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Wie geht’s eigentlich der Zeitung?

In eigener Sache

Wie geht’s eigentlich der Zeitung?

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    Die Corona-Pandemie hat auch den Zeitungs-Alltag verändert.
    Die Corona-Pandemie hat auch den Zeitungs-Alltag verändert. Foto: Ralf Lienert (Symbol)

    Vor einem Jahr wurde fast alles anders. Das damals noch „neuartige“ Corona-Virus war auch bei der Allgäuer Zeitung angekommen. Bei uns war zwar noch niemand infiziert, doch wir haben die ersten Mitarbeiter gebeten, von daheim aus zu arbeiten. Wir wussten nicht, ob das Gesundheitsamt wichtige Teile des Unternehmens stilllegt, wenn jemand aus unseren Reihen das Virus in sich trägt. Deshalb haben Kollegen ihre Rechner nach Hause getragen: Wir müssen sicher sein, dass immer eine Zeitung erscheinen kann. Nur die Drucker und die Mitarbeiter aus Versand und Haustechnik waren und sind durchgehend da, eingeteilt in Schichten, die einander nicht begegnen. Eine Zeitungsrotation passt nicht ins Homeoffice. Welche Corona-Regeln aktuell gelten, erfahren Sie hier.

    So fing das alles an. Dann kam der 16. März, Markus Söder verkündete den ersten Lockdown in Bayern. Ein Schock, auch für uns: Wir verbreiten nicht nur Nachrichten, sondern sind auch ein Wirtschaftsunternehmen. Wir verdienen unser Geld vor allem in zwei Bereichen: Wir verkaufen unsere Produkte, zum Beispiel die Zeitung, und wir verkaufen Werbung. Das Verhältnis beim Umsatz ist ungefähr 60 zu 40. Und von einem Tag auf den anderen brach der Anzeigenmarkt ein. Wer soll auch werben, wenn die meisten Geschäfte und alle Restaurants geschlossen sind, Veranstaltungen nicht stattfinden dürfen? Selbst Todesanzeigen gab es kaum noch, weil es zunächst verboten war, auf die Beerdigungstermine hinzuweisen.

    Digitale Reichweiten deutlich gewachsen

    Der Verkauf von Zeitungen hingegen ist dank der vielen treuen Leser bis heute stabil, das ePaper gewinnt Abonnenten. Unsere digitalen Reichweiten sind deutlich gewachsen, wir sind im Mai mit dem Premiumportal allgäuer-zeitung.de an den Start gegangen und haben hier nun bis zu zwei Millionen Besucher im Monat. Unsere nachrichtlichen Internetportale, zu denen auch all-in.de gehört, haben 50 Prozent Reichweite gewonnen.

    Es gab am Anfang viel Zuspruch. Menschen schrieben uns oder riefen an und bedankten sich, weil manche Konstanten in ihrem Leben plötzlich fehlten, die Zeitung aber weiter wie gewohnt erschien. Das war der schöne Teil des ersten Lockdowns. Aber es gab auch negative Aspekte – einige schmerzen heute noch.

    Unseren Redaktionen fehlen tausende Berichtsanlässe: Auf Bühnen und Sportplätzen wird nicht gespielt, es gibt keine Veranstaltungen. Andererseits bringt Corona bündelweise Themen, für die Leser sich interessieren. Dass die Zeitung zunächst etwas dünner wurde, hat aber vor allem einen anderen Grund: Uns fehlt weiter ein großer Teil der Werbung, weil immer noch Unternehmen geschlossen sind und keine Veranstaltungen stattfinden.

