Das Impfzentrum in Lindau in der Tunrhalle der Fachoberschule wird Ende des Jahres schließen. Schüler kehren danach aber dennoch nicht in die Halle zurück.
Bild: Wolfgang Schneider (Archiv)
Das Impfzentrum in Lindau in der Tunrhalle der Fachoberschule wird Ende des Jahres schließen. Schüler kehren danach aber dennoch nicht in die Halle zurück.
Bild: Wolfgang Schneider (Archiv)
Die Tage der beiden Impfzentren im Landkreis Lindau sind gezählt. Beide Einrichtungen werden Ende 2022 geschlossen. In Lindenberg war ein Gebäude des ehemaligen Feriendorfes am Nadenberg zur Bekämpfung der Corona-Pandemie genutzt worden, in Lindau die FOS-Turnhalle. Zu Hochzeiten kamen mehrere hundert Impfwillige pro Tag.
Inzwischen ist die Situation eine völlig andere. Die Nachfrage ist rapide gesunken. In einer Woche seien es kaum mehr als 150 Impfungen, an den meisten Tagen weniger als 50, sagt Dr. Klaus Adams. Der Lindauer hatte, nachdem er vor etwa zwei Jahren als Kinderarzt in Ruhestand gegangen war, die medizinische Leitung der beiden Impfzentren im Kreis übernommen.
Warum nur noch so wenige zum Impfen kommen, darüber kann Adams nur mutmaßen. „Seit die Corona-Beschränkungen gefallen sind, merken wir das auch im Impfzentrum“, sagt der Arzt. Als der neue, an die Omikron-Variante angepasste Impfstoff BA.4/5 von Biontech, freigegeben wurde, seien nochmals ein paar Impfwillige ins Impfzentrum gekommen. Aber auch das höre wieder auf.
Eine zweite Auffrischungsimpfung empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) Menschen über 60 und allen Risikopatienten. Aber offenbar halten nicht viele eine Impfung für notwendig. „Es müssten deutlich mehr Menschen ins Impfzentrum kommen, wenn die sich alle impfen lassen würden“, sagt Adams.
Ein Grund könnten auch die sinken Inzidenzwerte sein. Seit Anfang November sind die Zahlen rückläufig. Der Inzidenzwert im Landkreis hat sich zwischen 110 und 130 eingependelt. Im September, Oktober und November sind laut Landratsamt trotzdem noch insgesamt 13 Menschen im Landkreis nach einer Infektion mit dem Coronavirus verstorben.
Die Schließung des Impfzentrums werden vor allem Hausärzte im Kreis spüren. Impfwillige können sich ab Januar ausschließlich bei ihnen melden. Darin sieht Adams ein Problem. Denn für die Praxen, die ohnehin Personalmangel hätten, sei das Impfen ein zusätzlicher Aufwand. Damit sie Ampullen nicht wegwerfen müssen, müssten Termine möglichst geschickt gelegt werden. Außerdem müsse bezüglich der Abrechnung noch einiges geklärt werden, so Adams.
Wie es mit der FOS-Turnhalle weitergeht, ist hingegen schon klar. Das Landratsamt reserviert sie im kommenden Jahr für Geflüchtete. Wie die Behörde mitteilt, kommen gerade wieder mehr Menschen aus dem Irak, Syrien, Afghanistan und der Türkei in den Landkreis. Wann die Flüchtlinge einziehen, kann sie nicht sagen. Auch nicht, wie lange die Halle für Geflüchtete frei gehalten werden soll.
Wie ernst die Lage ist, dazu äußerten sich auch Landrat Elmar Stegmann und Jugendamtsleiter Jürgen Kopfsguter im Jugendhilfeausschuss. Von der Größe des Kreises und den offiziellen Verteilschlüsseln her müsste der Landkreis Lindau 20 geflüchtete Jugendliche aufnehmen, so Kopfsguter. „Tatsächlich werden jetzt bereits 27 bei uns betreut“, gab der Jugendamtsleiter zu bedenken. „Damit sind wir fast auf dem Niveau von 2015.“
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Die Notunterkunft auf dem Zeltplatz in Sauters eigne sich nicht als Unterbringungsmöglichkeit, teilt Landratsamtssprecherin Sybille Ehreiser mit. Denn aus der Turnhalle des Beruflichen Schulzentrums soll keine Erstaufnahme wie in Sauters oder wie in der Doppelturnhalle in Heimenkirch werden. „Dies war eine Sonderlösung, die der sehr kurzfristigen Anreise von sehr vielen Geflüchteten aus der Ukraine – auch mit dem eigenen Auto und direkt in den Landkreis – geschuldet war“, so Ehreiser. Jetzt müsse man eine erste Unterbringung schaffen, bis anderer Wohnraum gefunden ist.
Daran fehlt es offenbar massiv. Noch immer sucht die Kreisverwaltung mit Nachdruck nach Wohnungen und Häusern, ebenso nach Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit.
Die neue Nutzung der Halle bedeutet auch: Die rund 300 Schülerinnen und Schüler der Berufsschule, bei denen seit zwei Jahren das Fach Sport auf dem Stundenplan fehlt, haben auch weiterhin keine Bewegung im Schulalltag. „Für manche wäre das aber wichtig“, sagt Schulleiterin Antje Schubert, die mit der Situation nicht zufrieden ist. Sie sagt aber auch: „Wenn es wirklich keine andere Lösung gibt, tragen wir das aber mit.“
Für die Schülerinnen und Schüler der FOS, die Sport verpflichtend als Note im Abitur haben, und die Berufsschüler, für die Sport verpflichtend ist, habe man Alternativen gefunden. Sie nutzen jetzt die Hallen des Bodensee-Gymnasiums, der Realschule im Dreiländereck und die des Valentin-Heider-Gymnasiums, erzählt die Schulleiterin. Darunter fallen Berufsschüler der Bädertechnik oder auch alle, die sich für eine Aufnahmeprüfung bei der Polizei anmelden wollen.
Geschlossen für den Sport ist die Halle auch zum Leidwesen der Judoka des TSV Lindau. Sie trainierten jetzt zusammen mit anderen Kampfsportarten, sagt Vorsitzender Dominik Moll. „Gut ist das aber nicht.“ Denn deswegen seien von den Jüngeren manche abgewandert. Den Kindern sei es in den Hallen zu laut gewesen. Die Alten Herren der Handballer trainieren wegen der fehlenden Halle seit zwei Jahren gar nicht mehr. (mit bes)