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„Wir stecken den Kopf nicht in den Sand“

Kinder und Jugendliche

„Wir stecken den Kopf nicht in den Sand“

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    FÜS Benjamin Sahler
    FÜS Benjamin Sahler Foto: Ralf Lienert

    Theaterdirektor Benjamin Sahler kämpft weiter für den Fortbestand des Festspielhauses Füssen. Nachdem sich ein Hotelneubau, der das Defizit des Theaterbetriebs finanzieren sollte, auf absehbare Zeit nicht realisieren lässt, arbeitet Sahler nun an einem umfangreichen und attraktiven Spielplan für das Jahr 2020, in dem auch ein kleines Opernfestival Platz finden soll. Das Defizit, das seinen Angaben zufolge eine Million Euro jährlich beträgt, möchte der künstlerische Leiter und Regisseur mit einer Reihe von Maßnahmen zurückfahren. Unter anderem versucht er, auf allen politischen Ebenen Zuschüsse zu erhalten. Nicht verstehen kann er die Haltung der Stadt Füssen. Deren Bürgermeister Paul Jacob hatte wiederholt öffentlich erklärt, dass die Kommune definitiv kein Geld für den Betrieb des Festspielhauses zuschießen kann.

    „Wir stecken den Kopf nicht in den Sand“, versichert Sahler im Gespräch mit unserer Zeitung. Obwohl ein Hotel neben dem Festspielhaus „in naher Zukunft“ nicht gebaut werden könne, werde es weiter Musicals, Konzerte und Shows geben – zumindest bis Ende 2020. Derzeit arbeite er an einem Spielplan, den er im Herbst vorstellen werde. Ziel sei es, Kosten zu senken und Einnahmen zu erhöhen. Um Einsparungen zu erreichen, werden im Festspielhaus Stellen abgebaut, erklärt Sahler. Das geschehe aber im Rahmen der branchenüblichen Fluktuation an solch einem Theater. Künftig sollen etwa 20 statt bisher 30 Mitarbeiter den Betrieb ermöglichen.

    Einnahmen möchte Sahler mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen generieren – nicht nur mit einem attraktiven Spielplan. So werbe er einerseits intensiv um Sponsoren und Partner. Inzwischen hat sich ein Förderverein gegründet, der Geld sammelt, um das Theater langfristig zu erhalten und als kulturellen und gesellschaftlichen Ort von überregionaler Bedeutung zu stärken. Andererseits versucht Sahler, Zuschüsse von Stadt, Landkreis, Land, Bund und EU zu erhalten. Bei einigen der geplanten Projekte befinde er sich in guten Gesprächen, versichert Sahler. Er sieht aber auch Füssen in einer gewissen Pflicht, weil das Festspielhaus den Bürgern ja ein Kulturprogramm biete, das dem eines Stadttheaters ähnlich sei. „Bürgermeister Jacob weiß: Es gibt nirgendwo ein Theater, das ohne Zuschüsse auskommt“, sagt Sahler „Die Stadt muss ein Signal setzen.“

    So setzt sich nach Sahlers Vorstellungen der Spielplan 2020 zusammen:

    Das zentrale Stück des Festspielhauses wird weniger oft als bisher aufgeführt, nämlich 40 Mal. Außerdem wird es gleichmäßiger aufs Jahr verteilt zu sehen sein. Sahler erhofft sich davon eine Optimierung, sprich: eine höhere Auslastung. Sie liegt seinen Angaben nach derzeit bei durchschnittlich knapp 50 Prozent. Durch eine kleinere Zahl von Vorstellungen sei eine wesentlich höhere Auslastung in dem 1350-Plätze-Theater zu erreichen.

    Im September 2020 möchte Sahler ein kleines Opernfestival präsentieren. Übers Programm verrät er noch nichts. Ein privater Sponsor habe ihm schon einen sechsstelligen Betrag versprochen; Zuschüsse beim Bund seien beantragt.

    Sahler plant, 2020 seine schon etliche Jahre alte Produktion der Operette „Im weißen Rössl“ in Füssen auf die Bühne zu bringen. Dafür muss er sie anpassen und teilweise neu inszenieren.

    Ab April 2020 sollen Besucher des Schlosses Neuschwanstein in eine 30-minütige Kurzshow ins Festspielhaus gelockt werden. Mit fünf Darstellern will er die Beziehung zwischen Ludwig und Sissi thematisieren. Die Show werde aber keine Kurzversion des Ludwig-Musicals sein, versichert Benjamin Sahler.

    Auch 2020 werde es Gastspiele geben. „Das soll sogar noch ausgebaut werden“, sagt Sahler. Für Herbst 2020 visiere er Opernproduktionen einer Salzburger Agentur mit dem Titel „Winter Classics“ an.

    Die Freiluftkonzerte im Barockgarten gibt es auch im nächsten Sommer. Die Kooperation mit „Allgäu Concerts“ werde fortgesetzt. Fest steht schon ein Konzert mit Sarah Connor am 7. August 2020.

    Einerseits möchte Sahler Gastspiele von Kinder- und Jugendtheatern ins Haus holen. Andererseits werde er das eigene Unterrichtsprogramm ausbauen, etwa mit Tanz und Akrobatik-Angeboten. Bisher gibt es eine Musical-Akademie, die Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Allgäu besuchen.

    Alle diese Ideen sollen das Defizit von derzeit einer Million Euro verringern und im besten Fall auf Null bringen. Bisher hat Besitzer Manfred Rietzler die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen. Über 2020 hinaus werde er das jedoch nicht mehr leisten, hatte Rietzler erklärt. Logische Folge für Theaterdirektor Sahler: „Wenn wir die Kurve im Jahr 2020 nicht kriegen, dann müssen wir das Festspielhaus 2021 schließen.“

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