Pünktlich zum Muttertag hatten viele Allgäuer Alten- und Pflegeheime für Besucher wieder geöffnet. Bei den Bewohnern und Angehörigen war die Erleichtung groß. Zwei Monate galt aufgrund des Coronavirus ein striktes Besuchsverbot. Dass das Besuchsverbot nun mit Einschränkungen gelockert wurde, stößt in den Allgäuer Einrichtungen auf positive Resonanz. "Es war wie eine Erlösung", sagt Albert Madlener, Leiter des Altenheimes St. Ulrich in Memmingen. 174 Angehörige waren dort am Wochenende zu Besuch - unter Einhaltung der Abstand- und Hygieneregeln. "Denn wir wissen, dass mit den neuen Regeln, das Risiko von Neuinfektionen steigt", sagt Madlener.
Seit Samstag dürfen die 200 Bewohner des Memminger Altenheims wieder Besucher empfangen. "Wir haben einen zeitlichen Korridor dafür festgelegt", sagt Madlener. Maximal eine Stunde dürfen die Angehörigen bleiben. Empfangen wird der Besuch bei schönem Wetter im Freibereich. "Falls die Bewohner nicht mehr mobil sind, findet das Treffen in den Einzelzimmern statt." Ein Mund- und Nasenschutz ist dabei Pflicht. Zudem muss ein Mindestabstand von 1,50 Meter eingehalten werden. "Das hat in 98 Prozent der Fälle hervorragend funktioniert", sagt Madlener.
Besuche im Altenheim: Großer organisatorischer Aufwand
Für das Seniorenheim St. Ulrich bedeutete die Lockerung ein großer organisatorischer Aufwand. "Unsere Wohnbereichsleitungen haben bereits vergangene Woche, als die Regeln bekannt wurde, alle Angehörigen durchtelefoniert", sagt der Heimleiter. Dadurch sollten die Besuche besser koordiniert werden. "Wir haben mit den Angehörigen die Situation aufgearbeitet." Auch während der Besuche am Wochenend war das Personal verstärkt im Einsatz. "An der Rezeption waren doppelt so viele Mitarbeiter eingesetzt." Denn mit dem Betreten der Einrichtung muss jeder Besucher eine Selbstauskunft ausfüllen. "Er bestätigt damit, dass er selbst gesund ist und keinen Kontakt zu Covid-19-Patienten hatte", sagt Madlener. Zudem maß das Pflegepersonal die Schläfentemperatur aller Besucher. "So hatten wir einen Fixwert, an dem wir uns orientieren konnte." Erhöhte Temperatur hatte nach Aussage Madleners niemand.
Auch im Seniorenwohnheim Heinzelmannstift in Kaufbeuren kommen ab dem Wochenende wieder Besucher ins Haus - unter telefonischer Anmeldung. "Ein Angehöriger pro Bewohner darf 20 Minuten bleiben", sagt die Leiterin Marianne Baur. Aus Sicherheitsgründen dürfen die Besucher den Wohnbereich nicht betreten. Deshalb wurde ein Besuchsraum eingerichtet, in dem die notwendigen Abstände eingehalten werden. "Wir haben dort Tische stehen, die mehr als 1,50 Meter voneinander entfernt stehen", sagt Baur. Besucher werden vom Personal eingewiesen. Das habe am Wochenende bereits gut geklappt.
Senioren freuen sich über Corona-Lockerungen
"Es ist schön zu sehen, wie die Bewohner sich über den Besuch freuen", sagt Mair. Gerade für demente Heimbewohner war die Zeit ohne Familie schwer. "Ein Bewohner hat es treffend formuliert: Der Besuch ist wichtig. Denn er hilft gegen das Vergessen", erzählt die Leiterin. Doch auch während Corona hat die EInrichtung viel getan, um seinen Bewohnern, den Kontakt zur Familie zur erleichtern. "Wir hatten ein Kontakfenster mit Mikrofon, das gut angenommen wurde." Zudem konnten sich Bewohner und Angehörige über die Gartenhecke unterhalten. "Ansonsten haben wir Skype und andere Apps zur Kontaktaufnahme benutzt", sagt Mair. Die Leiterin hält die Corona-Lockerungen für eine gute Entscheidung. "Es ist gut, dass es jeder Einrichtung selbst überlassen bleibt, wie die Lockerungen umgesetzt werden."
Auch in den Einrichtungen von Allgäu Pflege, dem Seniorenpark Altusried, der Seniorenresidenz Blaichach, dem Spital Immenstadt und dem Spital Sonthofen, war der Besucherandrang am Muttertag recht hoch. "Im Vorfeld wurden die Angehörigen über die Vorgehensweise informiert und gleichzeitig Termine vereinbart", sagt die stellvertretende Geschäftsführerin Verena Fleischer. Aufgrund der vorhergesagten Wetterungsbedingungen wurden in den Heimen Besucherräume eingerichtet. "Hier bildeten die Tische Barrieren, um die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsregeln einzuhalten", sagt Fleischer. Die Besucher wurden vor dem Einlass registriert und bekamen die Verhaltensregeln ausgehändigt. "Geschenke wurden natürlich auch mitgebracht und wurden je nach Möglichekeit desinfiziert", sagt Fleischer.
Die Bewohner nahmen den Besuch unterschiedlich wahr. "Für viele war eine Freude, andere Bewohner, die einfach nur schlecht hören, konnten den Besuch wegen der Abstände und Masken nicht genießen." Viele Schwerhörige schauen nämlich auch auf die Lippen, sagt Fleischer. In den meisten Fällen haben sich die Angehörigen nach Aussage der Geschäftsführerin an die Abstandsregeln gehalten. "Einzelne musste man an unsere Vorgaben erinnern." Für alle Beteiligten der Pflege sei die aktuelle Situation nicht leicht zu stemmen. "Sie bedeutet einen erheblichen personellen Mehraufwand", sagt Fleischer.
Im Marktoberdorfer Gulielminetti-Senioren- und Pflegeheim sind Besuche erst ab Mittwoch, 13. Mai, möglich. Denn es müssen zahlreiche Vorkehrungen getroffen werden, um Heimbewohner, Mitarbeiter und Besucher vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus zu schützen. Zu den ersten Schritten dorthin gehört die Information von Angehörigen, Bewohnern und Personal: Alle sollen auf dem aktuellen Stand sein. Angehörige erhalten einen Brief, in dem die Besuchsregelungen erklärt sind, die sich auch aus dem Infektionsschutzgesetz ergeben. Besucher müssen sich zwei Tage vorher anmelden. Ab Monatg, 11. Mai, ist eine Anmeldung bei dem Seniorenwohnheim möglich. Es gilt eine Maskenpflicht, auch die Art der Maske ist vorgeschrieben. Vor dem Eingang wird Fieber gemessen."Wir freuen uns über die Lockerungen", sagt Leiterin Renate Dauner. "Aber Sicherheit hat die höchste Priorität." Schließlich müsse Ziel sein, dass die Marktoberdorfer Seniorenheime weiterhin von Corona verschont bleiben.
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