    Einige Bereiche unseres Hauses sind deshalb noch in Kurzarbeit. Wir agieren flexibel, haben die Arbeitszeit in den betroffenen Unternehmensteilen zwischen 10 und 50 Prozent reduziert, passen an, so wie Arbeit anfällt. Das kostet Kraft und Nerven. Wir sind unseren Mitarbeitern sehr dankbar, dass sie diesen Weg so mitgehen. Die Krise hat uns 2020 im Werbemarkt einen zweistelligen Millionenbetrag an Umsatz gekostet, in einigen Monaten hatten wir fast 50 Prozent weniger als 2019. Aber wir dürfen im Gegensatz zu vielen anderen zumindest arbeiten.

    Dafür sind wir dankbar

    Einige unserer Mitarbeiter waren an Covid 19 erkrankt, zum Glück niemand schwer. Auch dafür sind wir dankbar. Wir haben investiert, in Technik zum Beispiel, um mehr Menschen von daheim aus sicher arbeiten lassen zu können. Wir haben auch in die Qualifikation unserer Mitarbeiter investiert und Auszubildende übernommen, weil wir wissen, dass wir sie brauchen.

    Und wir probieren Neues aus: Heute findet die erste digitale Lehrstellenbörse statt (www.all-in.de/Lehrstellenbörse). Unsere Mitarbeiter, die früher die Präsenzveranstaltung im Kemptener Berufsschulzentrum vorbereitet haben, organisieren nun Online-Messen. Das funktioniert gut.

    Wir erleben aber auch, dass Menschen unsere redaktionelle Arbeit scharf kritisieren: Sie stellen Corona-Regeln in Frage, vielen sind sie zu streng, einigen anderen zu lasch; beide Seiten werfen uns vor, in Berichten und Kommentaren zu unkritisch mit den Regierungen zu sein. Die Wut einiger, die Merkel, Söder oder uns beschimpfen, ist förmlich zu greifen. Wir bemühen uns, in der Darstellung von Fakten und Emotionen allen Seiten Raum zu geben. Natürlich machen wir, ebenso wie Politiker (und die meisten anderen Menschen) nicht alles richtig. Wir reden aber nicht einer Seite das Wort und unterdrücken belegte Fakten oder berechtigte Kritik, wie uns zuweilen unterstellt wird. Wir plappern allerdings auch nicht einfach das nach, was selbst ernannte Experten im Internet posten und andere für die Wahrheit halten.

    Das sind unsere Hoffnungen

    Wir hoffen, dass die schlimmste Phase dieser Pandemie bald vorbei sein wird. Wir hoffen, dass Händler, Gastronomen, Bühnen, Dienstleister, Museen und alle anderen bald wieder öffnen dürfen. Wir hoffen, dass Sport bald wieder so möglich ist, wie wir ihn kennen und lieben. Wir hoffen, dass die Vereine in den Dörfern diese Phase überstehen, weil sie es sind, die vielerorts das gesellschaftliche Miteinander organisieren. Wir hoffen, dass bald wieder echte Begegnungen möglich sind, weil unsere Mitarbeiter unsere Kunden vermissen und unseren Redakteuren ein zufälliges Treffen oft eine interessante Geschichte bringt.

    Unser Geschäft wird womöglich nie wieder so sein wie vor Corona. Aber wir vertrauen darauf, dass es besser wird als jetzt und wir arbeiten daran, mit neuen Ideen das zu kompensieren, was künftig fehlen kann, weil es manche unserer Kunden nach Corona vielleicht nicht mehr gibt. Wir arbeiten auch daran, unsere Produkte zu verbessern – in einigen Monaten soll unsere Zeitung beispielsweise in einem neuen Layout erscheinen, übersichtlicher und noch besser lesbar.

    Wir freuen uns auf den Tag, an dem niemand mehr an oder mit Corona stirbt und wir nicht mehr über Inzidenzwerte oder fehlende Impfstoffe berichten müssen. Wir sind im vergangenen Dezember 75 Jahre alt geworden und freuen uns darauf, das mit Ihnen gemeinsam nachzufeiern. Auch dieses Fest planen wir schon – es wird schön! Wir sind zuversichtlich. Und weiter für Sie da.

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