat sich im Vorjahr nach Unternehmensangaben vor allem auf die nächste Generation von Flugzeugen konzentriert. So arbeite die Sparte weiter an elektrischen Systemen und Leistungselektronik, die den CO2-Ausstoß verringern und die Effizienz von Flugzeugen erhöhen.