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Wertstoffhof: Was passiert mit dem Abfall aus dem Allgäu?

Klima-Check: Teil 13

Was passiert mit dem Abfall aus dem Allgäu? Ein Experte klärt auf

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    Ein Bild aus dem Müllheizkraftwerk des Zweckverbands Abfallwirtschaft Kempten - kurz ZAK - in Kempten. Was passiert mit dem Abfall aus dem Allgäu? ZAK-Chef Andreas Breuer klärt auf.
    Ein Bild aus dem Müllheizkraftwerk des Zweckverbands Abfallwirtschaft Kempten - kurz ZAK - in Kempten. Was passiert mit dem Abfall aus dem Allgäu? ZAK-Chef Andreas Breuer klärt auf. Foto: Ralf Lienert

    Bayern will bis 2040 klimaneutral werden. Manche Allgäuer Kommune hat sich sogar noch ehrgeizigere Ziele gesetzt. Um diese zu erreichen und in der Region nachhaltig etwas zu verändern, sind viele Aspekte wichtig. Vom Bau neuer Windräder über den Umgang mit Abfall bis zum Pflanzen von Bäumen. In unserer Serie „Der Klima-Check“ greifen wir jeden Samstag einen Gesichtspunkt auf, informieren über den Stand der Dinge – und zeigen auf, was noch getan werden muss. Im heutigen Teil geht es um das Thema Kreislaufwirtschaft.

    Zehntausende Tonnen Wertstoffe und Abfall landen jedes Jahr auf den Allgäuer Wertstoffhöfen. Täglich wächst die Menge weiter – mehr Sperrmüll, mehr Holz, mehr Glas, mehr Elektroschrott, mehr Papier. Andreas Breuer, Geschäftsführer der ZAK- Abfallwirtschaft GmbH mit Sitz in Kempten, erklärt, warum es so nicht weiter gehen kann – und wie eine Lösung aussehen könnte.

    Ein Besprechungsraum in der ZAK-Zentrale wurde komplett mit gebrauchten Möbeln eingerichtet – zur Freude von Andreas Breuer.
    Ein Besprechungsraum in der ZAK-Zentrale wurde komplett mit gebrauchten Möbeln eingerichtet – zur Freude von Andreas Breuer. Foto: Ralf Lienert

    Was passiert mit dem Abfall, der auf den Wertstoffhöfen landet?

    Andreas Breuer: Vieles wird recycelt, bei Glas und Papier beispielsweise liegt die Quote bei nahezu 100 Prozent, gleiches gilt für Metalle. Etwa die Hälfte der Verpackungen aus den gelben Säcken wird stofflich verwertet, das heißt die gebrauchten Materialien werden getrennt und im Wirtschaftskreislauf weiterverarbeitet. Der Rest davon wird zu Ersatzbrennstoff aufbereitet und ersetzt fossile Brennstoffe. Der Rest- und Sperrmüll wird im Müllheizkraftwerk thermisch verwertet und in Wärme und Strom umgewandelt. Was nicht stofflich oder thermisch genutzt werden kann, zum Beispiel bestimmte Baustoffe, wird in Deponien gelagert. In der Abfallhierarchie ganz oben stehen aber andere Dinge: Der beste Abfall entsteht gar nicht erst. Vermeidung ist das Stichwort. Geht das nicht, sollten die Materialien im besten Fall wiederverwendet werden können. Das ist aber oft nicht der Fall.

    Wo liegt das Problem?

    Breuer: Unternehmen verarbeiten Rohstoffe und machen daraus Produkte, die wir als Verbraucher kaufen, verwenden und am Ende in den Müll schmeißen. Das ist das Prinzip unseres linearen Wirtschaftsmodells. Wenn wir mit den Ressourcen weiter so umgehen wie bisher, brauchen wir in Zukunft eine zweite, dritte oder sogar vierte Erde, um den jetzigen Lebensstil aufrecht zu erhalten. Wir müssen von der Wegwerfwirtschaft wegkommen – hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.

    Was versteht man unter Kreislaufwirtschaft?

    Breuer: Das Ziel dabei ist es, ein komplett geschlossenes System zu schaffen, in dem keine Rohstoffe und so wenig Energie wie möglich verloren gehen. Das fängt schon beim Produktdesign an. Technische Geräte zum Beispiel sollten aus Modulen bestehen, die einzeln ausgetauscht werden können – und sie sollten auf Langlebigkeit ausgelegt sein. Es muss möglich sein, Waren zu reparieren. Bei der Wahl der Materialien sollte darauf geachtet werden, dass sie recycelbar sind und die einzelnen Rohstoffe gut voneinander getrennt werden können. Die Produktion selbst sollte abfallarm sein. Dabei muss zum Beispiel Wert darauf gelegt werden, Prozesse zu optimieren und die Produktionsabfälle so gering wie möglich zu halten. Im besten Fall werden dann alle von uns gesammelten Stoffe wiederverwendet oder recycelt und nur noch ein kleiner Teil des Abfalls wird verbrannt oder deponiert.

    Wie weit sind wir davon weg?

    Breuer: Würden alle Menschen auf der Welt so leben wie wir aktuell in Deutschland, bräuchte man drei Erden, um so weiter machen zu können wie bisher. Aber in vielen Branchen tut sich was. Bei Verpackungen kam es früher beispielsweise ausschließlich darauf an, das verpackte Produkt bestmöglich zu schützen, also zum Beispiel Lebensmittel vor dem Verderben zu bewahren. Sie wurden nicht dazu designt, gut recycelt werden zu können. Mittlerweile wird versucht, auf beides zu achten. Auch bei Elektroartikeln gibt es zum Teil schon Hersteller, die ihre Produkte bewusst so konzipieren, dass sie gut repariert werden können. Um die Zuführung von primären Rohstoffen in den Wirtschaftskreislauf merklich zu reduzieren, muss hier in Zukunft aber noch viel mehr getan werden.

    An welchen Stellschrauben muss jetzt im Sinne des Klimaschutzes gedreht werden?

    Breuer: Wir müssen den Verbrauch von Rohstoffen und Energie drastisch senken. Die Politik setzt dafür die Rahmenbedingungen. Mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz ist ein erster Schritt getan. Darin ist unter anderem festgehalten, dass die Vermeidung von Abfall und die Wiederverwendung von Produkten oberste Priorität haben. Jetzt gilt es allerdings, dass das Gesetz auch entsprechend angewandt und gelebt wird. Ein weiterer wichtiger Punkt sind regenerative Energien. Das ist der größte Hebel, an dem man derzeit ansetzen kann.

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    Was kann jeder Einzelne tun, um seinen Teil beizutragen?

    Breuer: Wer etwas Neues kauft, sollte auf die Qualität und die Langlebigkeit der Produkte achten – und darüber nachdenken, ob es immer Neuware sein muss oder ob ein Artikel nicht vielleicht auch gebraucht gekauft werden kann. Das gilt für alles, vom Handy über Kleidung bis hin zu Spielen, Geschirr und Möbeln. In unseren ZAK-Kaufhäusern bieten wir all das an. Manche bringen Dinge, die sie selbst nicht mehr brauchen, die aber noch gut sind, direkt dorthin. Vieles kommt aber auch vom Wertstoffhof. Unsere Mitarbeiter sind geschult, damit sie Gegenstände erkennen, die man noch verwenden kann. Wir haben beispielsweise einen Besprechungsraum in unserer Zentrale komplett mit Möbeln aus den Kaufhäusern eingerichtet.

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