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Wie die Nazis auf Land und Leute zugriffen

Illerbeuren

Wie die Nazis auf Land und Leute zugriffen

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    KB Sonderausstellung im Bauernhofmuseum Illerbeuren
    KB Sonderausstellung im Bauernhofmuseum Illerbeuren Foto: Dunja Schütterle

    Was eine Honigschleuder mit der Machtergreifung Hitlers zu tun hat, zeigt eine neue Sonderausstellung im Schwäbischen Bauernhofmuseum in Illerbeuren, die den Titel „Volk-Heimat-Dorf“ trägt. Sie zeigt eindrücklich, wie das nationalsozialistische System in den 1930er und 1940er Jahren entlegene Dörfer erreichte, und welchen Einfluss es auf das tägliche Leben nahm. Inmitten der Ausstellung steht eine manuell betriebene Honigschleuder, bei der erst auf den zweiten Blick auffällt, dass die Handkurbel den Hitlergruß „Sieg Heil“ trägt. Bei jedem Einsatz drehen sich die Worte gebetsmühlenartig mit.

    Die Sonderschau spiegelt vor allem den Alltag in den Dörfern und in der Landwirtschaft. Die Nazi schrieben mit ihrer Propaganda-Maschinerie dem Bauernstand die ganz besondere Rolle des Volks-Versorgers zu; politisches Ziel war eine autarke Versorgungsstruktur. Die Politik griff damals gezielt mit neuen Gesetzgebungen und einer Technisierungswelle in das bestehende Agrarwesen ein. Besucher der Ausstellung im Bauernhofmuseum erfahren zum Beispiel, wie die Nazis die Fettversorgung der Menschen mit der Kultivierung von Ölpflanzen sichern wollten, und wie sich das Reichserbhofgesetz auf die Nachfolge der Höfe in Bayern aus-wirkte.

    Ein großformatiges Foto zeigt Adolf Hitler. Der Führer ließ sich in kurzen Lederhosen und Janker ablichten und instrumentalisierte so nonverbal das bayerische Traditionskleidungsstück für seine Zwecke. Die Nationalsozialisten unterwarfen zielstrebig und rücksichtslos alle Lebensbereiche den Staatszielen; sie machten auch vor den Kinderzim-mern nicht halt. Mit Kriegsspielzeugen wie den Miniaturfiguren, die ein „SA-Heim mit Besatzung“ nachstellen, oder mit dem Würfelspiel „Wir fahren gegen England“ sollten die jungen Buben schon früh an den Dienst am Vaterland herangeführt werden. Mädchen hingegen wurden auf dem Land oft auf häusliche Pflichten und ihre spätere Hausfrauenrolle vorbereitet.

    Die Ausstellung präsentiert viele historische Exponate. Sie thematisiert zudem das frühere Bau- und Siedlungswesen oder Verbände wie die Hitlerjugend und den Reichsarbeitsdienst (RAB). Außerdem weist sie auf die gewaltsame Verfolgung von Juden und Zwangsarbeitern im sogenannten Dritten Reich hin.

    Professor Dr. Michael von Cranach hielt zur Eröffnung einen Impulsvortrag über die Krankenmorde der Nazis im Allgäu. Insgesamt seien bei der Aktion, die unter dem Namen T4 bekannt ist, rund 350000 Menschen ums Leben gekommen, stellte er fest.

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